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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 16
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Imhof, Franz: Die Berliner Ausstellungen: die große Kunstausstellung, (I)
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252

4- Die Run st-Halle

Nr. (6

Landschafter für die malerische Schönheit verschiedene
deutscher Gegenden (Westfalen, Lünebürger paide, Born-
holm, Riesengebirge u. f. w.) gefunden hat. Auch die
Sonderausstellungen des Amerikaners Bridgman (Paris),
von Ernst penseler, Müller-Kurzwelly, K. Saltz-
mann, Lutteroth, K. Lessing, I. Jakob, Ad. Schla-
ditz u. a^. bieten theilweise recht Erfreuliches.
Die Vorhalle der Bildhauer enthält in durchweg
günstiger Aufstellung — ich möchte gleichzeitig bemerken,
daß das Arrangement in nahezu allen Sälen Geschmack
und Geschick verräth — eine überwiegend gut getroffene
Auswahl plastischer Werke. Kollektiv haben Einzelne dieses
Mal nicht ausgestellt; doch fehlen dafür nur wenige fähige
Meister unserer Bildhauergemeinde, z. B. R. Begas, Otto
Lessing, W. Schott. Wie sonst sind auch zur Ausstattung
der übrigen Räume kleinere Plastiken in nicht geringer
Zahl verwendet worden. So sieht man in Saal t Per-
mann Prells, des Dresdener Meisters, Bronze „Pro-
metheus", eine bewegte Statuette von kräftigem Muskel-
spiel, in einem anderen Raume von demselben eine „Aphro-
dite", beide stark verkleinerte Abbilder von herrlichen
Kolossalfiguren, die der Künstler als Sinnbilder des
Menschengeschlechts, als die für dessen leibliches und gei-
stiges Wesen besorgten Pauptmächte, dem antiken Bilder-
zyklus des Treppenhauses im Dresdener Albertinum als
besondere Statuen hinzufügen wird.
Ich möchte die kleine Vorbetrachtung nicht schließen,
ohne zu bemerken, daß auch einige Künstlerverbände und
Kunstgewerbler, sowie die Stadt Berlin, die in der ent-
fernten Palle des Parkes, und zwar in hier neugeschaffenen
Kompartimenten, eine eigene berlinische Architektur-
Ausstellung bietet, sich betheiligt haben. Die letzt-
erwähnte Schaustellung, die ein Bild der hauptstädtischen
Bauthätigkeit der letzten Jahre unter der trefflichen Leitung
von Baurath Ludwig poffmann gewähren will, darf
wohl als im wahren Sinne des Wortes mustergültig für
ein derartiges, auf ein anspruchsvolles Gemeinwesen bezüg-
liches baukünstlerisches Unternehmen bezeichnet werden.
2. Die Sezessions-Ausstellung.
perman Grimm, der die jüngsten Kunstverhältnisse
in seinem wohlverwahrten Gelehrtenheim je und je
tiefsinnig beurtheilt, hat neuerdings auch mit seinen
Deutungen des, wie er selbst gesteht, komplizirten Begriffes
„Sezession" den Dank der betreffenden perren erworben.
Der sentimentalen und persönlichen Art, die schon vor
Jahren den Widerspruch aller Nicht-Enthusiasten hervor-
gerufen, ist der geistvolle Kunstlehrer bis heute treu ge-
blieben. Mich erinnert diese sentimentale Schätzung der
„Sezession" gerade bei Grimm an jene mitunter so komische
Vergötterung, die man in Paris einst mit dem Polenthum
trieb. Da sahen die Pariser Romantiker sogar in dem
polnischen Abentenrer, der sich nur die nationale Tracht
anzulegen brauchte, unfehlbar einen edlen Koseiuszko. Und
so steckt auch bei nicht wenigen modernen Künstlern die
ganze „Sezession" nur in der Form der Kravatte, in dem
Schnitt des Rockes.
wenn man liest, daß p. Grimm Earstens und
Mverbeck — also jene älteren Meister, die jedem echten
„Modernen" einen förmlichen Schauder einflößen, als erste
und daher wichtigste Sezessionisten bezeichnet, empfängt
man ein volles Verständniß für die wahrhaft rührende Ueber-

einstimmung, die, einem Liebermannschen Ausspruch zufolge,
zwischen den dankbaren perren und dem „greisen" Kunst-
historiker herrscht, der doch wohl besser diesen Dingen
hätte fern bleiben sollen. Man stelle sich doch bloß Earstens
und vor Allem Gverbeck, den „Imitator des jungen Raffael",
in der Liste der todten und lebenden Ehrenmitglieder der
Berliner Sezession vorl Line Absage wenigstens hätten
die perren nicht zu befürchten gehabt.
p. Grimm sagt: „Seit einigen Jahren veranstalten
in München und Berlin eine^Anzahl von Künstlern auf
eigene Kosten kleine Sonder-Ausstellungen ihrer eigenen
Werke, sowie von Arbeiten derjenigen, welche sie dazu
einladen." Dann beginnt sein üblicher historischer Rück-
blick, dieses Mal glücklicherweise nicht mit pomer, sondern
erst mit Arminius, dem Eherusker. pat der perr Ge-
heimrath jemals eine dieser Sezessions-Ausstellungen besucht,
in denen so ängstlich die traditionellen Gepflogenheiten
der Salons alten Stils kopirt werden, in denen in Er-
mangelung eines Ministers der schönen Künste der Bürger-
meister von Eharlottenburg — ein perr, der zur Kunst keine
weiteren Beziehungen hat, als sie ihm die Inspiration
jener einen Stunde ermöglicht — die Eröffnung „offiziell"
und feierlich verkündigt? Weiß Grimm nicht, daß eine
große Zahl der besten und gangbarsten Bilder gar nicht
durch Einladung der Urheber, sondern einfach auf dem
Wege des Kunsthandels hierher gelangte, z. B. Die Pariser
Paupttreffer der diesmaligen Ausstellung, die aus den
sechsziger und siebenziger Jahren stammen, ich meine u. a.
einzelne Werke von Llaude Monet, Pissarro, Renoir,
deren Anwesenheit hier lediglich dem zufälligen Ausgang
einer öffentlichen Pariser Auktion zu danken ist, die kürz-
lich bei Drouot stattfand? Ohne diese großzügigen Monets
und Renoirs stände es vielleicht schlimm mit dem Interesse,
das die III. Ausstellung der Berliner „Sezession" zu er-
wecken im Stande wäre. Denn was aus der eigenen
Kraft hier geboten wird, erscheint nicht nur äußerlich
ziemlich geringfügig, sondern überwiegend auch künstlerisch
schwach und geringwerthig. Auf das Bessere und Gute,
das wir gern anerkennen, werden unsere weiteren Berichte
Hinweisen.
Franz Imhof.
z. Salon Schulte.
Der neue wechsel der Bilder dieses Salons bietet
neben einer Anzahl mehr oder minder annehmbarer Er-
zeugnisse wiederum Werke, die zu Meinungsaustausch an-
regen. So die emailartig verschmolzenen großen Land-
schaftsgemälde des Münchener Stilisten Edmund Step pes
mit ihren, wie Drahtbündel geformten Baumstämmen.
Dann die Arbeiten eines anderen Müncheners, Walter
Georgi, der auch ein Stilist und dazu Romantiker von
eigenartigem Gepräge ist. Schließlich wird doch jeder
wahre Künstler Stilist sein, wie schon jener berühmte
Ausspruch von Buffon besagt. Denn Stil ist die persönliche
künstlerische Auffassung bei der Naturdarstellung. Aber
wie Georgi in dem Zyklus „Ein perbsttag" die staffirte
Landschaft nach bedenklich abgekürztem Verfahren summarisch
gestaltet, geht doch über die Grenzen des Kunstwerkes
hinaus. Das mag für ein künstlerisch - humoristisches
Journal, bei fünf- bis zehnfacher Verkleinerung der Ori-
ginale, möglicherweise genügen. Georgi ist in seinen
übrigen Malereien, Landschaften und zwei Bildnissen, auch
 
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