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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 18
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Gustav, Leopold: München. Die VIII. Intern. Kunstausstellung
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Kunstchronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0327

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Nr. ^8

>- Die Aunst-Halle

285

gruppe". Raffael Schufter-Woldan scheint mir in
seinem lllemsMo vivsrs noch mehr sich von der Natur ab-
zurveuden. Das Bild wirkt wie ein äußerst sublim ge-
stimmter Gobelin. Zwei weibliche Gestalten sehen wir hier,
die eine, völlig nackt, hebt mahnend die Hand gegen die
in dünne Schleier gehüllte, viel Leben pulst in keiner der
Gestalten des IVIsmsuto vivsrs. Linen gutgemalten porträt-
koxf zeigt der gleiche Künstler. Sein Bruder Georg
bringt einen „Rattenfänger". Der dem Dudelsackpfeifer
nachziehende Rinderschwarm ist in der Differenzirung der
Rindertypen vom Harmlos-Neugierigen bis zum Frühreif-
Sensitiven völlig überzeugend. Gemalt ist das Bild sehr
frisch; die Farben stimmen bei aller Vielfarbigkeit sehr
schön in einander. In Rarl Marrs lieblichem Madonnen-
bild rücken die sich tummelnden, übrigens famos ge-
zeichneten Putten, die eigentlichen Hauptpersonen, ein
wenig in zweite Linie, noch dazu deshalb, weil das Ge-
sicht der Maria durch den überdachenden Strauch stark be-
schattet ist. Neben diesem, einen sehr liebenswürdigen
Lindruck machenden Gemälde bringt Marr noch einige
Rinderbildnisse, die, elegant gemalt, auch von seiner Fähig-
keit, in diesen jugendlichen Seelchen zu lesen, Beweis giebt.
Firles, „Der Gekreuzigte und die Frauen" ist koloristisch
sehr wirkungsvoll. Die Zeichnung des verkürzten Leich-
nams ist sehr gut; es wirkt jedoch nicht besonders schön, daß
dem Beschauer die Fußsohlen entgegenstehen. Der dumps-
verzweifelte Blick des einen Weibes ist das Echteste daran;
die Trauermienen der Männer sind etwas kühl konventionell.
Albert Slatapers Herodiade ist elegant gemalt. Die Züge
der Salome sind dem Beschauer abgewandt, hierdurch ge-
winnt freilich das Bild nicht an Vertiefung; bei Lisen-
huts „Streit um die Beute" ist die lichtbeschienene Würfel-
szene gewiß ein Stück technisch sehr tüchtiger Malerei; doch
im Ganzen müssen uns die kriegerischen Recken kühl
lassen. Uhls Andacht ist zu glatt gemalt, viel zu süßlich
wirkt Mayer-Frankens „Spiel"; es fehlt dem Jüngling
wie dem Mädchen die Naivetät für diesen paradiesischen
Zustand. Geffcken trifft sublime Halbtöne mit schönem
Rönnen, Ruschel hat einen tüchtigen Akt in Tempera ge-
malt, in seinen an Böcklin anklingenden Bildern hat er
die gewisse, an ihm schon lange bekannte Stumpfheit in der
Farbengebung.
Meist trefflich sind die Lichtstudien auf Blos' Genre-
bildern. Meyer-Mainz bekundet einen entschiedenen Sinn
für kraftvollen Rolorismus. Rurt Rügers Genres zeigen
viel Lichtstudium. Mit einem gewissen Llan hingestrichen,
machen sie mehr den Eindruck geistreicher Skizzen. Rarl
Hartmanns „Fischer" (nach Goethe") entbehrt doch
einigermaßen der Balladenstimmung; das Wasser ist sehr
schön gemalt. Auch Runz Meyers Zaubereien der Hexe
von Lndor lassen uns bei aller technischen Anerkennung
herzlich kühl. Als Porträtist fesselt in erster Linie Walter Thor.
Bei aller Eleganz der Malart, wofür besonders die Dame
in Schwarz ein Beispiel ist, bleibt er nicht auf der Ober-
fläche. Das beste Bild ist unstreitig „Die Malerin",
auf dem die herblinigen Züge stark verinnerlicht sind.
Max Alfred Mayers Bildniß hat auch etwas durch augen-
scheinliche Lebensechtheit Fesselndes. Gutes im porträtfach
leisten noch Leonhard und Bernstein.
Rob. Büchtgers Pferde treten mit seltener Plastik aus
der Leinwand hervor; Richard Strebels Hundebilder
voll Leben und Temperament; famos ist auch der Glanz

der Felle gemalt. Phil. Otto Schaefer scheint von seiner
Farbenfreudigkeit abgekommen. Seine antikisirenden Dar-
stellungen der Baukunst, der Dichtkunst, der Schifffahrt und
Handel und so fort machen durchweg den Eindruck des
Akademisch-Rorrekten und Rühlen. Otto Tragys Frauen-
gestalt in der feintonigen Landschaft erinnert an die
Glasgowfchule. Dieses Bild leitet über zu den Land-
schaften. Hier ist Hermann Urban wieder mit seinen
großzügigen Bildern vertreten; die Landschaften weiß er
oft direkt zu Sinnbildern von Stimmungen zu machen, die
düsteren Wolkengebilde der „lVIslanckoIia", die „Einsamkeit"
und andere. Auch Frauz Hochs meist etwas düster ge-
haltene Landschaften haben einen Zug ins Große und eine
starke Eigenart, wenn auch seine Motive nicht sehr zahl-
reich sind. Fritz Baers Stoppelfeld mit gewitterschwülem
Himmel ist noch recht forsch hingehauen, seine Ligerbilder
(bei Grindelwald) zeigen sein starkes technisches Rönnen
bei mehr Ruhe der Ausführung. Peter Paul Müllers
sonnendurchschienener Wald, Le Suires friedliche Sommer-
landschaft, Bilder von Ramlah und Rüstner, das sind alles
Leistungen in bewährter Höhe I völckers sturmdurchwehte
Landschaften haben einen Zug ins Gigantische. Raoul
Franks Bilder find sehr kühn in der Zeichnung, nur das
Markante gebend, was zweifelsohne nur bei großem
Rönnen möglich ist.
(weitere Artikel folgen.)
X
Aunstchromk.
* Berlin. Der künstlerische Nachlaß des verstorbenen
Königsberger Akademiedirektors Prof. Dr. Max Schmidt.
Gellandschaften und zahlreiche landschaftliche Aquarelle,
sind in einem Raume des Rünstlerhauses zu einer Sonder-
ausstellung vereinigt. — Bei Ed. Schulte giebt es dieses
Mal zunächst eine Kollektion von Werker: jüngerer, sit
venia vsrbo „vorwärtsstürmender" Künstler — das
Epitheton stammt nicht von uns — : die Münchener Rarl
Bauer, Hans von Hayek, Emanuel Hegenbarth, Maria
Lübbes, Sophie von Scheve, Rudolf Schramm-Zittau,
Ludwig von Senger, E. u. p. Wolff und Georg Wagner,
Berlin, von Schweden schickten Olof Arborelius, Stock-
holm, neue Landschaften und Szenen aus Dalekarlien
und w. von Gegerfelt, Torekov, neben Marinen einige
Abendstimmungen rc. mit Motiven aus Venedig, von dein
verstorbenen Sherwood L. Ealvert und A. Hubert Lucy,
London, sind ein paar Aquarelle eingetroffen, ebenso von
den: Franzosen L. L. Bonnencontre und Graziv Ferrara,
Neapel, eine Anzahl Werke. Sonst seien noch Helene
Schulz, Berlin, mit einen: Porträt, Hermann Baumeister,
Karlsruhe, nut Aquarellen und Albert Gos mit schweizerischen
Gebirgslandschaften genannt.
* Halle a. S. Die Ausstellung des Runstver eins
ist unlängst mit ca. 200 Gemälden im Saale der Volks-
schule eröffnet worden. Im Mittelpunkt steht die große
Leinwand des Düsseldorfers L. Pohle, „Friedrich der Große
in Rüstrin". Werke von A. von Wagner, L. Fugel,
A. Dieffeubacher, H. Rotschenreiter, O. Gräf u. a.
Münchener sichern dem Unternehmen eine rege Theilnahme.
— Im Salon Aßmann haben Richter-Lefensdorf, der
tüchtige Berliner Landschafter, und der Düsseldorfer
w. Barthel kollektiv ausgestellt.
* Weimar. Am so. Mai wurde eine „Gemälde-
Lhrensammlung", die ehemals in Weimar lebende
und noch jetzt hier ansässige Künstler von Ruf zum 80-
Geburtstage des Großherzogs Rarl Alexander gestiftet, mit
)28 Werken in Gegenwart des jungen Großherzogs durch
eine Ansprache des Direktors der Kunstschule, Grafen Görtz,
eröffnet. Der Sammlung wurde ein eigenes kleines
Museum gegenüber dem Liszthause eingeräumt.
 
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