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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 20
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Dresden: Internationale Kunstausstellung 1901
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0358

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3s2

-2- Die Aun st-Halle

Nr. 20

ehrlicher aber und deutscher der herrliche Kopf
pettenkofers von Fr. A. Kaulbach, dem das Bildniß
des alten Mannes von Fritz Boehle nahe steht;
weiter fallen noch als hervorragende Werke auf das
reizende, virtuos gemachte Kinderbildniß von Gari
Melchers, ein Damenbildniß von Lavery, das groß
aufgefaßte und breit hingesetzte Porträt des Buren-
generals Joubert von Therese Schwartze und ein im
Ausdruck momentan fesselndes Herrenporträt von
Bonnat.
Auf beiden Seiten an den Porträtsaal an-
schließend, finden wir das Ausland und die Münchener
Sezession. Italien ist nur schwach vertreten: Fra-
giacomo und Mario de Maria sind zu nennen: das
große Bild „neues Blühen" von Laurenti wirkt bei
aller Anmuth zu kreidig, beinahe leichenhaft. von
Spanien und Portugal fallen das Bild der Mutter
von Larlos Reis und das außerordentlich feine Por-
trät des Malers Demont von Salgado auf neben
dem für Dresden neuen Zuloaga: in diesem lebt
etwas von der Kraft des Velasquez und der derben
Lharakterisirungskunst des Franz Hals zugleich. Seine
Werke stehen nicht alle auf gleicher Höhe, sind aber
doch alle durch die eigenartige Größe der Natur-
anschauung interessant; am besten ist wohl „Die
Straße der Liebe" mit ihrer prächtigen Schärfe
der Lharakterisirung und dem wundervollen male-
rischen Ernst des Ganzen. Weiter ist das reizende
Bild „Die Theaterprinzessin" von dem genialen I. E.
Blanche zu nennen, aus dessen Bild des Malers
Lheret wir dann sehen, daß der Dargestellte ein
ebenso affektirter, wenig sympathischer Geselle ist,
wie seine bei uns so viel gerühmten „echt französi-
schen" Plakate. Mitten unter den französischen Bil-
dern hängt ein merkwürdig fesselndes landschaftliches
Stimmungsbild des Dänen Gabriel Olaf Jensen
„Abend bei einer dänischen Farm": selten sah ich das
zitternde Licht der Dämmerung, die gleichsam phos-
phoreszirende Helligkeit dieser Tageszeit mit solcher
Wahrheit und mit so poetischen: Hauch wiedergegeben:
und dabei ist das Motiv so einfach, ein Dorfteich
jenseits desselben in gerader Ansicht ein langgestrecktes
Wirtschafts- und Stallgebäude, vor dem eine Heerde
Rindvieh und Hirten stehen. Noch sei der „Zircus"
des Lucien Simon und ein ungemein zartes Bild „bei
Vethem!" von Llaude Monet erwähnt. Ferner dürfen
die Werke von Anders Zorn, die in einem kleinen
Nebensaal hängen und in ihrer malerischen Frische
und virtuosen breiten Behandlung entzücken, nicht
vergessen werden: besonders das sich waschende
Mädchen verdient Beachtung. Von den Schotten,
die bis jetzt die besten finanziellen Erfolge zu ver-
zeichnen haben, ohne daß sie hervorragender ver-
treten wären, als andere Länder, sind Lavery, Pater-
son, Macaulay Stevenson, W. Kennedy und Mar-
quart Hamilton zu nennen. Wir kommen weiter zur
Münchener Sezession, die vollwerthig mit wenig Num-
mern vertreten ist: da ist vor Allem Uhde mit der
schon viel besprochenen „Ruhepause in: Atelier", ein
Bild, dessen Reize in einem größeren Raume wohl
noch mehr hervortreten würden, ferner das in der
Empfindung herbe, wundervoll breit gemalte und
harmonisch klingende Bild „pis st tortiter" von
L. Herterich, das zarte, einem Adagio vergleichbare
Bild „glückliche Stunden" von R. Haug, und von
Angelo Jank die bei glühender Abendsonne heim-
kehrenden Bauern, das ich als eins der stärksten
Bilder der Ausstellung bezeichnen möchte. Mit weh-
muth finden wir noch ein kleineres, elegisch gestimmtes

Landschaftsbild von dem jüngst so früh verstorbenen
Paul Hetze, das außerordentlich schön ist, und erfreuen
uns dann noch an dem virtuos hingestrichenen fa-
mosen Hahnenkampf von Nud. Schramm-Zittau. In
der Abtheilung, die den amerikanischen Künstlern
eingeräumt wurde, fällt vor Allem Hitchcock mit
dem Bilde „Lilien" auf: an anderer Stelle hängt noch
ein im Ton herrlich klares Bild, „ein goldener Abend"
von demselben Künstler, dessen Liebhaberei, seit
Jahren alle nur erdenklichen Vorgänge in blühende
Tulpenfelder zu verlegen, auf die Dauer schnurrig
wirkt. weiter sind zu erwähnen das ernst ge-
stimmte Bild „Die Wittwe" von E. Vail, das
raumtiefe Bild „Die Leinweber" von Walter Gay,
das farbig prächtige Stück „Der rothe Domino"
von Humphreys - Iohnston und, last not least,
ein ganz reizendes Porträt eines Kindes im
Wagen zwischen dornigen Rosen und Lilien von
Mary Mac-Monnies. Die englische Abtheilung ist
sehr klein und zudem in einem der dunkelsten Räume
untergebracht, so daß man auch an Hellen Tagen
das Gefühl hat, daß die Sachen gewiß anders aus-
sehen müßten. Interessant ist es, hier einigen Werken
von G. F. Watts zu begegnen, von denen „Die Be-
gegnung Jakobs und Lsaus" hervorgehoben sei. W.
Strang, der bei uns so sehr geschätzt wird, scheint dies-
mal glücklicher vertreten als bisher, seine beiden
ausgestellten Bilder sind klarer und feiner im
Ton, und der Stil der Zeichnung ist weniger absicht-
lich. Beachtung verdient weiter die „Verkündigung"
von Greiffenhagen, ein poetisch empfundenes Bild.
In dem anschließenden kleinen Saale links, der sehr
hell ist, finden wir sodann ein Bild „Das Grab des
Moses" von Friedr. Preller, eine gewaltige Felsland-
schaft von wuchtigen Formen: in einer Felshöhle, die
durch die Gesetzestafeln verschlossen ist, ruht Moses,
während ein Engel mit Schwert und Schild, darüber
auf mächtigem Felsblocke stehend, Wacht in der Ein-
samkeit hält, angesichts des ewigen Schnees auf den
Gipfeln und der tosenden, in die Gründe stürzenden
Wasser: es ist ein großer Wurf, ein gemaltes Epos,
in dem die starke und glückliche Erfindung in der
Ausführung restlos erfüllt ist. Der anschließende,
leider sehr dunkle Saal, der Werke aus Weimar,
Düsseldorf, Hamburg und Worpswede enthält, bringt
manches Gute, doch wenig, was in einer so gedrängten
Uebersicht, wie die vorliegende sein soll, erwähnt
werden müßte: so sei nur auf eine kräftige Landschaft
von Fritz von Wille, den leuchtend farbigen Sommer-
nachmittag von Glos Iernberg und das tonige
Interieur „Am Kamin" von Karl Roth hingewiesen.
Auf der andern Seite vom Eingänge treffen wir zu-
nächst auf 5 Dresdener Räume: der Gesammteindruck
ist ein recht guter, aber bei näherer Prüfung findet
sich doch nicht so viel Bemerkenswertes, wie man
zuerst denkt: die Landschaft herrscht, wie fast überall,
vor, meistens ist sie durch Figuren belebt; eigentliche
Figurenbilder sind nur wenige da, und diese sind, mit
geringen Ausnahmen, wenig bedeutend; das Bildniß
ist schwach vertreten: und daß trotzdem der Eindruck
der Dresdner Kunst ein guter ist, liegt wohl an dem
respektablen Können, das sich überall zeigt, und dem
allenthalben wahrnehmbaren Streben, über das Ge-
wohnte hinauszugehen, die ausgetretenen Pfade zu
verlassen, und der aufmerksame Beobachter findet
manchen erfreulichen Ansatz. Da ist z. B. von dem
in Meißen lebenden H. R. Hentschel ein reizendes
Bild „Frühlingssturm" Kinder, die in ausgelassener
Freude auf einer blumigen Höhe vom Winde die
 
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