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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 22
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Gustav, Leopold: München: VIII. Internationale Kunstausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0396

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Die Aunst-Halle

Nr. 22

noch sensiblere Keller; das Bild hat stellenweise dunkle,
stumpfe stellen. In der Beobachtung ist es jedoch völlig
richtig; die spanische Tänzerin steht nicht mehr in der für
die Theaterillusion geschaffenen Beleuchtung, sondern hart
an der Grenze zum Zuschauerraum, an der Rampe, wo
schon das Licht die Täuschungen entschleiert. Ludwig
perterich hat wieder das Problem einer vor dem Spiegel
stehenden Türme mit üppigem Kolorismus bewältigt.
Uhde, stofflich in letzter Zeit etwas ärmlich, giebt
eine starkbelichtete Gruppe „Rind und pund", technisch
famos und überhaupt überzeugend wahr in der Wirkung.
Slevogt verzichtet diesmal auf jeden bunten Farbenglanz.
Sein „Feierabend' zeigt ein trostlos-nüchternes Proletarier-
interieur. Am Tische sitzt neben einer Frau in weiß
ein Mann im Arbeitsrork; die Flecke des abgenutzten
Rockes bringen fast die einzigen Farben in die Monotonie
dieser Malerei. Trotzdem wirkt das Bild nicht langweilig.
Die beiden Gestalten sind sehr sorgfältig gezeichnet.
Line völlig anders geartete Malerei bietet Franz Stuck.
Sein junger Bacchus auf dem Rücken eines kleinen Tigers
ist famos gezeichnet; das Bildchen athinet einen schlichten,
liebenswürdigen pumor. Seine „Schöpfung" dagegen
wirkt wie ein Plakat: der in grünliches Licht getauchte
Akt hebt sich von einem tiefdunklen Hintergründe ab. Line
Landschaft, „Sonnenuntergang am Meer", will auch nur
eine dekorative Wirkung geben. Die flott gemalte Szene
„Die Bacchantin" zeigt Stuck von keiner neuen Seite;
die Wucht, mit der der Zentaur dahersprengt, ist mit dem
dem Maler eigenen Temperament verbildlicht.
Sambergers Porträts und Zeichnungen frappiren
den Beschauer immer von Neuem, seine gesteigerte
Charakteristik, die früher oft die Grenze der Karrikatur
streifte, vertieft sich immer mehr. Pente erscheint er mir,
bei aller Kühnheit der Gestaltung, harmonischer als je in
der Wirkung. Dagegen gefällt mir pab ermann uoch
weniger wie sonst. Sein „Bildhauer" ist ja technisch nicht
uninteressant, doch wirkt die outrirte gespreizte
Charakteristik unleidlicher als je. Chr. Speyers „peilige
drei Könige" sind wirkungsvoll im Kolorit and zugleich
fein abgestimmt, die landschaftliche Szenerie und das
Wasser sind duftig gemalt, wodurch das Ganze etwas wie
Märchenstimmung erhält.
Dettmanns „Abendmahl,, in einer Vstsee-Land-
gemeinde ist in der Beobachtung der Gestalten bemerkens-
werth, ungeachtet des kühlen Tones der Malerei. Julius
Diez hat Pastelle voll köstlichen puinors ausgestellt.
Famos in der Zeichnung, weiß er den Arbeiten einen bei
Pastellen seltenen, kräftigen Farbenton zu geben, pengeler
bringt eine Variante des Motives der badenden Susanna
und noch weiteres in der dem Künstler eigenen Komik
dargestellt.
Das Genre ist sehr gut mit malerisch wirklich werth-
vollen Sachen vertreten. Da sind Gxpler und Borchardt
mit ihren in den Farben so deliziös abgestimmten Bildchen;
Pottner mit einem guten Kinderbild, Nißl mit seinen
fein koloristischen Genres nut Roth in feinsten Ab-
stufungen vertreten. Von Interieurs ist das kräftig hin-
gestrichene von Robert Breyer zu nennen, ferner das
Kircheninnere von Kuehl. Diese schon halb in Dämmerung
liegende Iohanneskirche (München) mit ihrem reichen
Rokokoschmuck ist wunderbar weich und fein gestimmt in
den Farben.' Auch Fehrs Interieur mit Dame ist ein

technisch beachtenswerthes Stück Malerei. L. Bandell
hat eine flott gemalte alte Frau, die sehr lebenswahr
wirkt, auf eine grüne wiese gestellt.
L. v. Pofmanns „pirtenknabe", ein in eine alpine
Szenerie gestellter Akt, hat mich bei weitem mehr be-
friedigt, als alles, was früher von diesem Berliner Künstler
bei uns zu sehen war. Die Figur ist ohne romantische
Zuthat auf die Matte der herben Berglandschaft gestellt.
In Rob. paugs „Linkehr" ist besonders der landschaftliche
pintergrund schön in der Stimmung. pegenbarths
„Treiber" schreiten durch einen Wald, durch dessen Geäst
die Sonnenstrahlen fallen. In der Behandlung des Lichtes
ist der Künstler jetzt jeder Uebertreibung fern, das große
Bild ist von einer ruhigen Schlichtheit, die überzeugt,
wie dieser aus Zügels Schule hervorgegangene Künstler,
machen auch Schramm und payek dem Meister alle Lhre.
Pans v. payeks „Pferde im Wasser" sind ganz famos ge-
zeichnet. Schramm-Zittaus „pühnerfütterung" zeigt wieder
die großen Vorzüge, die der Maler auf seinem Spezialgebiete
besitzt.
Nun zu den Landschaften. Benno Beckers tief-
gestimmte Bilder schließen sich ihren Vorgängern gleich-
werthig an. Reiniger bringt zwei virtuos gemalte Fluß-
bilder, von der „Mittagssonne" bestrahlt und im Abend-
schatten liegend. Seine Sommerlandschaft macht einen
tiefinnigen Lindruck, ähnlich wie die paiderschen, natürlich
in ihrer besonderen weise. Der letztgenannte Schlierseer
Künstler ist wieder mit seinen schlichten Voralpenland-
schaften vertreten; verschiedene Gewitterstimmungen sind
prächtig beobachtet; wie nüchtern nimmt sich dagegen
Schultze-Naumburgs eigenartig stilisirte Landschaft mit dem
fast die ganze Breite überdachenden Regenbogen aus. Der
unlängst verstorbene, junge Landschafter Paul Petze ist
mit seinen versonnen stillen Bergwinkeln vertreten; Karl
Perm. Müller ist ein Wesensverwandter von ihm.
von den Leuten in und um Dachau bieten sowohl
Langhammer wie pölzer neben schönen Waldinterieurs
roh hingehauene Skizzen, die s. Zt. gewiß einmal von
Interesse, heute auf Ausstellungen zum mindesten nnnöthig
sind, pähnisch „Brücke" kommt den besten Dills sehr
nah; Crodel und Flad sind mit sehr feintonigen Bildern
vertreten. Buttersacks „Der Mai ist gekommen" hat ent-
schieden Größe. Keller-Reutlingen in seiner stimmungs-
kräftigen Art und die beiden Worxsweder Overbeck und
Vinnen — vom letzteren zwei großzügige Waldinterieurs —
seien die letzten, die ich als markant herausgreife. Der
Sezession angegliedert hat sich die Künstlergruppe der
„Scholle".
Lrler ist entschieden in seiner klavierspielenden
Dame am besten. Das ist eminent flott gezeichnet; es
ist ein feiner Reiz in der großen Linienführung. In
anderen giebt er uns starke Räthsel auf. Lichlers „Riesen
im paidekraut" fehlt es zur Märchen- und Sagenstimmung
doch an etwas; Georgis dreitheiliges Bild „Saure
Wochen, frohe Feste" schildert in den Seitenflügeln
Pflüger und Kornernte mit schlichter, eindringlicher Kraft.
Das Mittelbild, ein K'irchweihtanz, ist fast brutal in der
Charakteristik. Dergleichen wirkt bei der verkleinernden
Illustration in Witzblättern durch seine scharfe Satyre
ergötzlicher. Voigt weiß Bauerngestalten auf dein Felde
und beim Kirchgang überzeugend zu bilden. Der Kinder-
spielplatz von Münzer (Paris) ist zu illustrativ gehalten
 
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