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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 23
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Internationale Ausstellung für moderne dekorative Kunst in Turin 1902
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0412

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360 >—»4- Die Aunst-Halle —- Nr. 23

Gegenstände überwachen. Auf diese weise wird der
eigentliche Zweck unserer Ausstellung richtig erfüllt
werden, und darf die Zulassung an sich selbst schon
als eine Auszeichnung für die Aussteller betrachtet
werden.
Zustimmungen bitten wir uns schon von heute
ab an den Oireolo cls§1i ^itisti iRünstlerverein),
Turin, zu übersenden.
Turin, der Hauptort im westlichen Theile Ober-
italiens, ist eine große, schöne Stadt von vorwiegend
modernem Gepräge mit Universität und Kunstakademie
und einer Einwohnerzahl, die dem vierten Hundert-
tausend langsam zustrebt. Gegen andere berühmte
italienische Orte in der künstlerisch-geistigen Ent-
wickelung zurückgeblieben, hat Turin seit wenigen
Dezennien den brennenden Ehrgeiz gefühlt, Alles
das nachzuholen, was sonst erst in Jahrhunderten
allmälig reift und entsteht. Breite Straßen mit
glänzenden Häusern und Arkaden, eine Fülle von
Plätzen, auf denen die besten Bildhauer Italiens
ihre Denkmäler errichten konnten, sind das überraschende
Resultat des sorgenden und thatkräftigen Eifers von
Magistrat und Bürgerschaft. Die süngste Idee,
womit man nicht nur der Stadt in der gleichnami-
gen Provinz, sondern auch dem etwas zurückgebliebe-
nen kunstgewerblichen Lieben des ganzen Landes
nützen, neue Anregungen bieten, neue Rräfte zuführen
möchte, ist diese erste internationale Ausstellung für
moderae dekorative Runst. Sie wird im Valentin-
park derStadt, zwischen April und November
stattfinden.
wie wir den allgemeinen Bestimmungen ent-
nehmen, soll die Ausstellung die kunstindustriellen
Erzeugnisse umfassen, die sowohl die Aesthetik der
Straße, als auch der Ausstattung von Haus und
Wohnung betreffen. Man will sich auf einen
durchaus modernen und künstlerischen Standpunkt
stellen und nichts aufnehmen, was sich als Imitation
der alten Style oder als phantasieloses gewerbliches
Produkt ausweist. Auch Modelle aus einfachem
Stoffe, Entwürfe und Zeichnungen werden Aufnahme
finden. Nur der Erzeuger, nicht der Händler, hat
das Recht, einen Gegenstand auszustellen.
In den größeren Städten des Reiches nnd des
Auslands hat das General-Romite spezielle Ausschüsse
und Agenten ernannt, welche beauftragt find den
Zweck der Ausstellung bekannt zu machen, sowie
die Theilnahme zu erleichtern. Ein besonderes Runst-
Romite wird die sämmtlichen zur Ausstellung ver-
sandten Gegenstände einer Prüfung unterwerfen und
diejenigen znrückweisen, welche die vom Programm
gewünschten Eigenschaften nicht besitzen.
Die Aussteller bleiben von jeder Platz- oder
Raum-Steuer befreit. Sie sind zu einer Einschreibe-
Gebühr von sO Fr. verpflichtet, die sofort nach Ein-
treffen der Aufnahme-Rarte zu entrichten ist. Die
Aussteller müssen die Rosten der Hin- und Zurück-
beförderung der Gegenstände bis zum Aufnahme-
Bureau im Gebäude der Ausstellung tragen, sowie
das Geffnen der Risten, die Aufstellung und
Säuberung der Gegenstände, die dazu erforderlichen
besonderen Einrichtungen und etwaige Reparaturen
beaufsichtigen bezw. beaufsichtigen lassen.
Jeder Aussteller, oder sein Vertreter, ist ver-
pflichtet, seinen gesetzmäßigen Wohnsitz in Turin zu
melden. Er bleibt dem General-Romite haftbar für
sämmtliche eventuellen gerichtlichen Folgen der Theil-
nahme an dery Ausstellung, auch wenn solche
nach der Schließung vorkommen sollten. Jede

dem Vertreter gemachte Mittheilung wird als
eine dem Aussteller selbst übermittelte betrachtet.
Das General-Romite wird die nothwendigen Schritte
thun um die zeitliche Einfuhr, was die Forderungen
des Zolles und der Verbrauchssteuer anbelangt, so-
wie Preisermäßigungen für Transporte per Bahn
und zu Wasser u. s. w. zu erlangen und zeitig den
Ausstellern über die Ergebnisse seines Verfahrens
Mittheilung machen.
Der Verkauf der ausgestellten Gegenstände ist
gestattet unter Abgabe von 5 Verkaufspreises
an das General-Romite. Die Aussteller haben das
Recht ihre Gegenstände als von der Preisbewerbung
ausgeschlossen zu erklären. Die durch die Mitglieder
des General-Roinites und der Jury ausgestellten
Gegenstände find zur Preis bewerb ung nicht zuge-
lassen.
Im Verhältniß zu dein Programm der Ausstellnng
wird das General-Romite eine Jury ernennen, welche
die vom besonderen Reglement festgesetzten Aus-
zeichnungen zu vertheilen beauftragt ist. Nm aber-
ausdrücklicher den Zweck und die Richtung der
Ausstellung zu betonen, veröffentlicht schon jetzt das
General-Romite die folgenden Bewerbungen zu
außerordentlichen Preisen, deren genaueres Verzeichniß
zur Zeit bekannt gemacht werden wird:
s. Der beste Entwurf eines modernen Hauses
(Miethhaus, Villa u. s. w.).
2. Die schönste dekorative Zusammenstellung einer
Luxus-Wohnung, die mindestens aus drei verschiedenen
Zimmern bestehen soll.
3. Die beste dekorative Zusammenstellung einer-
ökonomischen Wohnung, die ebenfalls aus drei ver-
schiedenen Zimmern bestehen soll.
ch Das beste Luxus-Zimmer.
5. Das beste Zimmer nach ökonomischem Typus.
* '
Der Schöpfer des Entwurfs für das Hauptge-
bäude der internationalen Ausstellung für moderne
dekorative Runst ist der Friauler Architekt D'Aronco,
der im Dienste des türkischen Sultans zu Ronstantinopel
lebte. Ohne Einfluß der orientalischen Architektur ist
die Gestaltung der Hauptfassade des Palastes auch
nicht geblieben. Ein imposanter, durch eine Flach-
kuppel ohne Spitze gekrönter Mittelbau hebt sich
energisch von den beiden niedrigen flankirenden Theilen
der Vorderfront ab. Wuchtige massive Pfeiler von
eigenartigem Gepräge gliedern die Länge der Flügel-
fronten; am runden Mittelbau tragen ringsherum
geschweifte Pfeiler, die in Figurenschmuck auslaufen,
das unterhalb in großen Fenstern geöffnete, schirm-
ähnliche Dach dieser Repräsentationshalle.
Bemerkenswerth ist das große Plakat diel er
Ausstellung. Es rührt von dein ausgezeichneten
Turiner Bildhauer Leonardo Bistolfi her, den
man in der heutigen Runst! itteratur an: häufigsten als
Rünstler-Poet, als Bildhauer-Philosoph oder gar als
„Symbolist des Metaphysischen^ begegnet. Als solchen
hat ihn auch vor Jahren unsere Mitarbeiterin Helen
Zimmern in einen: Aufsatz in der „Runst-Halle^ ge-
würdigt, dem als Illustration das inzwischen berühmt
gewordene „Sphinr-Grabmal" der Familie pansa auf
dem Friedhof zu Tuneo beigegeben war (vergl.
Iahrg. I Nr. 8). Viele Kunstkenner halten diese
Schöpfung von Bistolfi, die sich hochragend an ein
verwittertes Rirchhofsgemäuer anlehnt, für das er-
greifendste sepulkrale Monument der Welt, und in
der That ist die sphinxhafte Frauengestalt, die hier-
auf der Höhe steinerner Blöcke thront, von so feier-
lich-träumerischer und überirdischer Schönheit, daß
 
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