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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 24
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Thomas, Bertha: Londoner Ausstellungen 1901
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Gustav, Leopold: München: Die Internat. Kunstausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0429

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Nr. 2H

-i- Die Run st-knalle

375

Dundonalds Attacke auf Ladysmith, hervorzuheben.
Die Schwierigkeiten der init großer Kraft und
Lebendigkeit erfaßten Aktion, die die treffliche Künstlerin
durch einen von der Front gesehenen Reitertrupp in
vollein Galopp zu veranschaulichen sucht, sind so be-
deutend, daß man sich nicht über die einen vollen
Erfolg ausschließenden Mängel wundern darf, wohl
aber darüber, daß ein solcher auch nur annähernd
erreicht werden konnte.
Die lächerlich engen Räume der Akademie für
Skulpturen sind ein Hemmniß für unsere Bildhauer.
So ist es absolut unmöglich, über die von Gnslow
Ford für die Stadt Manchester ausgeführte Rolossal-
Statue der Königin, so wie das Merk sich hier
präsentirt, ein Urtheil zu gewinnen. Und leider ist
keine Aussicht vorhanden, daß diesem schreienden
Mißstand abgeholfen werde. Mit Ausnahme übrigens
des schon erwähnten „Kruzifix" von Sargent trägt
auch diese Abtheilung denselben Charakter un-
bedeutender Nettigkeit, der in der Gesammtheit der
Ausstellung dominirt. Die Meinung, die Akademie
habe dies Ergebniß selbst durch ihre Auswahl ver-
schuldet, findet durch das, was die übrigeu Ver-
anstaltungen bieten, durchaus keine Bestätigung. —
Die „ Grosvenor " macht den Eindruck, als habe
es schwer gehalten, die Gallerte überhaupt zu füllen.
Bewundernswerth zeigt sich indessen hier der Alt-
meister Watts als noch im Vollbesitz seiner Schaffens-
kraft, und bei einem der von ihm beliebten allegorischen
Sujets „Gier und Arbeit" hat er seine Kunst der
Behandlung der menschlichen Gestalt ausgeübt, wie
Jüngere ihm nicht nachthun. Interessant sind eine
Anzahl Gemälde in DsmperL, und darunter besonders
von Walter Grane „Die (Quelle der Jugend"
und „Der Mäher", als hervorragende Proben seiner
starken Begabung für die Zeichnung.
Die Leih-Ausstellung von Gelgemälden spanischer
Künstler, die Schaaren von Besuchern nach der
Guildhall-Gallerie zog, hat dankenswerthe Be-
lehrung über die Kunst eines Landes verbreitet, dessen
neuere künstlerische Entwicklung dem hiesigen Publikum
nur sehr mangelhaft bekannt war. Ein bischen hart
für Fortuny, Madrazo und ihre Gefolgschaft ist's
freilich, daß man sie dem großen Publikum Londons
zum ersten Mal in einer Sammlung vorführt, die
zugleich einen ganzen Saal voller Werke Velasquez'
enthält. An Modernen sahen wir von Fortuny seine
Vienrin", „Die Modellwahl", „Der Poetengarten"
und so noch Einiges. Charakteristisch vertreten sind
auch pradilla, Cheoa, Domingo u. A. Was
die Ausstellung bietet, genügt als typisch für die
moderne spanische Schule mit ihrem elegauteu
Realismus, der, von Frankreich herstammend, doch so
durch das nationale Temperament modifizirt ist, daß
keines der hier zur Ansicht gestellten Werke, ob nun
Historien- oder Genrebild oder Porträt, sür ein solches
von rein pariser Ursprung gehalten werden kann,
von Goya sind verschiedene interessante Proben
seiner Kunst vorhanden, zumeist Bildnisse in seiner
packenden Manier und eigenartig persönlichen Auf-
fassung. In dem Velasquez-Saal haben wir einige
prachtvolle Stücke, sowie auch solche früherer Perioden,
an denen sich seine Entwicklung vortrefflich verfolgen
läßt. Wie gewöhnlich bei solchen Veranstaltungen,
fehlt es auch nicht an Stücken von mehr als frag-
würdiger Authentizität. Immerhin bleibt eine Auswahl
erlesener Meisterwerke zu bewundern; so u. A. „Don
Balthasar Carlos in der Reitschule" (Besitzer der
Herzog von Westminster); „Dame mit Mantille"

(Besitzer Herzog von Devonshire) und das dem Herzog
von Wellington gehörige herrliche „Bildniß eines
Mannes". Eine werthvolle Studie für das Porträt
Innozent X. und eine andere für das „Juan de
parejas", des Dieners und nachmaligen Schülers
Velasquez', sind ebenfalls erwähnenswerth, als schon
hinweisend auf den Höhepunkt des Schaffens dieses
Meisters.
München-
Vie Internat. Mimaumeilung.
von Leopold Gustav.
III.
uch derjenige, der sich nut dein Schaffen des ver-
storbeneil Nikolaus Gysis vertraut weiß, wird
sich dein Eindruck der Ueberraschung nicht ver-
schließen können, wenn er die im „Lenbachsaal" gebotene
Kollektion in ihrer Vielseitigkeit überblickt. Line köstliche
Farbigkeit, die aber stets harmonisch abgestimmt ist, ist das
Gemeinsame der Gysis'schen Bilder. Der Künstler hat die
Werke selten mit der Jahreszahl bezeichnet, unschwer
lassen sie sich aber chronologisch bestimmen. Die Bilder
der siebziger und noch der achtziger Jahre sind in viel
„schwärzeren" Tinten gemalt, als die späteren. Doch auch auf
den älteren Bildern findet sich schon ein eminentes Können in
Bezug auf die Tonwerthe; z. B. in der „Tanzstunde"
(t876). Ivie weiß der Naler aus der nüchternen Kalk-
wand in dem neugriechischen Genrebilde der „Waisenknabe"
all' ihre malerischen Möglichkeiten herauszuholen. Wie
lebensvoll und ohne Pose sind die Gestalten in den Raum
hineinkomponirt. Welche Gluth der Farbe weiß er auf
einem andern Bilde in den rothen Mohn zu legen, wie
fein ist das geringste seiner Stillleben; weich' eine Leucht-
kraft haben seine Granatäpfel, welch' feine (Dualitäten
der Lichtspiegelung zeigt er an einer simplen Blechbüchse,
die neben (Dsterbrot und Aepfeln zu einem Stillleben wird.
Aber Gysts ist nicht nur der farbenfrohe Nachdichter einer
schönheitgesättigten Natur; es ist auch eine dem Grüble-
rischen, Theosophischen zuneigende Seite in ihm, welche
nach Gestaltung drängte. Hat diese Phase seines Schaffens
iu den letzten Lebensjahren dominirt, so mar er doch schon
früher auch Meister in der Verkörperung von Gedanken.
„Die Kunst und ihre Genien", eine Aufgabe, die schon so
oft zu frostiger Allegorie geworden ist, weiß er mit regem
Leben zu gestalten. Das religiöse Bild aus den letzten
Jahren „Siehe, dein Bräutigam kommt mitten in der
Nacht" schmückte schon die Abtheilung christlicher Kunst
im vorjährigen Glaspalast. Es ist das sublimste, was ich
von mystischer Malerei kenne. Ich wäre versucht, es
einen gemalten Lhoral zu nennen, doch ist dem Bilde mit
Worten überhaupt nicht beizukommen; auf goldflimmerndem
Throne, zu dein viele, im Dämmer liegende Stufen führen,
fehen — ahnen — wir Christus Alles Licht geht von
dein Throne aus, das mit dein Blau des Himmels, wo die
Schaaren der Engel sichtbar werden, und röthlichen Tönen
sich zu einer Farbensymphonie verwebt, die dein Bilde
einen Hauch des Ueberirdischen giebt. Auch wie ein Hauch
ist die vom bayerischen Staate angekaufte „Frühlings-
symphonie" gemalt. Dieses Weben des erste,i Lenzes ist
 
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