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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 9./​10.1927/​28

DOI issue:
1./2. Septemberheft
DOI article:
Donath, Adolph: Die Aussichten des Kunstmarktes
DOI article:
Martin, W.: Der neuaufgefundene Jan Vermeer van Delft
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0012

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Richtung ist wirklich freudig zu begrüßen, und daß er
kürzlich in Berlin eine Ortsgruppe gebildet hat, war
wohl eine Notwendigkeit. Der Kunsthandel der großen
deutschen Städte gravitiert ja seit Jahr und Tag inuner
mehr nach Berlin, und wenn zum Beispiel eine Reihe
von bekannten Münchner Häusern sich schon in der
Reichshauptstadt niedergelassen haben, so mag dies
kein schlechter Schachzug sein. 1m tibrigen hat gerade
der Miinchner Kunsthandel in der Isarstadt selbst in der
jiingsten Saison recht gut abgeschnitten.

Allgemein gesprochen: die Aussichten fiir den
internationalen Kunstmarkt, zu dem sich der deutsche
Kunstmarkt rechnen darf, sind nicht schlecht, denn die
Neigung fiir die alte Kunst nimmt stetig zu und auch der
Sinn für die neue und neueste Kunst, soweit sie reif
und eigenartig ist, scheint trotz der heutigen Ueber-
produktion an Malerei und kunstgewerblichen Dingen
stärker geworden zu sein. Man darf also hoffen. daß
die Kunstmarktsaison 1927/28 noch einen „weiteren
Schritt der Besserung“ bringen wird.

Garnitur
Louis XVI.

Det? neuaufgefundene lati Det?meet’ oan Delft

oon

lIX htaetin ^ deri jiaag

Vermeers neuentdeckte „Spitzenklöpplerin“, die
mehrere Wochen im Kaiser-Friedrich-Museum Beiiin
ausgestellt war, ist soeben an Duveen in New York
v e r k a u f t worden. Prof. Dr. W. Martin äußerst sich
hierüber auf unsere Bitte folgendermaßen:

|n den letzten Jahren wurden einige Bilder entdeckt,
* welche als Vermeer expertisiert, unmittelbar nach
Amerika wanderten und nur aus Abbildungen bekannt
wurden. Um so erfreulicher ist es, daß es die Leitung
des Kaiser-Friedrich-Museums in Berlin fertig gebracht
hat, den kürzlich aufgefundenen Vermeer festzuhalten,
indem der Higentümer, Captain R. Wright, sicli bereit
erklärte, das Bild auf einige Zeit dem Museum leihweise
zu überlassen, wo es in einem der Niederländer-Kabi-
nette an derselben Wand wie Vermeer: Junge Dame
mit der Perlenhalskette ausgestellt war.

Gerne leiste ich der freundlichen Einladung der
Redaktion des „Kunstwanderer“ Folge, etwas über

diese Entdeckung zu schreiben: ist doch dieser Vermeer
eines jener Gemälde, deren Autorschaft keinerlei Zwei-
fel unterliegt, weil sie dermaßen klar die typische, ziel-
bewußte und stark persönliche Malweise des Künstlers
aüfweisen, daß Streitigkeiten absolut ausgeschlossen
sind. Dargestellt ist als Kniestück ein hübsches Mäd-
chen, welches nacli links gewendet, den Beschauer an-
sielit, während es vor einem Spitzenklöppeltischchen
sitzt. Die Brünette trägt ein blaues Band im Haar und
eine Perle im Ohr. Gegen den weißgrauen Hintergrund
hebt sich die C.estalt lebendig ab. Das Mädchen trägt
eine gelbe Jacke mit weißem Kragen und weißen
Aermeln. Vor ihr, auf einem mit einem Perserteppich
bedeckten Tisch eine Zinnschale und ein in wunder-
barem, echt Vermeerschen Blau gemaltes Kissen. Die
Hände des Mädchens ruhen auf dem Klöppelkissen.
Zwei Klöppelröllchen hält sie zwischen den Fingern der

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