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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 9./​10.1927/​28

DOI issue:
1./2. Juliheft
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Pelka, Otto: Europäisches Kunstgewerbe 1928: zur Ausstellung in Leipzig
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Zülch, Walther Karl: Ausgrabung gothischer Plastik in Frankfurt a. M.
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0498

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a%ememen; denn es beweist durch die Tat eiinerseits,
daß eine Entwicklung ohne Rücksicht auf die Ueber-
lieferung ein Unding, andrerseits wie aus der Vergan-
genheit orgamische Verbindungen mit der Gegenwart
erwachsen. Nur zwei Namen seien genannt: Paul
Scheurich und Max Esser. Beide sind auf detn Wege
zu einer Synthese des zeichnerischen und malerischen
Stiles, auf der eine neue Sachlichkeiit sich aufbaut in der
Porzellanplastik, die besonderen bildnerischen Gesetzen
untersteht.

Gegenüber der Vielfältigkeit der figürlichen
Piastik fällt die Eiinheitlichkeit, fast kann man sagen
Uniformität der Ziergefäßplastik auf. üstasien ist aus-
schiläggebend. Unterschiedlich ist nur der Dekor. Und
hier erscheint Sevres urplötzlich völlig frei von irgend-
welchen historischen Rücksichten und, in einem aus-
gesprochenen Gegensatz zu seiner Plastik. Bevorzugt
wird eine geometrische bzw. simultanistische Ornamen-
tik in dumpfen braunen und blauen Unterglasurfarben in
einer Ausdehnung, die dem Werkstoff den Atem nimmt
und die Flächen fast zudeckt (vergl. die Beispiele von
Gail'lard und Pruuier und, nicht ganz so schlimm, die
Vasen von Aubert und Auniol). Bei den Weich-
porzellanen dagegen bemüht man sich um eine lebhaf-
tere Farbengebung bei gieichbleibender Vorliebe für
einen nach unseren Begriffen überreichen Dekor. Mit
gleicher Konsequenz blieb Meißeti in seiner Vasen-
malerei einheitlich. Die Stärke der Manufaktur, ihre
feine Blumenmaierei, wurde durch zwei Sätze von Zier-
vasen repräsentiert, deren Blumenschmuck mit einer

ieichten Umbiegung ins Ornamentale von P. E. Börner
stammte. Die Berliner Manufaktur dagegen ließ auch
hier sämtliche Richtungen aufmarschieren, um von
ihrem nach ihrer Meinung reiichen künstlerischen
Leben ein Bild zu geben. Als Motive, teils in Unter-,
teils in Aufglasur werden u. a. vorgeführt: chinesi-
sches Bandwerk auf einer Flötenvase, kopiemäßig über-
nommene figürhche Motive einer etruskischen Vasen-
malerei des 6. vorchristlichen Jahrhunderts. persische
Miiniatur- und Fliesenmalereien auf Wandplatten und,
eine ganz merkwürdige Erscheinung, auf zwei zylin-
drischen Vasen dasselbe, was tnan in Sevres Simultanis-
mus nennt und in einer fast wörtlichen Uebereinstim-
mung der Koloristik. So wenig erfreulich wie das
letztgenannte Ereignis ist die ganze übrige Experimen-
tiererei von Berlin. Für die Zukunft wird auf diese
Weise sicher nicht gesorgt.

Die übrigen deutschen Porzeilanmanufakturen, die
an der Ausstellung beteiligt warert und künstlerisch
beachtenswerte Arbeiten sehen ließen: Die Aelteste
Volkstedter Porzellanfabrik und Nymphenburg waren
eigentlich nur Füllsei, um den Ausfali der Ausländer
decken zu helfen. Was sie zeigten, gab keinen
erschöpfenden Aufschluß über ihr Können. Aber sie
bestätigten von neuem, daß wir in Deutschland weit
entfernt sind von einem einheitlichen Porzellanstil, daß
wir aber auch andrerseits selbständig getiug geworden
sind und der Auslandsanleihen sehr gut entbehren
können.

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U3. K. ECUcb - fcankfuüt a. N*

er gotischen Kunst diirfte auf dem seltsamen Wege
einer Grabuug kaum jemals eine solche Bereiche-
rung zugeflossen sein: vier vorzüglich erhaltene
Steinskulpturen mit originaler Bemalung, dazu
eiue Fülle von Figurentrümmern und Reste des Altar-
aufbaues. Zum Zwecke einer Heizungsaniage wurde
jetzt der Boden zwcier Kapellen der Frankfurter
St. Leonhardskirche um 3 m tiefer gelegt. Gleich unter
dem Plattenboden stieß man auf die C h r i s t u s -
f i g u r , die sich noch an ihrer ursprünglichen Steile
befand (Abb. 1 u. 2). Der rechtzeitig gerufene Landes-
konservator Dr. Wichert ließ nun die Ausräumung sorg-
fältig überwachen. Das Ergebnis war tiberraschend.
Nicht nur, daß die hier abgebildeten Plastiken unbe-
schädigt gehoben werden konnten, es fanden sich auch
kostbare Reste gotischer Glasmalerei, wertvolle Ofen-
kacheln aus Franfurts berühmter Fabrik des Johan Vest
aus Creussen und vor aliem die schon bei der Zuschüt-

tung zerschlagenen Figuren der 'beiden A'ltäre. Außer-
dem fand man einen bemalten Baldachin aus Muschel-
stein (um 1400), der zu einer verlorenen Plastik gehört.
Ganz besonderes Interesse beanspruchen die zerschla-
genen Reste der Altartabernakel, mindestens von
zweien, da der eine Tabernakel aus Stein, der andere
aus Terrakotta war. Die Tonplastik stand in‘
Frankfurt in der ersten Hälfte des 15. Jahrhutiderts in
hoher Blüte, nicht zuletzt geben die jetzt gefundenen,
glänzend rnit Blattwerk und Eichelzweig ornamentierten
Architekturteile, die noch die alte naturalistische Be-
malung und Vergoldung tragen, ein beredtes Zeugnis.
Ein solches Tabernakel ist im Dom erhalten über dem
berühmten Marientod von 1434. Daß wir aber in Frank-
furt lebensgroße Plastik in Terrakotta besaßen, haben
meine Ausgrabungen im Karmel'itenkloster kürzlich be-
wiesen. Vermutlich gehören die jetzt gefundenen
Tabernakelteile zu dem Altaraufsatz über dem Grab

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