Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 9./10.1927/28
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https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0291
DOI issue:
1./2. Märzheft
DOI article:Bode, Wilhelm von: Ein neuaufgefundenes Bildnis von Anton van Dyck aus der Zeit seines Aufenthalts in Genua
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0291
Herausgeber
/ahrgang 1928
Adolph DonaHi
lJ2. JMÄrzficft
6tn neuaufgefundenes Bildnts üon Anton oati Dyck
aus det? 2ett feines Aufentbaits in Qenua
oon
lÜU()Hna oon Bodc
In dem stattlichen van Dyck-Zimmer von Mr. Joseph
Wideners prachtvollem Sitz in Lynnewood Holl vor
Philadelphia fällt unter dem einzigen Schatz an Meister-
werken des Anton van Dyck, die fast sämtlich wäh-
rend des Aufenthaltes des jungen Antwerpener Künst-
lers in Genua entstanden sind, das Biidnis eines
Admirals in voller Rüstung auf durch seine kokette
Wendung, seine starke Plastik und tiefe Farben-
stimmung. Die Inschrift ,,Raphael Racius I. R EIP
triremium praefectus“ verkiindet uns, daß er der
kommandierende Admiral der Genueser Flotte war.
Die Ziffern des Datums neben dieser Inschrift sind lei-
der verstümmelt, doch muß das Bild in Genua gemalt
worden sein. In der Karnatiou herrscht noch der helle
Ton der Bildnisse aus der letzten Zeit von van Dycks
Werkschaftsgemeinschaft mit Rubens, aber ohne
dessen Farbigkeit im Fleiscli, während die starke Wen-
dung im Körper und die scharfen Gegensätze von Hell
und Dunkel neue Einflüsse erkennen lassen; Einfliisse
von Italien, aber niclit von Tizian, wie man erwarten
sollte, und wie sie sicli in den Bildern nach seiner Rück-
kehr aus Italien so stark geltend tnachen. Es ist viel-
mehr das Vorbild des Caravaggio und seiner Nach-
folger, das den jungen Kiinstler angeregt hat. Wie hier,
so sehen wir diesen Einfluß auch in anderen Bildnissen,
die damals in Italien entstanden: in dem Brustbild eines
Cattaneo in der Londoner National Gallery, in dem
herrlichen Feldherrn in reicher Rüstung in Dulwich
Gallery, in verschiedenen großen Bildnissen ge-
harnischter Edelleute in den Galerien zu Edinburg, bei
Lord Hopetown u. s. f. Ganz besonders auffällig ist die
Verwandtschaft, ja man könnte fast sagen Ueberein-
stimmung mit jenem Bildnis des genueser Admirals
Raphael Racius der Sammlung Widener in einem ande-
ren Bildnis eines vornehmen Offiziers in voller Rüstung,
das von Herrn Fischmann in München kürzlich an die
Galcrie John Levy in New York verkauft worden ist.
Wie außerordentlich der bartlose, noch jugendliche
Mann mit tiefschwarzem langen Haar und in bläulich-
schwarzem Panzer vor einförmig dunklem Hinter-
grunde dem Admiral Racius bei Widener gleicht, davon
überzeugt am besten die Gegenüberstellung der beiden
Bilder in unseren Abbildungen. Haltung und Bewegung,
der Blick auf den Beschauer, die Tracht, der Gegen-
satz zwischen der dunklen Rüstung und den hellen
kalten Fleischtönen und den grellen Lichtern auf der
Rüstung sind auf beiden Bildern die gleichen. Die treff-
licli gezeichneten Hände mit ihrer weichen Modellierung
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/ahrgang 1928
Adolph DonaHi
lJ2. JMÄrzficft
6tn neuaufgefundenes Bildnts üon Anton oati Dyck
aus det? 2ett feines Aufentbaits in Qenua
oon
lÜU()Hna oon Bodc
In dem stattlichen van Dyck-Zimmer von Mr. Joseph
Wideners prachtvollem Sitz in Lynnewood Holl vor
Philadelphia fällt unter dem einzigen Schatz an Meister-
werken des Anton van Dyck, die fast sämtlich wäh-
rend des Aufenthaltes des jungen Antwerpener Künst-
lers in Genua entstanden sind, das Biidnis eines
Admirals in voller Rüstung auf durch seine kokette
Wendung, seine starke Plastik und tiefe Farben-
stimmung. Die Inschrift ,,Raphael Racius I. R EIP
triremium praefectus“ verkiindet uns, daß er der
kommandierende Admiral der Genueser Flotte war.
Die Ziffern des Datums neben dieser Inschrift sind lei-
der verstümmelt, doch muß das Bild in Genua gemalt
worden sein. In der Karnatiou herrscht noch der helle
Ton der Bildnisse aus der letzten Zeit von van Dycks
Werkschaftsgemeinschaft mit Rubens, aber ohne
dessen Farbigkeit im Fleiscli, während die starke Wen-
dung im Körper und die scharfen Gegensätze von Hell
und Dunkel neue Einflüsse erkennen lassen; Einfliisse
von Italien, aber niclit von Tizian, wie man erwarten
sollte, und wie sie sicli in den Bildern nach seiner Rück-
kehr aus Italien so stark geltend tnachen. Es ist viel-
mehr das Vorbild des Caravaggio und seiner Nach-
folger, das den jungen Kiinstler angeregt hat. Wie hier,
so sehen wir diesen Einfluß auch in anderen Bildnissen,
die damals in Italien entstanden: in dem Brustbild eines
Cattaneo in der Londoner National Gallery, in dem
herrlichen Feldherrn in reicher Rüstung in Dulwich
Gallery, in verschiedenen großen Bildnissen ge-
harnischter Edelleute in den Galerien zu Edinburg, bei
Lord Hopetown u. s. f. Ganz besonders auffällig ist die
Verwandtschaft, ja man könnte fast sagen Ueberein-
stimmung mit jenem Bildnis des genueser Admirals
Raphael Racius der Sammlung Widener in einem ande-
ren Bildnis eines vornehmen Offiziers in voller Rüstung,
das von Herrn Fischmann in München kürzlich an die
Galcrie John Levy in New York verkauft worden ist.
Wie außerordentlich der bartlose, noch jugendliche
Mann mit tiefschwarzem langen Haar und in bläulich-
schwarzem Panzer vor einförmig dunklem Hinter-
grunde dem Admiral Racius bei Widener gleicht, davon
überzeugt am besten die Gegenüberstellung der beiden
Bilder in unseren Abbildungen. Haltung und Bewegung,
der Blick auf den Beschauer, die Tracht, der Gegen-
satz zwischen der dunklen Rüstung und den hellen
kalten Fleischtönen und den grellen Lichtern auf der
Rüstung sind auf beiden Bildern die gleichen. Die treff-
licli gezeichneten Hände mit ihrer weichen Modellierung
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