verehrung wandelte er den ewig jung bleibenden Stoff
des lieblichen Verkeltrs zwischen Mutter und Kind in
weiteren Meisterstichen ab, die stoffliich und techniscli
vieie seiner Probleme zur Lösung briugen soilten.
Mit künstlerischer Weisheit hatte er auf verschie-
denen Wegen Holzschnitt und Stich einem Höhepunkt
zugeführt. Während der erstcre im Sinne rein plasti-
scher Auffassung den Reliefcharakter anstrebte, mit
wohlerwogener und eingeschränkter Schattierung die
festen und klaren Umrisse festigte und verstärkte,
suchte der zweite durch harmonische Ton- und Liclit-
behandlung einc Geschlossenheit vom Vordergrund bis
in die Tiefe durch eine fabelhafte Sticheltechn'ik zu
erreichen. Seine drei Hauptstücke R i 11 e r , T o d
und Teufel, Hieronymus und d i e M e 1 a n -
c h o 1 i e verdeutlichen uns zunächst diese äußerste
Grenze in aller graphischen Entwicklung, sie schildern
indes durch ihren stimmungsreichen Inhalt auch das
Höchste, das Dürer aus eigenem Empfinden und Erle-
ben zu bieten vermochte. Sie gleichen Stationen in sei-
nem Werdegang, Bekenntnisse aus seinem religiösen
und wissenschaftlichen Streben und dessen Beklem-
mungen, wenn Hindernisse und Stauungen, Skrupel und
Zweifel in den Weg traten. Nur einmal noch, und dies-
mal auf dem Wege der Malerei, in den vier Aposteln,
gab Dürer vor seiner Vaterstadt ein Selbstbekenntnis
seiner religiösen und patriotischen Gesinnung ab, ein
mahnendes Denkmal in der Zeit hochgehender Wogen.
Er, der „männliche Albrecht“, wie ihn Gocthe nennt,
war aufrecht und sich treu geblieben.
„Alle Leidenscltaften“, urteilte Erasmus von
Rotterdam über Dürers Graphik, „die ganze aus dem
Körper hervorleuchtende Seele des Menschen, ja fast
die Sprache selbst, stellt er mit jenen schwarzen Linien
vor Augen, daß dem Bilde eine Unbill widerführe, wenn
man es mit Farben überginge.“
Dürer
Das Mäslein
üraphische Sammlung
Albertina
in
Wien
Diirer-Katalog
der Albertina-
Facsimiledrucke
Amsler & Ruthardt
Berlin
DCit’et’ ats Jvtatet?
Dort
ft’tedt’tcb LÜinkteü
Jiid soiiderlich hatte mein Vater an mir ein
)) ^ Gefallen, da er salve, daß ich fleißig in der
Uebung zu lernen was. Darum ließ mich mein Vater in
die Schul gehen, und da ich schreiben und leseri
gelernnt, nahm er mich wieder aus der Schul und lernnte
mich das Goldschmiedehandwerk. Und da ich nun
säuberlich arbeiten kunnte, trug m i c li meine
L n s t m e h r z u r M a 1 e r e i, dann zum Gold-
schmiedehandwerk. Das hielt ich meinem Vater für.
Aber er war nit wo'l zufrieden, dann ihm reut die ver-
lornc Zeit, die ich mit Goldschmiedclehr hätte zuge-
bracht. Docli ließ er mir nach und da man zählt nach
Christi Geburt 1486 an St. Endrestag (30. November),
versprach mich mein Vater in die Lehrjahr zu Michael
Wohigemut, 3 Jahr lang ihm zu dienen.“ Unmittelbar
nacli seinem Ausscheiden aus Wohlgemuts Werkstatt
malte Dürer das ausgezeichnet erhaltene Bildnis des
Vaters (1490, Uffizien), das zwar durch den schweren
Ernst, die plastische Gesinnung, womit es der zeit-
genössischeh gefälligen Porträtauffassung entgegentritt,
außerordentiich bemerkenswert ist, aber doch vor allem
durch die subtile Maclre, die klare und herbe Spraehe
der Einzelformen, kurzum durcli das blendende Können
zn uns spricht.
Dürer tricb cin richtiger Instinkt zur Malerei. Die
Maler wurden seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts
326
des lieblichen Verkeltrs zwischen Mutter und Kind in
weiteren Meisterstichen ab, die stoffliich und techniscli
vieie seiner Probleme zur Lösung briugen soilten.
Mit künstlerischer Weisheit hatte er auf verschie-
denen Wegen Holzschnitt und Stich einem Höhepunkt
zugeführt. Während der erstcre im Sinne rein plasti-
scher Auffassung den Reliefcharakter anstrebte, mit
wohlerwogener und eingeschränkter Schattierung die
festen und klaren Umrisse festigte und verstärkte,
suchte der zweite durch harmonische Ton- und Liclit-
behandlung einc Geschlossenheit vom Vordergrund bis
in die Tiefe durch eine fabelhafte Sticheltechn'ik zu
erreichen. Seine drei Hauptstücke R i 11 e r , T o d
und Teufel, Hieronymus und d i e M e 1 a n -
c h o 1 i e verdeutlichen uns zunächst diese äußerste
Grenze in aller graphischen Entwicklung, sie schildern
indes durch ihren stimmungsreichen Inhalt auch das
Höchste, das Dürer aus eigenem Empfinden und Erle-
ben zu bieten vermochte. Sie gleichen Stationen in sei-
nem Werdegang, Bekenntnisse aus seinem religiösen
und wissenschaftlichen Streben und dessen Beklem-
mungen, wenn Hindernisse und Stauungen, Skrupel und
Zweifel in den Weg traten. Nur einmal noch, und dies-
mal auf dem Wege der Malerei, in den vier Aposteln,
gab Dürer vor seiner Vaterstadt ein Selbstbekenntnis
seiner religiösen und patriotischen Gesinnung ab, ein
mahnendes Denkmal in der Zeit hochgehender Wogen.
Er, der „männliche Albrecht“, wie ihn Gocthe nennt,
war aufrecht und sich treu geblieben.
„Alle Leidenscltaften“, urteilte Erasmus von
Rotterdam über Dürers Graphik, „die ganze aus dem
Körper hervorleuchtende Seele des Menschen, ja fast
die Sprache selbst, stellt er mit jenen schwarzen Linien
vor Augen, daß dem Bilde eine Unbill widerführe, wenn
man es mit Farben überginge.“
Dürer
Das Mäslein
üraphische Sammlung
Albertina
in
Wien
Diirer-Katalog
der Albertina-
Facsimiledrucke
Amsler & Ruthardt
Berlin
DCit’et’ ats Jvtatet?
Dort
ft’tedt’tcb LÜinkteü
Jiid soiiderlich hatte mein Vater an mir ein
)) ^ Gefallen, da er salve, daß ich fleißig in der
Uebung zu lernen was. Darum ließ mich mein Vater in
die Schul gehen, und da ich schreiben und leseri
gelernnt, nahm er mich wieder aus der Schul und lernnte
mich das Goldschmiedehandwerk. Und da ich nun
säuberlich arbeiten kunnte, trug m i c li meine
L n s t m e h r z u r M a 1 e r e i, dann zum Gold-
schmiedehandwerk. Das hielt ich meinem Vater für.
Aber er war nit wo'l zufrieden, dann ihm reut die ver-
lornc Zeit, die ich mit Goldschmiedclehr hätte zuge-
bracht. Docli ließ er mir nach und da man zählt nach
Christi Geburt 1486 an St. Endrestag (30. November),
versprach mich mein Vater in die Lehrjahr zu Michael
Wohigemut, 3 Jahr lang ihm zu dienen.“ Unmittelbar
nacli seinem Ausscheiden aus Wohlgemuts Werkstatt
malte Dürer das ausgezeichnet erhaltene Bildnis des
Vaters (1490, Uffizien), das zwar durch den schweren
Ernst, die plastische Gesinnung, womit es der zeit-
genössischeh gefälligen Porträtauffassung entgegentritt,
außerordentiich bemerkenswert ist, aber doch vor allem
durch die subtile Maclre, die klare und herbe Spraehe
der Einzelformen, kurzum durcli das blendende Können
zn uns spricht.
Dürer tricb cin richtiger Instinkt zur Malerei. Die
Maler wurden seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts
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