Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 9./10.1927/28
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https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0112
DOI issue:
1./2. Novemberheft
DOI article:Verres, Rudolf: Frühgotische Bronzemörser
DOI article:Bischof, Norbert: Künstlerisches Gestalten des Kindes
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0112
gotischen Mörser des Berliner Schloßmuseums und die
Vertreter des reinen Rippentyps eitizuordnen haben.
Sie gehören also wohl der Zeit rund um 1300 an.
Im Vergleich zur Anzahl der erhaltenen hochgoti-
schen Mörser sind die der frühgotischen Zeit außer-
ordentlich selten. Bei ihrer Seltenheit läßt sich die
Frage, ob die frühgotischen Mörser eine größere
Mannigfaltigkeit in den Formen voraushaben, nicht in
bestimmter Weise beantworten, doch scheint es der
Fall zu sein.
Hans Thoma
Auktion
von Handzeichnungen
alter und neuer Meister
bei
F. A. C. Prestel
in
Frankfurt a. M.
Künffletnßbes Qeitatfen des Ktndes
oon
JHocbeüt BtfcbofsLÜten
Im Oesterrefchischen Museum in Wien w-ar vor
kurzem eine Ausstellung von Zeichnungen, Malereien und
Plastiken zu sehen, die von Kindern nach den Methoden
Professor F. Thetters gearbeitet sind.
Jenseits des Gürtels von Häßlichkeit und Oede, dcr
Wienerstadt im Süden vorgelagert, ist der erste
Vorposten des blühenden Landes, M ö d 1 i n g , am
Fuße des Wienerwaldes, nahe den köstlichsten Reben-
hügeln Oesterreichs, jenes Mödling, in dcm Beetlioven
die Missa auftiirmte, die nun Jahr fiir Jahr als unver-
gleichliches Pfingstwunder in der uralten St. Othmar-
kirche erklingt.
Schiiler nun aus der Volks- und der Bürgerschule,
C bis 14-jährige Proletarier, Kinder von Weinhauern,
Tagelöhnern, Kleinhäuslern, Arbcitern, Kinder, die die
Einfalt der Landstadt und die Armut ihrer Eltern davor
bewahrte, als Ablagerungsstätte fiir all den Bildungs-,
Kultur- und Konventionsschutt zu dienen, der dic Phan-
tasie in den Herzen der Kinder der Reichen und der
Kinder der Großstadt erstickt, haben diese Arbeiten im
Oesterreichischen Museum geschaffen. Und die
Lehrer? Sie kommen von Rudolf Steiner her, die
Lehrer, und wissen deshalb Bescheid um Struktur und
Mechanik der menschlichen Seele, der Seele des Kin-
des, um die Verheerungen, die die einseitige Betonung
der intellektuellen Werte in unserer Welt ange-
richtet hat.
Das Ziel und die Mittel: Den Kindern unter Aus-
nützung des Spieltriebes zu stets steigender Material-
beherrschung ermöglichen, aus Raum, Forin und Farbe
die erhabenst eigengesetzliche Welt ihrer Seelen zu
offenbaren und dadurch diese selbst aufzubauen, wie sie
ihren Leib aufbauen, das ist das Ziel. Die Mittel:
Packpapier, billigste Farbkreiden für die Kleinen aus
der Volksschule, Aquarellfarben und billigste Pinsel für
die Größeren aus der Bürgerschule. Dazu als Wich-
tigstes: Fernhalten jedcs nicht aus den Kindern selbst
Gewachsenen, das V o r bild sein und V e r bildung
bringen könnte. In diesem Abwehrkampf gegen Ein-
fliisse aus der Bildungs- und Darstellungswelt der
Großen liegt der Hauptanteil der Lehrer an der Arbeit
und am Erfolg. Sie lehren nicht, sie theoretisieren
nicht, sie zeigen nichts, sie stellen keine Aufgaben, sie
wachen bloß darüber, daß was aus den unermessenen
Tiefen des Reiches der Miitter in den Seelen der Kin-
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Vertreter des reinen Rippentyps eitizuordnen haben.
Sie gehören also wohl der Zeit rund um 1300 an.
Im Vergleich zur Anzahl der erhaltenen hochgoti-
schen Mörser sind die der frühgotischen Zeit außer-
ordentlich selten. Bei ihrer Seltenheit läßt sich die
Frage, ob die frühgotischen Mörser eine größere
Mannigfaltigkeit in den Formen voraushaben, nicht in
bestimmter Weise beantworten, doch scheint es der
Fall zu sein.
Hans Thoma
Auktion
von Handzeichnungen
alter und neuer Meister
bei
F. A. C. Prestel
in
Frankfurt a. M.
Künffletnßbes Qeitatfen des Ktndes
oon
JHocbeüt BtfcbofsLÜten
Im Oesterrefchischen Museum in Wien w-ar vor
kurzem eine Ausstellung von Zeichnungen, Malereien und
Plastiken zu sehen, die von Kindern nach den Methoden
Professor F. Thetters gearbeitet sind.
Jenseits des Gürtels von Häßlichkeit und Oede, dcr
Wienerstadt im Süden vorgelagert, ist der erste
Vorposten des blühenden Landes, M ö d 1 i n g , am
Fuße des Wienerwaldes, nahe den köstlichsten Reben-
hügeln Oesterreichs, jenes Mödling, in dcm Beetlioven
die Missa auftiirmte, die nun Jahr fiir Jahr als unver-
gleichliches Pfingstwunder in der uralten St. Othmar-
kirche erklingt.
Schiiler nun aus der Volks- und der Bürgerschule,
C bis 14-jährige Proletarier, Kinder von Weinhauern,
Tagelöhnern, Kleinhäuslern, Arbcitern, Kinder, die die
Einfalt der Landstadt und die Armut ihrer Eltern davor
bewahrte, als Ablagerungsstätte fiir all den Bildungs-,
Kultur- und Konventionsschutt zu dienen, der dic Phan-
tasie in den Herzen der Kinder der Reichen und der
Kinder der Großstadt erstickt, haben diese Arbeiten im
Oesterreichischen Museum geschaffen. Und die
Lehrer? Sie kommen von Rudolf Steiner her, die
Lehrer, und wissen deshalb Bescheid um Struktur und
Mechanik der menschlichen Seele, der Seele des Kin-
des, um die Verheerungen, die die einseitige Betonung
der intellektuellen Werte in unserer Welt ange-
richtet hat.
Das Ziel und die Mittel: Den Kindern unter Aus-
nützung des Spieltriebes zu stets steigender Material-
beherrschung ermöglichen, aus Raum, Forin und Farbe
die erhabenst eigengesetzliche Welt ihrer Seelen zu
offenbaren und dadurch diese selbst aufzubauen, wie sie
ihren Leib aufbauen, das ist das Ziel. Die Mittel:
Packpapier, billigste Farbkreiden für die Kleinen aus
der Volksschule, Aquarellfarben und billigste Pinsel für
die Größeren aus der Bürgerschule. Dazu als Wich-
tigstes: Fernhalten jedcs nicht aus den Kindern selbst
Gewachsenen, das V o r bild sein und V e r bildung
bringen könnte. In diesem Abwehrkampf gegen Ein-
fliisse aus der Bildungs- und Darstellungswelt der
Großen liegt der Hauptanteil der Lehrer an der Arbeit
und am Erfolg. Sie lehren nicht, sie theoretisieren
nicht, sie zeigen nichts, sie stellen keine Aufgaben, sie
wachen bloß darüber, daß was aus den unermessenen
Tiefen des Reiches der Miitter in den Seelen der Kin-
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