Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 9./10.1927/28
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https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0262
DOI Heft:
1./2. Februarheft
DOI Artikel:Künstler und moderner Kunsthandel, [2]: eine Enquête
DOI Artikel:Freund, Julius: Drei unbekannte Porträtzeichnungen Casp. Dav. Friedrichs von Gerh. v. Kügelgen
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0262
Produktion bekommen haben, sind meistens für die
Künstler gar nicht so ungünstig wie sie dargestellt wer-
den. Denn der Händler, der viele Werke von einem
Maler oder Bildhauer erworben hat, hat auf Jahre hin-
aus das größte Interesse, daß Werke dieses Künstlers
nicht verschleudert werden und wird für die
Anerkennung schon sorgen. So sicht die Frage theore-
tisch aus.
Praktisch liegt der Fall ganz anders. Kunsthändler,
die irgend einen Maler der heutigen Generation propa-
gieren, gibt es mit wenigen Ausnahmen überhaupt nicht
mehr. Auch beim Kunsthändler kann es nämlich so
etwas wie eine ethische Mission geben. Er kann, wenn
er Persönlichkeit ist und Mut hat, das Publikum
erziehen und beeinflußen. Heute begnügen sich die
meisten Kunsthändler damit, den Snobismus des Publi-
kums zu befriedigen; dieser Snobismus besteht darin,
daß Leute, die absolut nichts von der Säche verstehen,
sich, um sich ein Mäntelchen von Wissen umzuhängen,
lieber eine zweifelhafte Tangfigur oder einen mäßigen
Bronzebuddha aufstellen als — sagen wir — einen
Barlach.
Dabei ist ihnen der ostasiatische Gedankenkreis
völlig verschlossen — von Qualitätsunterschieden
ahnen sie nichts — und es würde zu einer Katastrophe
führen, wenn man ihnen auf den Zahn fühlen wollte.
Daß es ein Verdienst ist, die Sprache der eigenen
Zeit zu verstehen, und daß das Kunstsammeln in höhe-
rem Sinne produktiv wird. wenn die mitlebenden Künst-
ler gesammelt werden odcr Aufträge erteilt bekommen,
geht diesen Leuten nicht auf.
Und hier versagen die heutigen Kunsthändler.
Anstatt für die heutige Generation einzutreten, ver-
kaufen sie lieber einen Holländer dritter Güte oder einen
zweifelhaften Corot, weil — nun weil das eben
leichter geht.
Gerh. v. Kügelgen
Porträtzeichnung
Casp. Dav. Friedrichs
Sammlung
Julius Freund
Berlin
Düet uribekannte Pot’tcätseicbnungen
Casp. Dao. prtedctcbs oon Qet?b. o. Kügetgen
oon
luttus pücund
|"H rst durch die Jahrhundertausstellung der National-
galerie vom Jahre 1906 sind uns Werke deutscher
Meister bekannt geworden, die mit zu den schönsten
gehören, die die deutsche Kunst überhaupt hervor-
gebracht hat. Unter den Romantikern war es beson-
ders der Dresdener Maler Casp. Dav. Friedrich, der
eine neue überraschende Entdeckung wurde. Ein
halbes Jahrhundert mußte vergehen, ehe man auf die-
sen bedeutenden Landschafter wieder zurückkam, der
'im Jahre 1840 seine Augen für immer geschlossen hatte.
Die Anregung der Jahrhundertausstellung hat gute
Früchte getragen. Viele schöne und bedeutende
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Künstler gar nicht so ungünstig wie sie dargestellt wer-
den. Denn der Händler, der viele Werke von einem
Maler oder Bildhauer erworben hat, hat auf Jahre hin-
aus das größte Interesse, daß Werke dieses Künstlers
nicht verschleudert werden und wird für die
Anerkennung schon sorgen. So sicht die Frage theore-
tisch aus.
Praktisch liegt der Fall ganz anders. Kunsthändler,
die irgend einen Maler der heutigen Generation propa-
gieren, gibt es mit wenigen Ausnahmen überhaupt nicht
mehr. Auch beim Kunsthändler kann es nämlich so
etwas wie eine ethische Mission geben. Er kann, wenn
er Persönlichkeit ist und Mut hat, das Publikum
erziehen und beeinflußen. Heute begnügen sich die
meisten Kunsthändler damit, den Snobismus des Publi-
kums zu befriedigen; dieser Snobismus besteht darin,
daß Leute, die absolut nichts von der Säche verstehen,
sich, um sich ein Mäntelchen von Wissen umzuhängen,
lieber eine zweifelhafte Tangfigur oder einen mäßigen
Bronzebuddha aufstellen als — sagen wir — einen
Barlach.
Dabei ist ihnen der ostasiatische Gedankenkreis
völlig verschlossen — von Qualitätsunterschieden
ahnen sie nichts — und es würde zu einer Katastrophe
führen, wenn man ihnen auf den Zahn fühlen wollte.
Daß es ein Verdienst ist, die Sprache der eigenen
Zeit zu verstehen, und daß das Kunstsammeln in höhe-
rem Sinne produktiv wird. wenn die mitlebenden Künst-
ler gesammelt werden odcr Aufträge erteilt bekommen,
geht diesen Leuten nicht auf.
Und hier versagen die heutigen Kunsthändler.
Anstatt für die heutige Generation einzutreten, ver-
kaufen sie lieber einen Holländer dritter Güte oder einen
zweifelhaften Corot, weil — nun weil das eben
leichter geht.
Gerh. v. Kügelgen
Porträtzeichnung
Casp. Dav. Friedrichs
Sammlung
Julius Freund
Berlin
Düet uribekannte Pot’tcätseicbnungen
Casp. Dao. prtedctcbs oon Qet?b. o. Kügetgen
oon
luttus pücund
|"H rst durch die Jahrhundertausstellung der National-
galerie vom Jahre 1906 sind uns Werke deutscher
Meister bekannt geworden, die mit zu den schönsten
gehören, die die deutsche Kunst überhaupt hervor-
gebracht hat. Unter den Romantikern war es beson-
ders der Dresdener Maler Casp. Dav. Friedrich, der
eine neue überraschende Entdeckung wurde. Ein
halbes Jahrhundert mußte vergehen, ehe man auf die-
sen bedeutenden Landschafter wieder zurückkam, der
'im Jahre 1840 seine Augen für immer geschlossen hatte.
Die Anregung der Jahrhundertausstellung hat gute
Früchte getragen. Viele schöne und bedeutende
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