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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 9./​10.1927/​28

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1./2. Maiheft
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Tietze, Hans: Der Verkauf von Dürers Rosenkranzfest
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Junius, Wilhelm: Ein neuentdecktes Relief des Meisters H. W. von Chemnitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0396

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von Dürers ursprünglicher Arbeit so wenig erhalten
hat, ein schwerer Schaden zugefügt? Hier stehen wir
^or' jener I rage der Kunstverfi'Ischung, die nach langer
Läßlichkeit in jüngster Zeit die Gemüter wieder stärker
zu erregen beginnt. Was am heutigen Rosenkranzfest
noch von Dürer ist, die überwältigend großartige
Kömposition, besitzt eine gute alte Kopie — wie etwa
die Wiener — fast stärker als die Originaltafel selbst;
was diese an echter Oberfläche noch bietet ist trostlos
wenig gegenüber dem von rohen Händen Zugeschmier-
ten. In dem erneuten Rosenkranzfest würde eine sorg-
fältig in Technik und Stil Dürers eingedrungene erst-
klassige Renovierung durch die Empfindung gehoben
sein, daß sie doch auf dem von Dürer selbst bestellten
Grunde baut. Das Bild wird eine Fälschung sein, aber
mit dem Vorrecht der Fälschung, einen alten Tatbestand

einem aktuellen künstlerischen Bedürfnis unter-
zuordnen; es wird vielen naiven Menschen eine lebhafte
Vorstellung von Dürer geben, freilich eine falsche, aber
doch eine Vorstellung, während die heutige Tafel
eigentlich nur in dem Kunstgelehrten eine Ahnung des
echten Dürer zu erwecken vermag; nach modernen
sachgemäßen Prinzipien behandelt, wird sie die Schwere
desVerlustes noch fühlbarer machen. ZweiMöglichkeiten
scheinen zu bestehen; die Konservierung des fast völlig
verwahrlosten edlen Restes in einem tschechoslowaki-
schen oder deutschen Museum oder die Entstehung eines
neuen Ganzen aus diesen, dann allerdings für immer
vernichteten Trümmern. Die letzten Nachrichten aus
Prag scheinen dafür zu sprechen, daß es — trotz des
wirtschaftlichen Hochdrucks der zweiten Lösung — zur
ersten kommen wird.

Dürer

Das Schweißtuch,
Vofi zwei Engeln
gehalten

Auktion

bei

Hollstein & Puppel
in Berlin

am 14. und 15. Mai

6in neuentdeektes Relief des Jvteiffet?s Ji- UX von Cbetnnib

oon

lÜilbclm. lunius s Dt?esden

| ie sächsische Bildnerei der ersten Jahrzehnte des
16. Jahrhunderts ist vielen Erforschern der spät-
gotischen deutschen Plastik bisher noch ein wenig
betretenes Neuland gewesen, das keine allzugroße Aus-
beute versprach. Man darf daran erinnern, wie
unergiebig und unerquicklich z. T. das von E. Flechsig
zu Tage geförderte und systematisch geordnete Material
war, das die Sächsische Kommission für Geschichte
edierte. Herbert Kunze, Walter Hentschel und Verfasser
haben indessen manche Fragen klären, sichtend und
ordnend, ergänzend oder berichtigend die umfangreichen

und verdienstvollen Vorarbeiten Flechsigs fortsetzen
und, wie Hentschels Werk: „Sächsische Plastik um
1500“1) beweist, zu einem vorläufigen Abschluß bringen
können. Es will erscheinen, als ob das Beste, das den
provinziellen Durchschnitt überragt, auf außer-
sächsischem Boden erwachsen und durch verschieden-
artige besondere Umstände erst nach Obersachsen ver-
pflanzt wurde. So vieles. was in den erzgebirgischen
Bergstädten der einstigen Blüte des Bergbaues sein Ent-

0 Vergl. Deutsche Literaturzeitung, Heft 15 (1927), S, 710.

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