Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 9./10.1927/28
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https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0121
DOI issue:
1./2. Novemberheft
DOI article:Kubsch, Hugo: Der Bildhauer Laurent F. Keller
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0121
Det? ßildbauet? tauretat pL Kellet?
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Jiugo Kubfcb
Der Frankfurter Bildhauer Laurent F. Keller stellte
zum erstenmal kollektiv in Berlin bei Johannes
Flinrichsen, Bellevuestraße, aus.
[ jie deutsche Plastik der Gegenwart wird vielfach
verkannt. Mittelmäßige malerische Begabungen
dringen oft leichter durch als Plastiker, die ihnen an
künstlerischem Instinkt weit überlegen sind. Es ist
trübe für den schaffenden Bildhauer, daß so viele den
Porträt M. M., Bronze
flüssige Phantasie; doch sein Kampf um das Kubische
ist ernst und ehrlich. Viel feiner, selbstsicherer, instink-
tiver arbeitet Keller als Bildnisplastiker. Er ist der
Porträtist der Geistigen. Und ein spürsicherer
Psychologe. Dem Effekt geht er meistens aus dem
Wege, trotzdem Musikerköpfe ihn oft reizten, das
Geniale besonders zu unterstreichen. Der nervöse
Cellist Barjanski ist ein gutes Beispiel dafür, wie weit
Bildnis des Cellisten Barjanski, Bronze
Weg zu seinem Werk nicht finden, weil sie nic'ht die
Fähigkeit der Abstraktion liaben, die nun einmal für das
Verständnis der Plastik notwendig ist. Es gehört nicht
nur ein Gefühl für das Material dazu, die plastische
Kraft des Schöpfers zu begreifen, sondern auch ein ge-
wisser metaphysischer Sinn, der den Dualismus: Form
und Inhalt, Idee und Gestalt, Geist und Technik, wenig-
stens almen läßt. Daß selbst begabte Bildhauer iiber
diesen Dualismus im Unklaren sind, ist bekannt. Der
Frankfurter Laurent F. Keller gehört nicht zu ihnen. Er
tastet nicht, er ist sicli im Klaren über Maß und Grenze
seines Könnens und hütet sich vor der Manier. Beim
Aufbau seiner Figuren hemmt ihn seine etwas schwer-
Keller zu gehen wagt. Man fühlt die Musikalität dieses
Kopfes, ja selbst die Hingabe an das Instrument. Auch
der Kopf der jungen Chinesin — übrigens eine der
besten Arbeiten des Künstlers — ist ganz von Musika-
lität erfüllt und von einer bezaubernden Innerlichkeit
und Süße. Dagegen zeigt der Kopf M. M. eine durch-
aus vitale Persönlichkeit, einen Machtmenschen, dem
die ,,Philosophie des Geldes“ kein leerer Wahn zu sein
scheint.
In der Technik dieser Bildnisköpfe, deren über-
fläclie mcist nervös „vibriert“, legt sich Keller nicht
fest. So hat er Tatjana Barbakoff streng und „glatt“
geformt. Er bevorzugt die Bronze, weil ihm das
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Der Frankfurter Bildhauer Laurent F. Keller stellte
zum erstenmal kollektiv in Berlin bei Johannes
Flinrichsen, Bellevuestraße, aus.
[ jie deutsche Plastik der Gegenwart wird vielfach
verkannt. Mittelmäßige malerische Begabungen
dringen oft leichter durch als Plastiker, die ihnen an
künstlerischem Instinkt weit überlegen sind. Es ist
trübe für den schaffenden Bildhauer, daß so viele den
Porträt M. M., Bronze
flüssige Phantasie; doch sein Kampf um das Kubische
ist ernst und ehrlich. Viel feiner, selbstsicherer, instink-
tiver arbeitet Keller als Bildnisplastiker. Er ist der
Porträtist der Geistigen. Und ein spürsicherer
Psychologe. Dem Effekt geht er meistens aus dem
Wege, trotzdem Musikerköpfe ihn oft reizten, das
Geniale besonders zu unterstreichen. Der nervöse
Cellist Barjanski ist ein gutes Beispiel dafür, wie weit
Bildnis des Cellisten Barjanski, Bronze
Weg zu seinem Werk nicht finden, weil sie nic'ht die
Fähigkeit der Abstraktion liaben, die nun einmal für das
Verständnis der Plastik notwendig ist. Es gehört nicht
nur ein Gefühl für das Material dazu, die plastische
Kraft des Schöpfers zu begreifen, sondern auch ein ge-
wisser metaphysischer Sinn, der den Dualismus: Form
und Inhalt, Idee und Gestalt, Geist und Technik, wenig-
stens almen läßt. Daß selbst begabte Bildhauer iiber
diesen Dualismus im Unklaren sind, ist bekannt. Der
Frankfurter Laurent F. Keller gehört nicht zu ihnen. Er
tastet nicht, er ist sicli im Klaren über Maß und Grenze
seines Könnens und hütet sich vor der Manier. Beim
Aufbau seiner Figuren hemmt ihn seine etwas schwer-
Keller zu gehen wagt. Man fühlt die Musikalität dieses
Kopfes, ja selbst die Hingabe an das Instrument. Auch
der Kopf der jungen Chinesin — übrigens eine der
besten Arbeiten des Künstlers — ist ganz von Musika-
lität erfüllt und von einer bezaubernden Innerlichkeit
und Süße. Dagegen zeigt der Kopf M. M. eine durch-
aus vitale Persönlichkeit, einen Machtmenschen, dem
die ,,Philosophie des Geldes“ kein leerer Wahn zu sein
scheint.
In der Technik dieser Bildnisköpfe, deren über-
fläclie mcist nervös „vibriert“, legt sich Keller nicht
fest. So hat er Tatjana Barbakoff streng und „glatt“
geformt. Er bevorzugt die Bronze, weil ihm das
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