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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 9./​10.1927/​28

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1./2. Märzheft
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Darmstaedter, Ludwig: Die Baumeister im alten Italien: Bramante - Donato d'Angelo
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https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0298

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Die Baumetftet’ tm atten Ttatten

Br,amante=Donato d’Angelo*)
oon

tudioig DacmßaedtctJ +

A ls Bramantc im Jahrc 1506 dcm groBen Giuliano
della Rovere, der 1503 als Julius II. dcn päpst-
lichen Stuhl bcsticgen hatte, seinen Plan zum Neubau
der alten, baufälligen St. Petersbasilika vorlegte, tat
er es mit den Worten: „Auf den Gewölben der Basilika
des Konstantins werde ich ein Pantheon neu erstehen
lassen.“ Die Baupläne Bramantes wurden von
Julius II. für die besten erklärt; mit einein Feuereifer,
wie ihn nur geniale Menschen, wie Julius II. und
Bramante aufbringen konnten, ging er an die Ausfüh-
rung. Am 18. April 1506 war die Hälfte der alten Basi-
lika abgebrochen, und an diesem Tage erfolgte bereits
die feierliche Grundsteinlegung durch den päpstlichen
Bauherrn. Mit aller Hast wurde die Ausftihrung betrie-
ben; über ihr aber lag ein Unstern; dic Teile, die die
Kuppel tragen sollten, erwiesen sich als zu schwach
und Gefahr war im Verzug. Zu allem Ungliick starb
1513 Julius II. und Bramante sank das Jahr darauf ins
Grab. Leo X., dcr Nachfolger von Julius, befahl den
Weiterbau; er ernannte Fra Giocondo, Giuliano da San
Gallo und Rafael zur gemeinsamen Fortsetzung des
Baus. Rafael inachte die Pläne, die sich an Bramante
anschlossen und nur die Pfeiler verstärken wollten.
San Gallo mußte schon 1515 wegen Krankheit zuriick-
treten, Fra Giocoudo verließ Rom, Rafael starb 1520.
Die Bauausführung wurde Baldassare Peruzzi iiber-
geben, der unter dem Pontifikat von Hadrian VI. und
Clemens VII. wirkte, aber nicht recht vorwärts kam.
Nach Peruzzis Tod iibertrug Paul III. die Arbeiten an
Antonio San Gallo und dann an Giulio Romano, der 1546
starb. Paul III. verlor den Mut nicht und wandte sich
an Michel Angclo. Der 71jährige Meister lehnte mit
Riicksicht auf sein Alter ab, der Papst drängte aber und
Michel Angelo mußte schließlich annehmen, „weil“, wie
er an Vasari schrieb, „der Papst III. mich mit Gewalt
dazu gezwungen hat.“ Bis zu Michel Angelos Tod im
Jahre 1564 war der Bau so weit gefiihrt, daß gleich
danach die Kuppel aufgesetzt werden konntc. Michel
Angelo hat sich stets nur als Fortsetzer Bramantes be-
trachtet, und so wichtig die durcli ihn bewirkten Ver-
änderungen des Baus waren, deren nie gerühmt. Wie
selir er Bramante anerkannte, geht aus einem Brief
hervor, den er an einen päpstlichen Berater sclirieb:
„Man kann läugnen, daß Bramante als Architekt cbenso
geschickt war als irgend einer von den Altcn bis auf
unsere Zeit. Er hat die Fundamente von St. Peter nach
einem einfachen, reinen, ungezwungenen und von allen
Seiten isolierten Plane gelegt, der für den Palast keiner-
lei Gefahr bot. Seine Erfindung war bewunderungs-

*) Siehe „Der Kunstwanderer“ Oktober und Dezember 1927.

würdig und es ist Tatsache, daß, wer von seinen Abord-
nungen abweichen wiirde, wie es San Gallo in seinem
Modell getan hätte, unrichtig handeln wiirde.“

Donato d’Angelo, der friih schon den Namen
„Bramante“ annahm, ist in Fermigtiano bei Urbino im
Jahrc 1444 geboren. Da er schon als Kind große Zei-
chenanlagen verrict, gab ihn der Vater in Schule des
Fra Carnevale in Urbino, wo er schnell große Fort-
schritte machte. Seine reifere Jugend fällt in die
Epoche, wo der kunstliebende Federigo Mortefelter
Herzog von Urbino geworden war und durch Berufung
von fremden Kiinstlern Urbino zu einer wahren Kunst-
stätte gemacht hatte. Hier lernte Bramante den Dalma-
tiner Baumeister Luciano da Laurana kennen, der den
Herzogspalast in Urbino ausbaute und in dessen Arka-
denhof eines der genialsten Bauwerke dieser Zeit schuf.
Luciano fand großes Gefallen an dem genialen Jiing-
ling und bewog ihn, sich der Architektur zu widmen, in
der er sich unter Fiihrung von Laurana so rasch zurecht
fand, daß er 1472 bei den Solaris atn Dombau in Mai-
land mitwirkte. In Mailand empfing er tiefe Eindriicke
vom Genius Leonardo da Vincis, dessen Einfluß sich
beim Dombau stark geltend machte. 1476 restaurierte
Bramante im Auftrage von Ludovico Sforza die Kirche
San Satiro in Mailand, bei deren äußeren Schmuck er
iiberwiegend Malerei verwendete und nur wenige
Reliefornamente anfiigte. In gleicher Weise ging
Bramante bei der Kirche Santa Maria della Grazie in
Mailand vor, die ein Meisterstiick architekturaler Male-
rei darstellt. Bei diesem Bau errichtete Bramante iiber
dem Chor eine große Kuppel, die als Vorläufer seiner
späteren Projekte fiir St. Peter zu betrachten ist, aber
mehr in die Breite als in die Höhe ging und mit einer
leichten offenen Galerie versehen ist, die sich aufs
Schönste dem gemalten Unterbau anscliließt. Der Fall
der Sforza veranlaßte Bramante 1499 nach Rom zu
gehen. Dort schuf er unter Papst Alexander VI. und
seinen Nachfolgern dic herrlichen Renaissancewerke,
die uns den Meister lieb und wert machen. Einsam und
oline Verkehr lebte er in der ersten römischen Zeit nur
der Arbeit. In Rom, in Tivoli, in der Campagna
schweifte er ganze Tage umher, die antiken Denkmäler
schauend, bewundernd, messend und zeichnend. Ein
kleincr Bau, der Tempiotto im Hof vor San Pietro in
Montorio wurde als Kopie der Antike selir bewundert;
für uus ist es heute als Bruchstück einer nicht zu Stande
gekommenen Kapellenanlage nur eine Rarität. Den
Zweck erfüllte es aber, den Kardinal Olivieri Caraffa
auf Bramante aufmerksam zu machen, der für diesen
Bauhcrrn von 1500 bis 150? den schönen Kreuzgang
des Klosters della Pace erbaute und dank diesem Bau

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