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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 9./​10.1927/​28

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1./2. Juniheft
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Voss, Hermann: Amerikanische Eindrücke
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https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0441

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Heumann Doss

Professor Dr. Hermann Voss, der Kustos der
Staatlichen Qemälde-Qalerie in Berlin, ist vor kurzem aus
Amerika zurückgekehrt, das er zu Vortrags- und
Studienzwecken besucht hatte, und hat auf die Bitte des
„Kunstwanderers“ seine Eindrücke niedergeschrieben.

\\/er die Vereinigten Staaten mit der Ab'sicht
’ V besucht, einen Einblick in ihr Museums- und
Sammelwesen zu erhalten, ist weniger als andere Rei-
sende der Gefahr ausgesetzt, Amerika unter dem ein-
seitigen Gesichtswinkel des überwiegenden materiialisti-
schen Interesses zu sehen. In allem, was die Förderung
des kulturel'len Niveaus durcii Nutzbannachung künst-
lerischer Vorbilder betrifft, rnacht sicli vielmeiir eine
ausgesprochen idealistische Tendenz, ein Streben nach
Verfeinerung und Vert'iefung in stärkster Weise
bemerkbar.

Es ist richtig, daß uirs vieles in der Art, wie man
„drüben“ Kunstwerke sammelt, anordnet und ftir die
künstleriische Erziehung auswertet, fremdartig berührt,
namentlich der stark rationaiistische bzw. intellek-
tualistische Einschlag in einer Materie, bei der nach un-
serem Empfinden Intuition und Begabung die ausschlag-
gebenden Faktoren sind.

Was die Bedeutuug des Museumswesens in
Amerika, vergiichen mit unseren Verhältnissen, so
außerordentlich günstig 'beeinflußt, ist das einstweilen
noch ganz ausgesprochene Ueberwiegen des rezeptiven
Momentes über das produktive. Solange die lebende
amerikanische Kunst, bei sonst durchaus achtbarem
Niveau, einer ei'gentlich originellen, schöpferischen Note
noch entbehrt, haben die von den Museen und Privaten

gesammelten Meisterwerke begreiflicherweise eine noch
ganz andere, d. h. eine unmittel'barere und aktuellere
Gegenwartsbedeutung als bei uns.

Aeußerlich tritt die'se hervorragende Stellung der
Kunstsammlungen in die Erscheinung 'durch die beson-
dere Bevorzugung innerhalb des Stadtbildes; sowohl auf
die Lage der Museen in städtebaulicher Hinsicht als auf
die monumentale Ausgestaltung ihrer Außenarchitektur
wird auffallendeis Gewicht gelegt. Ein Beispiel aus
jüngster Zeit: das im Innern noch nicht fertiggestellte
Pennsylvania-Museum in Philadelphia, das, akropolis-
artig auf einer niederen Anhöhe thronend, den Blick-
punkt einer neugebauten, sehr breiten Monumentalstraße
bildet. Bemierkenswert erscheint uns an dieser wie an
verwandten Anlagen die Verbindung strenger Klassizi-
tät der architektonischen Formen mit modernster Tech-
nik in der Ausführung. Aucli die Verwendung edlen,
aber niemals prunkenden Materiales, die gediegene,
meist sehr zurückhaltende und feinfühlige Behandlung
der Einzelheiiten, das sichere Gefühl für gute Verhält-
nisse fallen dem europäischen Beobachter durchweg auf.

Ueber die innere Ausgeistalitung und ürganisation
der amerikanischen Museen zu sprechen wäre ein
Thema für sic'h, ü'ber das ich mich gleiichzeitig an ein'er
anderen Stelle ausführlich äußere. Nur soviel möge hier
kurz gesagt werden, daß die erzieherische Tätigkeit der
öffentlichen Kunstsammlungen „drüben“ in einer Voll-
ständigkeit und Systematik organisiert ist, die anch für
unsere abweichenden Verhältnlisse manches Vorbild-
liche enthält. Was indessen die Allgemeinheit mehr

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