war Bildnismaler, um und nach 1800 der angesehenste schwedi-
sche Künstler auf diesem Gebiete. Er vertritt in der Kunst-
geschichte seines Landes die Stufe des Empires; David selbst ist
sein Lehrmeister gewesen. In der Heimat hat sich dann sein Stil
verbürgerlicht und mit der Zeit ist er fühlbar eingetrocknet. Kraft
ist erst 1863 verstorben, aber damals war sein Schaffensvermögen
schon seit einem vollen Menschenalter versiegt. Aus seiner besten
Zeit behaupten Bildnisse wie das des Baumeisters Desprez (ein
Hauptwerk, im Besitze der Kunstakademie), die von Maria Ulrika
Hebbe und Carl Christian Ehrenhoff einen ansehnlichen Rang.
Das 450. Jubiläum der Universität Upsala hat Anlaß zu einer
Monumentalveröffentlichung gegeben, die auch hier Erwähnung ver-
dient, da sie nicht nur wissenschaftlich, sondern auch künstlerisch
von Interesse ist. Es ist die Faksimilewiedergabe des
Codex Argenteus, jener weltberühmten Handschrift, die
nach sehr wechselnden, zuweilen dramatischen Schicksalen in der
Universitätsbibliothek zu Upsala gelandet ist und deren kostbar-
sten Schatz bildet. In erster Linie gebührt das Verdienst an dieser
großen Unternehmung Professor Otto von Friesen, der sie ange-
regt und seit 1916 mit unermüdlicher Tatkraft geleitet, auch die
gehaltvolle „Introductio“ der Ausgabe verfaßt hat. Unter und mit
ihm wirkte eine Gruppe von Mitarbeitern, und besonders ist der
Leistung der Chemiker und photographischen Mitarbeiter zu ge-
denken, die unter Leitung von Professor The Svedberg die sinn-
reichen und verwickelten Verfahren ermittelt haben, die die
mustergültige Wiedergabe der Handschrift ermöglichten. Die bei
dieser Gelegenheit durchgeführten Untersuchungen haben ergeben,
daß die Handschrift von zwe'i Händen herrührt, von denen die eine
das Matthäus- und Johannesevangelium, die andere das Markus-
und Lukasevangelium geschrieben hat, und daß sie im Po-Tale in
der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts, also zur Zeit der Herrschaft
Theoderichs des Großen, hergestellt worden ist. Mit einer ge-
wissen Wahrscheinlichkeit läßt sich Ravenna ais Entstehungsort
annehmen. r.
Albcrt Bccndel*
Qedäcbtriisaus(ieüung tn LDeimatv
An der Wiege dieses Berliner Künstlers standen Franz Krüger
und Steffeck, die Meister der ersten bürgerlichen Periode, die,
fest und zuverlässig, dazu ein bischen prosaisch und ein bischen
glatt maiten. Aber Brendel ist kein Primitiver des bürgeriichen
Stils mehr, schon in seinen Anfängen nicht; noch ehe ihn Paris in
die Schule nahm, wagte er es, von Steffeck’schen Historien als
Wassersuppen zu sprechen. Und auch Italien machte keinen dau-
ernden Eindruck auf ihn. Er ging nach Paris und teilte sein Leben
jahrzehntelang zwisclien Barbizon und Berlin bis 1870; zum Schluß
kamen 20 Jahre weimarische Professur — er war einer der weni-
gen guten Maler, die Weimar treu blieben. Die Themen seiner Bil-
der waren ihm wohl durch Prädestination gegeben: er brauchte
nicht zu suchen, er malte, was er liebte und schon als Kind ge-
liebt hatte. Welch ein unbeschreiblicher Vorteil gegen heute, wo
die meisten erst durch Abstraktion und begriffliches Denken an
ihren — ach noch so kahlen Rohstoff gelangen können. Alle Ener-
gie, alle Feinheit des Fühlens blieben darum der Ausführung, dem
guten Handwerk malerischer Kultur. Das gibt einen Vorsprung im
Bildermachen! Brendel war nicht ängstlich; er war zart und breit
zugleich, instinktiv begabt für die Rundung eines Bildganzen, aus-
geglichen im Aufbau, sicher im Können und vergnügt in seiner
Arbeit. Darum weht diese sichere Stille und Ruhe in den Sälen
des Weimarer Staatsmuseums, wo man zum 100. Geburtstag die
Ausstellung zusammengebracht hat. Ihm bewegt sich die Welt
mit ihren Jahreszeiten über den Landschaften und das Jahr mit
seinen atmenden Geschöpfen in den festen Bahnen organischen Le-
Das „Berliner Tageblatt“ nennt
den „Kunstwanderer“ die „anch im weiten A«s-
land anerkannte Sammler - Zeitschrift.“
bens, das von Gesetzen beherrscht wird. Jedes seiner Tiere ist
ein lebendes Wesen und hat seinen Platz im Allgemeinen mit
Selbstverständlichkeit inne. Der Zauber der Erscheinung, wie das
Gold des Strohes in den Ställen, die Weichheit der Schaffelle, die
wolkenschimmernden Himmel, sie wirken noch heute mit dem gan-
zen Zauber der Wahrheit, weil der Künstler an sie als an eine
Offenbarung von innerer Bedeutung geglaubt hat. Und wenn wir
heute seine Studien so hoch schätzen, in denen das Stärkste der
Wirkung irn Fluge gepackt und mit sicherer Frische festgehalten
ist, so daß sie wie Juwelen funkeln, — der Meister würde wohl zu
unserer Meinung den Kopf schütteln: eine gute Skizze in allen
Ehren, aber den rechten und erschöpfenden Aufschluß über einen
Kiinstler, den ganzen Menschen und Mann, hat man erst, wenn cr
ein Werk zu präsentieren vermag, es darf freilich kein pimplich
ausgedörrtes sein. Brendel hat nie an den Modekrankheiten seiner
Zeit gelitten, deren Zahl Legion war, wie heute, hat auch nie
Galeriemaschinen gemalt. Vielleicht deshalb gehört er zu den
wenigen Deutschen seiner Zeit, deren Arbeit so fertig und frisch
ist, daß man nie daran denkt, in welcher Periode sie überhaupt
gemacht ist. Es gibt kaum ein größeres Lob.
Walter Unus.
A. Brendel. Ausstellung im Staatsmuseum Weimar
tondonec KunÜfcbau.
Aus London schreibt uns unser Kunstreferent: Das eng-
lische Heim der Herzöge von O r 1 e a n s und von V e n d ö m e
ist jetzt unter den Hammer gekommen: die Möbel wurden teils nach
Paris geschafft, teils an Ort und Stelle versteigert. Zwei Eck-
schränke Ludwig XV., I. Platz gestempelt, die ursprüglich aus
der königlichen Sammlung zu Chateau d’Eu stampien, wurden für
520 Guineen verkauft. P. Mignards Bild der Herzogin Madeleine
Charlotte de Foix, die 1665 starb, erzielte 210 Guin.; ein Winter-
halter „Herzog Edward von Kent“, nur 68 Guin., eine chinesische
Vase mit dem spanischen Wappen, von der Königsfamilie geschenkt,
52 Guin. Auch sonst waren die Preise sehr niedrig.
R o m n e y s Gemälde des Shakespeare als Kind mit der als
Frau dargestellten Natur und den Allegorien von Leidenschaft,
Freude, Haß, Neid, Kummer und Sorge ist für N e w Y o r k an-
gekauft worden und wird später einer der öffentlichen Museen ein-
verleibt werden. Die Gestalten der Freude und Liebe sollen nach
Emrna Hamilton gemalt worden sein. Dieses Bild gehört zu Rom-
neys historischen Werken und wurde ursprünglich für die von
Boydell 1793 zusammengestellte Shakespeare-Galerie
in London gemalt. Seitdem hat es mehrmals den Besitzer ge-
wechselt und war zuletzt Eigentum der Schauspielerfamilie
Forbes-Robertson, von wo es jetzt nach Amerika
abwandert.
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sche Künstler auf diesem Gebiete. Er vertritt in der Kunst-
geschichte seines Landes die Stufe des Empires; David selbst ist
sein Lehrmeister gewesen. In der Heimat hat sich dann sein Stil
verbürgerlicht und mit der Zeit ist er fühlbar eingetrocknet. Kraft
ist erst 1863 verstorben, aber damals war sein Schaffensvermögen
schon seit einem vollen Menschenalter versiegt. Aus seiner besten
Zeit behaupten Bildnisse wie das des Baumeisters Desprez (ein
Hauptwerk, im Besitze der Kunstakademie), die von Maria Ulrika
Hebbe und Carl Christian Ehrenhoff einen ansehnlichen Rang.
Das 450. Jubiläum der Universität Upsala hat Anlaß zu einer
Monumentalveröffentlichung gegeben, die auch hier Erwähnung ver-
dient, da sie nicht nur wissenschaftlich, sondern auch künstlerisch
von Interesse ist. Es ist die Faksimilewiedergabe des
Codex Argenteus, jener weltberühmten Handschrift, die
nach sehr wechselnden, zuweilen dramatischen Schicksalen in der
Universitätsbibliothek zu Upsala gelandet ist und deren kostbar-
sten Schatz bildet. In erster Linie gebührt das Verdienst an dieser
großen Unternehmung Professor Otto von Friesen, der sie ange-
regt und seit 1916 mit unermüdlicher Tatkraft geleitet, auch die
gehaltvolle „Introductio“ der Ausgabe verfaßt hat. Unter und mit
ihm wirkte eine Gruppe von Mitarbeitern, und besonders ist der
Leistung der Chemiker und photographischen Mitarbeiter zu ge-
denken, die unter Leitung von Professor The Svedberg die sinn-
reichen und verwickelten Verfahren ermittelt haben, die die
mustergültige Wiedergabe der Handschrift ermöglichten. Die bei
dieser Gelegenheit durchgeführten Untersuchungen haben ergeben,
daß die Handschrift von zwe'i Händen herrührt, von denen die eine
das Matthäus- und Johannesevangelium, die andere das Markus-
und Lukasevangelium geschrieben hat, und daß sie im Po-Tale in
der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts, also zur Zeit der Herrschaft
Theoderichs des Großen, hergestellt worden ist. Mit einer ge-
wissen Wahrscheinlichkeit läßt sich Ravenna ais Entstehungsort
annehmen. r.
Albcrt Bccndel*
Qedäcbtriisaus(ieüung tn LDeimatv
An der Wiege dieses Berliner Künstlers standen Franz Krüger
und Steffeck, die Meister der ersten bürgerlichen Periode, die,
fest und zuverlässig, dazu ein bischen prosaisch und ein bischen
glatt maiten. Aber Brendel ist kein Primitiver des bürgeriichen
Stils mehr, schon in seinen Anfängen nicht; noch ehe ihn Paris in
die Schule nahm, wagte er es, von Steffeck’schen Historien als
Wassersuppen zu sprechen. Und auch Italien machte keinen dau-
ernden Eindruck auf ihn. Er ging nach Paris und teilte sein Leben
jahrzehntelang zwisclien Barbizon und Berlin bis 1870; zum Schluß
kamen 20 Jahre weimarische Professur — er war einer der weni-
gen guten Maler, die Weimar treu blieben. Die Themen seiner Bil-
der waren ihm wohl durch Prädestination gegeben: er brauchte
nicht zu suchen, er malte, was er liebte und schon als Kind ge-
liebt hatte. Welch ein unbeschreiblicher Vorteil gegen heute, wo
die meisten erst durch Abstraktion und begriffliches Denken an
ihren — ach noch so kahlen Rohstoff gelangen können. Alle Ener-
gie, alle Feinheit des Fühlens blieben darum der Ausführung, dem
guten Handwerk malerischer Kultur. Das gibt einen Vorsprung im
Bildermachen! Brendel war nicht ängstlich; er war zart und breit
zugleich, instinktiv begabt für die Rundung eines Bildganzen, aus-
geglichen im Aufbau, sicher im Können und vergnügt in seiner
Arbeit. Darum weht diese sichere Stille und Ruhe in den Sälen
des Weimarer Staatsmuseums, wo man zum 100. Geburtstag die
Ausstellung zusammengebracht hat. Ihm bewegt sich die Welt
mit ihren Jahreszeiten über den Landschaften und das Jahr mit
seinen atmenden Geschöpfen in den festen Bahnen organischen Le-
Das „Berliner Tageblatt“ nennt
den „Kunstwanderer“ die „anch im weiten A«s-
land anerkannte Sammler - Zeitschrift.“
bens, das von Gesetzen beherrscht wird. Jedes seiner Tiere ist
ein lebendes Wesen und hat seinen Platz im Allgemeinen mit
Selbstverständlichkeit inne. Der Zauber der Erscheinung, wie das
Gold des Strohes in den Ställen, die Weichheit der Schaffelle, die
wolkenschimmernden Himmel, sie wirken noch heute mit dem gan-
zen Zauber der Wahrheit, weil der Künstler an sie als an eine
Offenbarung von innerer Bedeutung geglaubt hat. Und wenn wir
heute seine Studien so hoch schätzen, in denen das Stärkste der
Wirkung irn Fluge gepackt und mit sicherer Frische festgehalten
ist, so daß sie wie Juwelen funkeln, — der Meister würde wohl zu
unserer Meinung den Kopf schütteln: eine gute Skizze in allen
Ehren, aber den rechten und erschöpfenden Aufschluß über einen
Kiinstler, den ganzen Menschen und Mann, hat man erst, wenn cr
ein Werk zu präsentieren vermag, es darf freilich kein pimplich
ausgedörrtes sein. Brendel hat nie an den Modekrankheiten seiner
Zeit gelitten, deren Zahl Legion war, wie heute, hat auch nie
Galeriemaschinen gemalt. Vielleicht deshalb gehört er zu den
wenigen Deutschen seiner Zeit, deren Arbeit so fertig und frisch
ist, daß man nie daran denkt, in welcher Periode sie überhaupt
gemacht ist. Es gibt kaum ein größeres Lob.
Walter Unus.
A. Brendel. Ausstellung im Staatsmuseum Weimar
tondonec KunÜfcbau.
Aus London schreibt uns unser Kunstreferent: Das eng-
lische Heim der Herzöge von O r 1 e a n s und von V e n d ö m e
ist jetzt unter den Hammer gekommen: die Möbel wurden teils nach
Paris geschafft, teils an Ort und Stelle versteigert. Zwei Eck-
schränke Ludwig XV., I. Platz gestempelt, die ursprüglich aus
der königlichen Sammlung zu Chateau d’Eu stampien, wurden für
520 Guineen verkauft. P. Mignards Bild der Herzogin Madeleine
Charlotte de Foix, die 1665 starb, erzielte 210 Guin.; ein Winter-
halter „Herzog Edward von Kent“, nur 68 Guin., eine chinesische
Vase mit dem spanischen Wappen, von der Königsfamilie geschenkt,
52 Guin. Auch sonst waren die Preise sehr niedrig.
R o m n e y s Gemälde des Shakespeare als Kind mit der als
Frau dargestellten Natur und den Allegorien von Leidenschaft,
Freude, Haß, Neid, Kummer und Sorge ist für N e w Y o r k an-
gekauft worden und wird später einer der öffentlichen Museen ein-
verleibt werden. Die Gestalten der Freude und Liebe sollen nach
Emrna Hamilton gemalt worden sein. Dieses Bild gehört zu Rom-
neys historischen Werken und wurde ursprünglich für die von
Boydell 1793 zusammengestellte Shakespeare-Galerie
in London gemalt. Seitdem hat es mehrmals den Besitzer ge-
wechselt und war zuletzt Eigentum der Schauspielerfamilie
Forbes-Robertson, von wo es jetzt nach Amerika
abwandert.
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