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Donath, Adolph [Editor]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 9./​10.1927/​28

DOI issue:
1./2. Maiheft
DOI article:
Monzie, A.: Der Maler Maurice Minkowski: zu seiner Ausstellung in Berlin
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https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0407

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Üet? Malet? Mauüiee Mtukou)ski.

Hu feinct? Aus(ieüung in Bet?(in / Don A. de Monzie

In der Kunst Kammer Martin Wasser-
vogel in Berlin stellt jetzt Maurice M i n k o w s k i,
der taubstumme Warschauer Maler, der vor einiger Zeit
bei Georges P e t i t in Paris großen Erfolg hatte, eine
Kollektion seiner Gemälde aus. Seine Bilder aus dem
Ghetto zeigen uns die reife Persönlichkeit eines verinner-
lichten, das menschliche im Menschen eindringlich be-
tonenden Künstlers, der, abseits von aller „Mode“, die
Techniken meistert und nächt nur in der koloristisch-
plastischen Darstellung der Massen und der Landschaft,
sondern auch des Einzeltypus Hervorragendes leistet.
Auch im Aquarell gibt er Proben seines reichen Könnens.
Der ehemalige französische Minister der Künste A. d e
M o n z i e widmet dem Künstler im Vorwort zum Katalog
der Berliner Ausstellung warmherzige Worte, die wir
in der freien Uebersetzung von Martin Wasservogel in
folgendem wiedergegeben. Der Kunstwanderer.

verblüfften seine Ausstellungen die Kritiker. Der Snobismus hat
zwar kein Verhältnis zu ihm, und die Kunsthändler sind, wie so
oft gegenüber Künstlern von Qualität, noch kühl und zurückhaltend.
Aber Maurice Minkowski wird nach meiner Ueberzeugung sich
seinen Platz erobern bei den Sammlern, die Herz und Geschmack
haben.

Ich, für meinen Teil, kenne Porträts von ihm, wie sie nur ein
Meister des Porträts schaffen kann, so eindringlich, so menschlich,
so einzigartig — in dieser Zeit, in der die Maler die Individualität
ihrer Modelle mißachten.

Dieser Stumme hält das Schweigen auf den Lippen des andern
fest; er malt es gewissermaßen hinein an Stelle der äußerlichen
Bewegung in den Gesichtszügen.

Jene Frau, deren geheime Seele uns in der Banalität des All-
tags unbekannt blieb, enthüllt ihren rätselhaften Charakter, ihre
unheilbare Vereinsamung, ihre Schönheit der falschen Sklavin auf
der Leinewand von Minkowski. Das jüdische Problem! Niemand

Maurice Minkowski, Gebet beim Liehtzünden. Aquarell

Maurice Minkowski, In der Synagoge. Aquarell

Ein vom Schicksal hart Getroffener malt vom Schicksal Ver-
folgte! Der taubstumme jüdische Maler weiht sich und weiht seine
Kunst dem jüdischen Leid. Diese bewundernswerte Hingabe ist
getragen von einer wunderbaren visuellen Begabung.

Freilich, seine Sujets interessieren zunächst nicht überall und
jeden, auch nicht in Warschau, wo er sie zuerst zeigte. Aber die
Stärke des Mitleidens, das aus der Darstellung der Verfolgten und
Flüchtigen spricht, besiegt schließlich die Lauheit der Gleichgültigen
und den bösen Willen der Gegner.

Louis Vauxcelles begrüßte den neuen Mann in Paris mit Wor-
ten aufrichtiger Begeisterung. In Antwerpen und in Düsseldorf

hat es besser zu erfassen und darzustellen gew.ußt als Maurice
Minkowski, dem die Berührung mit dem Lärm der Menschen ver-
sagt ist, der aber mit seinen Augen in die psychischen Labyrinthe
seiner Rasse eingedrungen ist.

Berlin hat gegenwärtig eine starke Vorliebe für Absonder-
liches, die Teratologie ist die Mode. Nun, hier ist etwas Ungeheures,
an Mitleid und Barmherzigkeit, an Leidenschaft und Talent. Der
jüdische Maler, der aus seinem Leid einen Schatz für die demütig-
sten unter seinen Brüdern gewonnen hat.

Man möge mein Lob als eine Bürgschaft für ihn ansehen. Ich
habe Minkowshi in Warschau entdeckt und habe ihn in Paris empfoh-

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