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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 9./​10.1927/​28

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1./2. Septemberheft
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Zeitler, Julius: Die internationale Buchkunst-Ausstellung zu Leipzig
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https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0024

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umschlag weit mehr der Gebrauchsgraphik und dem
Plakatwesen zuzurechnen ist, als der Buchkunst. Hier
liegen also Irrtümer im Gegenstande vor. Die Buch-
kunst selbst ist (seit 1906) durchaus in der Type ver-
ankert, in Typen aber können sich die Konstruktivisten
in aller Kritik, die sie entfalten, keiner neuen Fruchtbar-
keit rühmen, die Bevorzugung der fetten Antiqua,
der Reklame- und Groteskschriften bringt gewiß neue
Seiten der Typographie zum Buch mit, kann aber das
eigentliche System dcr Typographie selbst nicht be-
rühren. Uebrigens zeigen auch sonst zahlreiche
Objekte der Ausstellung konstruktivistische Tenden-
zen, Uebergänge dazu, in der Satzkunst wie im Verlags-
einband, der künstlerische Handeinband wenigstens

buchkünstlerischer Spielarten froh sein miissen, es liegt
etwas wie eine iiberschäumende Experimentierfreude
darin, und dieser Reichtum an Individualitäten bestimmt
auch den Gesamteindruck der Ausstellung.

Ein Schwergewicht in den der deutschen
Buchkunst eingeräumten 21 Sälen, Kabinetten,
Kojen wohnt vor allem jenen buchkiinstlerischen Pio-
nieren inne, die seit etwa zwanzig Jahren als Schrift-
reformatoren aufgetreten sind, denn von der Type aus
gestaltete sich das Satzbild, und die Schriftschöpfer
halten auch den Organismus des Buches
fester in der Hand, als er von einer anderen Beteiligung
am Buche her möglich ist. Als solche Schriftschöpfer
präsentieren sich vor allem Rudolf Koch, E. H. Schneid-

Sybel Pye (England), Einbände

Deutschlands ist zum weit überwiegenden Maße kon-
struktivistiscli fortschrittlich, ein Gebiet, das bei Ruß-
iand total fehlt, in der Tschechoslowakei jedoch miß-
verstanden ist. Weit wichtiger ist das andere Problem:
die stete Auseinandersetzung zwischen dcr individuali-
sierenden Tendenz des Buchkünstlers, der in erster
Linie seinen eigenen künstlerischen Charakter zur Aus-
prägung bringen will, und der rationalisierenden Rich-
tung, die auf die ästhetisch-kiinstlerische Durchbildung
des ganzen Gewerbes ausgeht, die also bestrebt ist,
auch Setzer und Drucker und Buchbinder zum Range
von Buchkünstlern zu erheben, und das normalschöne
einwandfreie Gebrauchsbuch durchgestaltet. Man hat
nicht allzuviel Gelegenhcit, solche objektiven Werke zu
begutachten, Setzer und Drucker erscheinen in zu wei-
tem Abstande von den Buchkünstlerindividualitäten.
Bei alledem wird man aber der großen Mannigfaltigkeit

ler, F. H. Ehmcke, E. R. Weiß, H. Wienynk, F. W.
Kleukens, Walter Tiemann, Anna Simons u. a. Ihre
Bücher empfangen von der T y p e her ihren Charak-
ter. Dies bezeugen auch die Beispiele der Pressen,
von denen nur die Ruprechtpresse, die Juniperuspresse,
die Bremer Presse (Willy Wiegandt), die Offizina
Serpentis genannt seien. Auch die Maximiliangesell-
schaft hat schön ausgestellt. Vom Typographischen aus
geschehen auch so ineisterliche Buchformungen, wie
bei Georg Belwe, Emil Prectorius, Georg A. Mathey,
Marcus Behmer, die durchaus verschiedene ornameu-
tale und dekorative Strömungen spiegeln, hieher gehört
auch Hugo Steiner-Prag selbst, der aber ebenso sehr
den Illustratoren beizuzählen ist, wie auch Erich Gruner
sein Schwergewicht elicr nach dieser Seite hin hat. Im
allgemeinen zeigt sich dcr Typus dcr Klassiker- und
Biedermeierzeit ins Moderne fortgebildet, nur vereinzelt

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