Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 9./10.1927/28
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https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0058
DOI Heft:
1./2. Oktoberheft
DOI Artikel:Kaufmann, Carl Maria: Ein bilderreiches Dokument vom Sinai
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0058
Kruzifix aus den Wolken, zu dessen Seiten die Buch-
staben IC XC NA schweben: ’lr(ao’j; Xpiatoc vixa.
Am Fuße des heiligen Berges sieht man den aus
einem Kastell Justinians entstandenen Gebäude-
komplex des Katharinenklosters mit
sciner Basilika2). Hier spielen sich zwei, offenbar histo-
rische Ereignisse ab, reclits die feierliche E i n h o 1 u n g
eines Kirchenfürsten (Athanasios?) durch
eine aus dem Kloster kommende Mönchsprozession und
gleichzeitig links ein regelrechter Bedui-
Zwischen den Felsen öffnen sich Ausblicke auf die
Wüste; das Meer im Hintergrund betont wohl den
peninsularen Charakter der Landschaft. Rechts ein
Stück Mittelmeer, das Nildelta bis zum Roten Meer hin-
unter und einzelne Städtebilder: Alexandrien mit sei-
nem Pharos, Kanopus Damiette, Suez, Kairo (Pyrami-
den) und etwas südlich vom Roten Meer die Stätten der
„70 Palmen“ sowie der „72 Wasserquellen“3). Einge-
streut sind allenthalben biblisclie Szenen und
kirchliche Bauwerke, sodie Kirchen auf den
n e n a n g r i f f. Kamele lagern zu Sciten eines Aus-
schnittes, der hinter hohen Mauern den üppigen Kloster-
garten und darin einen zweigeschössigen Turm zeigt.
Aus einer Luke der Klostermauern läßt ein Mönch einen
Korb Lebensmittel herab, wohl um die mit Pfeil
und Blasrohr vorgehenden Angreifer zu besänftigen.
Weitere gefüilte Körbe stehen zwischen den Angrei-
fern am Boden, scheinen demnach bereits erpresste
Beute zu sein.
2) Der Künstler erstrebt topographische Treue. Auffallend
■die barockanmutende Giebelwand der Verklärungskirche. Das
Minaret der im 14. Jahrhundert errichteten Moschee zeigt noch die
fensterartigen, von mittelalterlichen Pilgern erwähnten Scharten
und Ausluge.
einzelnen Berggipfeln, die Eliasbasilika, eine Panagia-
kirche, die Apostelbasilika, das noch bestehende Kloster
der „Vierzig Märtyrer“ und ein ganzer biblischer Zyk-
lus: Der Zug der Israeliten und Pharaos Untergang,
das heilige Zelt4), Aaron und das Goldene Kalb5), Moses
3) Diese beiden Stätten möchte ich mit dem Djebel-el Hammam
Sejidne Musa, nördlich von Tur, identifizieren. Diese beim zerfalle-
nen Kastell Kalat et-Tur liegenden Mosesbäder waren schon
im Altertum bekannt. Heute werden sie in einem Badhaus von
Einheimischen, namentlich aber von den Mekkapilgern viel benutzt,
welche Tur alljährlich in großen Scharen passieren.
Die auf unserem Bilde von Mauern umgebenen reichen
Palmgärten sind Eigentum des Sinaiklosters.
4) Das hochgeraffte Zelt, als arca Aaron bezeichnet, erscheint
in Frontalansicht geöffnet. Drinnen die Bundeslade, der Schau-
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staben IC XC NA schweben: ’lr(ao’j; Xpiatoc vixa.
Am Fuße des heiligen Berges sieht man den aus
einem Kastell Justinians entstandenen Gebäude-
komplex des Katharinenklosters mit
sciner Basilika2). Hier spielen sich zwei, offenbar histo-
rische Ereignisse ab, reclits die feierliche E i n h o 1 u n g
eines Kirchenfürsten (Athanasios?) durch
eine aus dem Kloster kommende Mönchsprozession und
gleichzeitig links ein regelrechter Bedui-
Zwischen den Felsen öffnen sich Ausblicke auf die
Wüste; das Meer im Hintergrund betont wohl den
peninsularen Charakter der Landschaft. Rechts ein
Stück Mittelmeer, das Nildelta bis zum Roten Meer hin-
unter und einzelne Städtebilder: Alexandrien mit sei-
nem Pharos, Kanopus Damiette, Suez, Kairo (Pyrami-
den) und etwas südlich vom Roten Meer die Stätten der
„70 Palmen“ sowie der „72 Wasserquellen“3). Einge-
streut sind allenthalben biblisclie Szenen und
kirchliche Bauwerke, sodie Kirchen auf den
n e n a n g r i f f. Kamele lagern zu Sciten eines Aus-
schnittes, der hinter hohen Mauern den üppigen Kloster-
garten und darin einen zweigeschössigen Turm zeigt.
Aus einer Luke der Klostermauern läßt ein Mönch einen
Korb Lebensmittel herab, wohl um die mit Pfeil
und Blasrohr vorgehenden Angreifer zu besänftigen.
Weitere gefüilte Körbe stehen zwischen den Angrei-
fern am Boden, scheinen demnach bereits erpresste
Beute zu sein.
2) Der Künstler erstrebt topographische Treue. Auffallend
■die barockanmutende Giebelwand der Verklärungskirche. Das
Minaret der im 14. Jahrhundert errichteten Moschee zeigt noch die
fensterartigen, von mittelalterlichen Pilgern erwähnten Scharten
und Ausluge.
einzelnen Berggipfeln, die Eliasbasilika, eine Panagia-
kirche, die Apostelbasilika, das noch bestehende Kloster
der „Vierzig Märtyrer“ und ein ganzer biblischer Zyk-
lus: Der Zug der Israeliten und Pharaos Untergang,
das heilige Zelt4), Aaron und das Goldene Kalb5), Moses
3) Diese beiden Stätten möchte ich mit dem Djebel-el Hammam
Sejidne Musa, nördlich von Tur, identifizieren. Diese beim zerfalle-
nen Kastell Kalat et-Tur liegenden Mosesbäder waren schon
im Altertum bekannt. Heute werden sie in einem Badhaus von
Einheimischen, namentlich aber von den Mekkapilgern viel benutzt,
welche Tur alljährlich in großen Scharen passieren.
Die auf unserem Bilde von Mauern umgebenen reichen
Palmgärten sind Eigentum des Sinaiklosters.
4) Das hochgeraffte Zelt, als arca Aaron bezeichnet, erscheint
in Frontalansicht geöffnet. Drinnen die Bundeslade, der Schau-
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