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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 9./​10.1927/​28

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1./2. Novemberheft
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Professor Ludwig Darmstaedter † / Kunsthistorisches Institut Florenz / Aus Hollands Kunstleben / Londoner Kunstschau / Kunstauktionen / Kunstausstellungen / Bode über flämische Malerei / Sammlerwelt und Kunsthandel
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https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0123

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Aber Ludw.ig Darmstaedter hat sich selbst ein Denkmal von
besonderer Art geschaffen: die Dokumenterisammlung
Darmstaedter der preußis'che.n Staatsbiblio-
thek, die, um mit seinen eigenen Worten zu sprechen, der
„Pflege des historischen Sinns auf dem Gebiete der Kunst und
Wissenschaft“ dierit, und die uns zeigt, „welche Wege. die Bähn-
brecher gegangen sind, wie sie gekämpft und gesiegt, erkannt und
geirrt haben“. Und den Ansporn hierfür haben ihm wohl die
Täbellen zur Geschichte der exakten Wissenschaft geboten, die er
einst gemeinsam mit Rene du Bois-Reymond unter dem Titel „400
Jahre Pioriierarbeit in den exakten Wissenschaften“ herausgab, und
die in ihrer neuen vermehrten Auflage als „Handbuch zur Ge-
schichte der Naturwissenschaften und Technik“ vorliegen.

Mit der Stiftung seiner tausenden und abertausenden Auto-
graphen und Manuskripte aus allen Gebieten der Kunst und Wissen-
schaften — die Stiftung Darmstaedters war schon 1907 erfolgt —
gab sich Darmstaedter nicht zufrieden, er stellte sich vielmehr der
preußischen Staatsbibliothek zur Verfügung und arbeitete Tag fiir
Tag, zusammen m.it Dr. Julius Schuster, an der Sichturig der
Handschriftensätze, und er ließ keine Gelegenheit voriibergehen, um
z.ur Vermehrung der bedeutenden und sclmell berühmt gewordenen
Sammlung beizutragen.

Außerordentlich ist seine Arbeitskraft gewesen, und nur an
der Arbeit hat er auch als Achtzigjähriger .seine Freude gehabt.
Der Verein der Freunde der preußischen Staatsbibliothek verdankt
ihm seine Entwicklung. Und so oft Professor Dr. - Ludwig
Darmstaedter sich für Kunst und Wissenschaft einsetzen konnte,
tat er es in dem edlen, men.schlichen Empfinden, der Allgemein-

heit zu nützen. Sein Name wird niemals vergessen werden.

*

Die Trauerfeier für Professor Darmstaedter bewies,
welche Anerkennung der Gelehrte und Sammler in allen Kreisen
genoß. Die Beteiiigung an der Trauerfeier auf dem alten Zwölf-
Apostel-Friedhof in der Kolonnenstraße war außerordentlich. Man
sah die ehemaligen Staatsminister Schmidt-Ott, v. Sydow, Wendorf,
sah den Generaldirektor der preußischen Staatsbibliothek, Geheim-
rat Krüß, der mit Direktor Kunert, Professor Degering, Ober-
bibliotheksrat Dr. Julius Schuster und vielen anderen Mitgliedern
der Staatsbibliothek gekommen war, den ehemaligen General-
direktor der Staatsbibliothek Geheimrat Milkau, den Leiter des
Speyer-Hauses in Frankfurt a. M., Geheimrat Dr. Kolle, ferner
Persönlichkeiten aus den Kreisen der Wissenschaft, Kunst, der
Berliner Gesellschaft, die Freunde Professor Darmstaedters, wie
Direktor Franz Krojanker, die Herren Bamberg, Mann u. a.

Musik leitete die Feier in der Kapelle ein, wo der Sarg unter
einer Fülle von Kränzen stand. Pfarrer Nithack-Stahn
schilderte den Aufstieg des unvergeßlichen Gelehrten, Forschers,
Kunst- und Menschenfreundes. Ludwig Darmstaedter, sagte er,
liebte es einst, die höchsten Gipfel der Berge zu erklimmen, aus
dem tiefen, faustischen Drang heraus, sich in die Natur einzufühlen
und in das Erkennen ihrer Geheimnisse. Und seine Lebensarbeit,
das Sammeln der Handschriften, hatte das große Ziel, die Hand-
schrift lebendig werden und sie einwirken zu lassen auf Wissen-
schaft und Allgemeinheit. Und immer sah er sein Höchstes darin,
der Allgemeinheit zu dienen, die Handschriften sowie die Kunst,
die er sammelte, der Gesamtheit des Volkes dienstbar zu machen,
ein nobile officium, wie es leider heute nicht oft erfüllt wird.

Der Generaldirektor der preußischen Staatsbibliothek, G e -
heimrat Krüß, sprach sodann von der rastlosen jahrelangen
Arbeit Professor Darmstaedters, der der Staatsbibliothek nicht
nur seine großartige Dokumentensammlung geschenkt hat, sondern
an ihrem Ausbau stetig weiterwirkte, obgleich er nur Direktor im
Ehrenamte war. Mit der Geschichte der Staatsbibliothek, sagte
Generaldirektor Krüß, wird der Name Darmstaedters für immer
verbunden sein. Und Krüß sprach auch für den Freundeskreis des
Hauses Darmstaedter Worte tiefsten Dankes aus.

Geheimrat Dr. K o 11 e , der Leiter des Speyer-Hauses, ver-
herrlichte das Wirken Darmstaedters um die Frankfurter wissen-
schaftlichen Institute. Dadurch, daß Professor Darmstaedter mit
den Grund für die Schaffung des Speyer-Hauses gelegt habe, sei
einst seinem Freunde Paul Ehrlich die Vollendung seiner für die

Menschheit so s'egensreichen Tat. ermqglicht worden. Und nacli
Kolle, der zu den intimsten Freunden des Verstorbenen zählte,
sagte Geheimrat Kipp im Auftrag der Universität Frankfurt am
Main den Dank der Universität. für. die große Förderung, die ihr
Professor Darmstaedter angedeihen ließ.

Dem Sarge folgten die Kinder des Verstorbenen, Frau Marta
B o 11 e r t, die Frau des Justizrats B o 11 e r t, Universitäts-
Professor Dr. Georg " D a r m s t a e d t e r (Göttingen) und Dr.
Fritz Darmstlaed, ter-Helversen (BerlinJ mit ihren
Frauen. Und an die Familie. schloß sich . der Freundeskreis des
Hauses, der den Namen Darmstaedters immer in Ehren halten wird.

Florentiner Meister um 1410, wahrscheinlich Masolino
Dezember-Auktion bei Rud. Bangel, Frankfurt a. M.

Kunßbtßot?tfd)cs Inftitut fiovem*

Das Kunsthistorische Institut hat am 15. Oktober in einer
feierlichen Sitzung vor geladenen Gästen seine neuen Räume an
der Piazza S. Spirito eröffnet und der Benützung freigegeben. Es
ist'nach der provisorischen Aufsteliung der Kriegs- und Nachkriegs-
zeit in den Uffizien wieder in sein altes Ouartier, den vornehmen
Palazzo Guadagni zurückgekehrt, dessen zweites Stockwerk es
schon in den Jahren 1912—15 innegehabt hatte.

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