Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen
— 9./10.1927/28
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https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0206
DOI Heft:
1./2. Januarheft
DOI Artikel:Wilm, Hubert: Über das Restaurieren alter Holzskulpturen
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0206
Fett eingelassen, gewachst worden, oder, was häufig
vorkommt, mit einer Lösung von braunem Schellack
überzogen worden, so wird es sich in den meisten
Fällen empfehlen, das Bildwerk mit geeigneten Putz-
mitteln, dünner Lauge oder einer Sodalösung zu reini-
gen, um dem Holz den fatalen Glanz zu nehmen. Das
Lindenholz erhält seine helle, mattgelbe oder mattgraue
Färbung dadurch wieder und die Modellieruug der
Skulptur wird durch die lebhafteren Schattenwirkungen
auf dcm beller gewordenen Holz fast immer gewinnen.
Die nach der Reinigung noch vorhandenen Flecken auf
man am besten an den alten Chorgestühlen sehen kann,
mit zunehmendem Alter und durch die häufige Berüh-
rung der menschlichen Hand, einen tiefdunklen, starken
Glanz, der häufig der schönen Patina alter Bronzen
gleicht. Hicr kommt es natürlich nicht in Frage, den
Glanz durch Entfettungsmittel zu entfernen, man sollte
im Gegenteil stets den bronzeartigen Charakter des
alten Eichenholzes zu erhalten trachten.
Stark vom Holzwurm zerfressene Stellen, die
Gefahr laufen, abzubröckeln, sichert man durch Ein-
spritzen oder durch Tränken mit heißem Leimwasser.
Abb. 3. Inntaler Meister, um 1500, Thronende Muttergottes (Detailaufnahme vom Sockel)
München, Sammlung des Verfassers — Lindenholz, abgelaugt
der Holzoberfläche können, wenn sie störend wirken,
durcli leichtes Uebertönen gcmildert werden. Dies
bleibt dem Gesclnnack des Restaurators anheimgestellt.
Im allgemeineti ist es jedoch zu empfehlen, solche Kunst-
griffe zu unterlassen und das Holz in seinem natürlichen
Zustande zur Schau zu stellen. Es kommt auch vor,
daß ein ungefaßtes oder abgelaugtes Bildwerk aus Lin-
denholz in der natürlichen Holzfarbe hart und unschön
wirkt. In diesem Falle behilft rnan siclt damit, daß man
das Holz mit leicliter Nußbaumbeize etwas einfärbt und
dann mit reinem weißen Bienenwachs einläßt, so daß
der matte und angenehme Schimmer alter Patina künst-
lich wieder hcrgestellt wird.
Die ungefaßten Bildwerke aus Eichenholz haben
einen ganz anderen Charakter als die aus Lindenholz
geschnitzten Figüren. Das Eichenholz bekommt, was
Zur Bekämpfung des Holzwurms in den Skulpturen hat
die chemische Industrie alle möglichen Präparate, die
in die Wurmlöcher eingespritzt werden, auf den Markt
gebracht. Ein altes, fast immer wirksames Mittel gegen
den Holzwurm ist das Tränken der gefährdeten Stellen
mit Petroleum.
Viel schwieriger als bei den ungefaßten Bildwerken
ist es naturgemäß bei den gefaßtenBildwerken,
den originalen Bestand an Farbe und Form einwandfrei
festzustellen. Das erfordert eine sorgfältige Unter-
suchung. Gotische Bildwerke, die in Form und Bema-
lung unberührt auf uns gekominen sind, gibt es nicht
allzuhäufig. Immerhin kann man sich angesichts der
öffentlich zugänglichen Altarwerke mit originaler
Fassung einen Begriff von der Schönheit gotischer
Illuminierungskunst bilden, Es sei hier vor allem auf
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vorkommt, mit einer Lösung von braunem Schellack
überzogen worden, so wird es sich in den meisten
Fällen empfehlen, das Bildwerk mit geeigneten Putz-
mitteln, dünner Lauge oder einer Sodalösung zu reini-
gen, um dem Holz den fatalen Glanz zu nehmen. Das
Lindenholz erhält seine helle, mattgelbe oder mattgraue
Färbung dadurch wieder und die Modellieruug der
Skulptur wird durch die lebhafteren Schattenwirkungen
auf dcm beller gewordenen Holz fast immer gewinnen.
Die nach der Reinigung noch vorhandenen Flecken auf
man am besten an den alten Chorgestühlen sehen kann,
mit zunehmendem Alter und durch die häufige Berüh-
rung der menschlichen Hand, einen tiefdunklen, starken
Glanz, der häufig der schönen Patina alter Bronzen
gleicht. Hicr kommt es natürlich nicht in Frage, den
Glanz durch Entfettungsmittel zu entfernen, man sollte
im Gegenteil stets den bronzeartigen Charakter des
alten Eichenholzes zu erhalten trachten.
Stark vom Holzwurm zerfressene Stellen, die
Gefahr laufen, abzubröckeln, sichert man durch Ein-
spritzen oder durch Tränken mit heißem Leimwasser.
Abb. 3. Inntaler Meister, um 1500, Thronende Muttergottes (Detailaufnahme vom Sockel)
München, Sammlung des Verfassers — Lindenholz, abgelaugt
der Holzoberfläche können, wenn sie störend wirken,
durcli leichtes Uebertönen gcmildert werden. Dies
bleibt dem Gesclnnack des Restaurators anheimgestellt.
Im allgemeineti ist es jedoch zu empfehlen, solche Kunst-
griffe zu unterlassen und das Holz in seinem natürlichen
Zustande zur Schau zu stellen. Es kommt auch vor,
daß ein ungefaßtes oder abgelaugtes Bildwerk aus Lin-
denholz in der natürlichen Holzfarbe hart und unschön
wirkt. In diesem Falle behilft rnan siclt damit, daß man
das Holz mit leicliter Nußbaumbeize etwas einfärbt und
dann mit reinem weißen Bienenwachs einläßt, so daß
der matte und angenehme Schimmer alter Patina künst-
lich wieder hcrgestellt wird.
Die ungefaßten Bildwerke aus Eichenholz haben
einen ganz anderen Charakter als die aus Lindenholz
geschnitzten Figüren. Das Eichenholz bekommt, was
Zur Bekämpfung des Holzwurms in den Skulpturen hat
die chemische Industrie alle möglichen Präparate, die
in die Wurmlöcher eingespritzt werden, auf den Markt
gebracht. Ein altes, fast immer wirksames Mittel gegen
den Holzwurm ist das Tränken der gefährdeten Stellen
mit Petroleum.
Viel schwieriger als bei den ungefaßten Bildwerken
ist es naturgemäß bei den gefaßtenBildwerken,
den originalen Bestand an Farbe und Form einwandfrei
festzustellen. Das erfordert eine sorgfältige Unter-
suchung. Gotische Bildwerke, die in Form und Bema-
lung unberührt auf uns gekominen sind, gibt es nicht
allzuhäufig. Immerhin kann man sich angesichts der
öffentlich zugänglichen Altarwerke mit originaler
Fassung einen Begriff von der Schönheit gotischer
Illuminierungskunst bilden, Es sei hier vor allem auf
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