man sie gar zü oft im Kunsthandel antrifft. Von neuerer Malerei
seien erwähnt: ein Porträt des jugendlichen Clemenceau Von Manet,
zwei Bildnisse von Degas und zwei Skizzen von Ingres.
Das aufsehenerregendste Ereignis des Jahres war zweifellos
der Skandal von G 1 o z e 1. Es ist wirklich merkwürdig, wie sich
Leute, die von prähistorischer Archäologie keine Ahnung haben,
an dieser heiklen Affäre mit Leib und Seele beteiligen. Nachdem
die unzweideutige Erklärung der internationalen Kommission in
dem Funde von Glozel eine Fälschung erkannt hat, gaben sich die
„Glozelianer“ mit Salomon Reinach an der Spitze, damit nicht zu-
frieden und versuchten nun die Kompetenz der von ihnen zuerst
anerkannten Kommission zu diskreditieren. Der Streit artete
schließlich in Verleumdungsprozessen, Schlägereien in den Hörsälen
der Sorbonne und in öffentliche Beschimpfungen bekannter Gelehr-
ten aus. Die Tageszeitung „Matin“ schickte einen Reporter, der
auf eigene Faust Grabungen betrieb und „feststellte“, daß sich im
Boden von Glozel tatsächlich „prähistorisch“ aussehende Steinfrag-
mente befinden. Das große Publikum wartet nun mit Ungeduld auf
den Ausgang des Verleumdungsprozesses, der die wissenschaftliche
Lösung der Frage ersetzen soll. Daß aber inzwischen die Autori-
tät der beteiligten Wissenschaftler durch ihren eigenen Leichtsinn
in Scherben gegangen ist, merken die betreffenden Herren vorläufig
noch nicht.
J. Zarnowski.
Aus Amet’ikas Kunftleberu
Aus New York wird uns geschrieben:
Kipling ist augenblicklich in den Vereinigten Staaten Trumpf.
Bei der Versteigerung der bisher Hauptmann Martindell gehörigen
Erstausgaben einiger Kipling-Bücher wurden in den A m e r i c a n
Art Gallerien zu New York sehr hohe Preise erzielt. Der
erste Band der „Letters o fMarque“, 1891 erschienen, ging bis auf
10 900 Dollar. Kipling ließ dieses Werk zurückziehen und der obige
Band ist einer der vier, die diesem Schicksal entronnen sind. „Kim“
im Korrekturband wurde für 3000 Dollar angekauft, eine Erstaus-
gabe von „Plain Tales of the Hills“ mit Inschrift des Verfassers
stieg auf 5000 Dollar, und für das allererste Werk des beriihmten
Autors „Schoolboy Lyries“, das damals zuerst privatim in fünfzig
Stiick erscliien, 3300 Dollar.
Nach Amerika verkauft wurde durch die Londoner Firma
Lewis und Simmons das Gemälde des Sir Joshua Reynolds
„Richard Barwell und Sohn“.
Die American Art Galleries zu New York haben durch ihren
Vorsitzenden Corlandt Field Bishop die Anderson Galle-
r i e e n in derselben Stadt ankaufen lassen, um so ein Auktions-
zentrum zu bilden, das sich dem Range nach auf eine ähnliche Stufe
mit den Christies in London und dem Hotel Drout in Paris stellen
kann. Bis zum Frühjahr sollen die beiden Institute ihre Geschäfte
noch unabhängig voneinander abwickeln, um dann vereinigt zu
werden.
Eine Ausstellung zeitgenössischer britischer
Kunst soll, als erste einer ganzen Reihe diescr Art, im Juni in
Buenos Aires eröffnet werden. Sir Joseph D u v e e e n gab
die erste Anregung, die dann von einem sehr einflußreichen Aus-
schuß, mit Sir Martin C o n w a y als Vorsitzenden, aufgegriffen
worden ist. Der britische Botschafter in Argentinien steht in
Buenos Aires der Ausstellung vor, die Werke von Orpen, Epstein,
John, Brockhurst, Stokes, Schwabe, Fry, Dick, Connard und Collins
Baker umfassen wird. Sir Joseph Duveen ist der Ansicht, daß die
moderne britische SchuJe z. Zt. „in der Welt unerreicht“ dasteht.
Lotidonec Kunfffcbau.
Unser Londoner Kunstreferent schreibt uns:
In London wird im Frühjahr eine der interessantesten
Ausstellungen stattfinden, die man hier jemals gehabt hat. Der
Verband der britischen Antiquitätenhändler,
der etwa 600 Firmen von Ruf umschließt, veranstaltet eine Schau
der besten Stücke aus den Kunstbeständen seiner Mitglieder. Unter
den Kunsthändlern sind viele selbst anerkannte Sammler, die auch
aus ihrem Privatbesitz die schönsten Stücke, allerdings unverkäuf-
lich, zur Schau stellen wollen. Ende April soll diese sehr dankens-
werte Ausstellung eröffnet werden. Sie wird, wie ich erfahre,
bis in die Zeit dauern, um die bei C h r i s t i e s die große Auktion
der erstrangigen alten Niederländer der Holford
Cellection vor sich gehen wird. Diese Versteigerung wird für Ende
Mai vorbereitet, dürfte aber, wie es heißt, erst im Juni vorgenom-
men werden.
*
Aus der H o 1 f o r d - Sammlung, über die wir seinerzeit be-
richtet haben, kamen bei S o t h e b y s an 4 Tagen Bücher und Hand-
schriften zur Versteigerung. Als Auftakt kam kurz vor Beginn ein
Telephonauftrag des Dr. Rosenbach aus Philadelphia an seinen
G. J. Kern, Dünen. 1927
Ausstellung im Suermondt-Museum, Aachen
Loudoner Vertreter Rham durch, gewisse Werke anzukaufen, da-
runter Dantes Göttliche Komödie, im Jahre 1481 zu Florenz ge-
druckt, mit dem vollen Satz von 19 Stichen des Baccio Baldini
nach Botticellischen Entwürfen. Das sicherte sich aber Quaritch
mit 3950 Pf. Dagegen erwarb Rosenbach Columnas „Hypnero-
tomachia Poliphili“, von Aldus zu Venedig 1499 gedruckt, mit 170
Holzschnitten für 3000 Pf. Eisemann erwarb Choderlos de Laclos
„Liaisons Dangereuses“, London 1796, auf Vellin mit acht Sepia-
Zeichnungen (Originale) von Le Barbier, für 1100 Pf. Maggs
kaufte Dorats Werke, 1764—1780, (1520 Pf.). Aeschlimann aus
Mailand erstand eine 1780 in Madrid erschienene Ausgabe des Don
Quichote für 140 Pf. Eisemann zahlte 250 Pf. für Dantes „Amoroso
Convivo“ vom Jahre 1531, Quaritch G. Fossatis „Recueil de Diver-
ses Fables“ vom Jahre 1744 (590 Pf.), Wilmerding J. Guers „Türki-
sche Sitten“ vom Jahre 1746—47, in zwei Bänden (340 Pf.), Maggs
Du Bellays Memoiren vom Jahre 1572 mit den Wappen des
Ludwig I. von Bourbon (200 Pf.). Später gab Bissomes 320 Pf.
für eine Papierausgabe von Rabelais Werke in drei Quartbänden,
Amsterdam 1741, mit 122 ganzseitigen Federzeichnungen, manche
mit Gold umrändert. Eisemann zahlte im Verlaufe der Versteige-
254
seien erwähnt: ein Porträt des jugendlichen Clemenceau Von Manet,
zwei Bildnisse von Degas und zwei Skizzen von Ingres.
Das aufsehenerregendste Ereignis des Jahres war zweifellos
der Skandal von G 1 o z e 1. Es ist wirklich merkwürdig, wie sich
Leute, die von prähistorischer Archäologie keine Ahnung haben,
an dieser heiklen Affäre mit Leib und Seele beteiligen. Nachdem
die unzweideutige Erklärung der internationalen Kommission in
dem Funde von Glozel eine Fälschung erkannt hat, gaben sich die
„Glozelianer“ mit Salomon Reinach an der Spitze, damit nicht zu-
frieden und versuchten nun die Kompetenz der von ihnen zuerst
anerkannten Kommission zu diskreditieren. Der Streit artete
schließlich in Verleumdungsprozessen, Schlägereien in den Hörsälen
der Sorbonne und in öffentliche Beschimpfungen bekannter Gelehr-
ten aus. Die Tageszeitung „Matin“ schickte einen Reporter, der
auf eigene Faust Grabungen betrieb und „feststellte“, daß sich im
Boden von Glozel tatsächlich „prähistorisch“ aussehende Steinfrag-
mente befinden. Das große Publikum wartet nun mit Ungeduld auf
den Ausgang des Verleumdungsprozesses, der die wissenschaftliche
Lösung der Frage ersetzen soll. Daß aber inzwischen die Autori-
tät der beteiligten Wissenschaftler durch ihren eigenen Leichtsinn
in Scherben gegangen ist, merken die betreffenden Herren vorläufig
noch nicht.
J. Zarnowski.
Aus Amet’ikas Kunftleberu
Aus New York wird uns geschrieben:
Kipling ist augenblicklich in den Vereinigten Staaten Trumpf.
Bei der Versteigerung der bisher Hauptmann Martindell gehörigen
Erstausgaben einiger Kipling-Bücher wurden in den A m e r i c a n
Art Gallerien zu New York sehr hohe Preise erzielt. Der
erste Band der „Letters o fMarque“, 1891 erschienen, ging bis auf
10 900 Dollar. Kipling ließ dieses Werk zurückziehen und der obige
Band ist einer der vier, die diesem Schicksal entronnen sind. „Kim“
im Korrekturband wurde für 3000 Dollar angekauft, eine Erstaus-
gabe von „Plain Tales of the Hills“ mit Inschrift des Verfassers
stieg auf 5000 Dollar, und für das allererste Werk des beriihmten
Autors „Schoolboy Lyries“, das damals zuerst privatim in fünfzig
Stiick erscliien, 3300 Dollar.
Nach Amerika verkauft wurde durch die Londoner Firma
Lewis und Simmons das Gemälde des Sir Joshua Reynolds
„Richard Barwell und Sohn“.
Die American Art Galleries zu New York haben durch ihren
Vorsitzenden Corlandt Field Bishop die Anderson Galle-
r i e e n in derselben Stadt ankaufen lassen, um so ein Auktions-
zentrum zu bilden, das sich dem Range nach auf eine ähnliche Stufe
mit den Christies in London und dem Hotel Drout in Paris stellen
kann. Bis zum Frühjahr sollen die beiden Institute ihre Geschäfte
noch unabhängig voneinander abwickeln, um dann vereinigt zu
werden.
Eine Ausstellung zeitgenössischer britischer
Kunst soll, als erste einer ganzen Reihe diescr Art, im Juni in
Buenos Aires eröffnet werden. Sir Joseph D u v e e e n gab
die erste Anregung, die dann von einem sehr einflußreichen Aus-
schuß, mit Sir Martin C o n w a y als Vorsitzenden, aufgegriffen
worden ist. Der britische Botschafter in Argentinien steht in
Buenos Aires der Ausstellung vor, die Werke von Orpen, Epstein,
John, Brockhurst, Stokes, Schwabe, Fry, Dick, Connard und Collins
Baker umfassen wird. Sir Joseph Duveen ist der Ansicht, daß die
moderne britische SchuJe z. Zt. „in der Welt unerreicht“ dasteht.
Lotidonec Kunfffcbau.
Unser Londoner Kunstreferent schreibt uns:
In London wird im Frühjahr eine der interessantesten
Ausstellungen stattfinden, die man hier jemals gehabt hat. Der
Verband der britischen Antiquitätenhändler,
der etwa 600 Firmen von Ruf umschließt, veranstaltet eine Schau
der besten Stücke aus den Kunstbeständen seiner Mitglieder. Unter
den Kunsthändlern sind viele selbst anerkannte Sammler, die auch
aus ihrem Privatbesitz die schönsten Stücke, allerdings unverkäuf-
lich, zur Schau stellen wollen. Ende April soll diese sehr dankens-
werte Ausstellung eröffnet werden. Sie wird, wie ich erfahre,
bis in die Zeit dauern, um die bei C h r i s t i e s die große Auktion
der erstrangigen alten Niederländer der Holford
Cellection vor sich gehen wird. Diese Versteigerung wird für Ende
Mai vorbereitet, dürfte aber, wie es heißt, erst im Juni vorgenom-
men werden.
*
Aus der H o 1 f o r d - Sammlung, über die wir seinerzeit be-
richtet haben, kamen bei S o t h e b y s an 4 Tagen Bücher und Hand-
schriften zur Versteigerung. Als Auftakt kam kurz vor Beginn ein
Telephonauftrag des Dr. Rosenbach aus Philadelphia an seinen
G. J. Kern, Dünen. 1927
Ausstellung im Suermondt-Museum, Aachen
Loudoner Vertreter Rham durch, gewisse Werke anzukaufen, da-
runter Dantes Göttliche Komödie, im Jahre 1481 zu Florenz ge-
druckt, mit dem vollen Satz von 19 Stichen des Baccio Baldini
nach Botticellischen Entwürfen. Das sicherte sich aber Quaritch
mit 3950 Pf. Dagegen erwarb Rosenbach Columnas „Hypnero-
tomachia Poliphili“, von Aldus zu Venedig 1499 gedruckt, mit 170
Holzschnitten für 3000 Pf. Eisemann erwarb Choderlos de Laclos
„Liaisons Dangereuses“, London 1796, auf Vellin mit acht Sepia-
Zeichnungen (Originale) von Le Barbier, für 1100 Pf. Maggs
kaufte Dorats Werke, 1764—1780, (1520 Pf.). Aeschlimann aus
Mailand erstand eine 1780 in Madrid erschienene Ausgabe des Don
Quichote für 140 Pf. Eisemann zahlte 250 Pf. für Dantes „Amoroso
Convivo“ vom Jahre 1531, Quaritch G. Fossatis „Recueil de Diver-
ses Fables“ vom Jahre 1744 (590 Pf.), Wilmerding J. Guers „Türki-
sche Sitten“ vom Jahre 1746—47, in zwei Bänden (340 Pf.), Maggs
Du Bellays Memoiren vom Jahre 1572 mit den Wappen des
Ludwig I. von Bourbon (200 Pf.). Später gab Bissomes 320 Pf.
für eine Papierausgabe von Rabelais Werke in drei Quartbänden,
Amsterdam 1741, mit 122 ganzseitigen Federzeichnungen, manche
mit Gold umrändert. Eisemann zahlte im Verlaufe der Versteige-
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