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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 9./​10.1927/​28

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1./2. Märzheft
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Bode, Wilhelm von: Ein neuaufgefundenes Bildnis von Anton van Dyck aus der Zeit seines Aufenthalts in Genua
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https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0292

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und dcn langen schlanken Fingern zeigen noch den
Schüler von Rubens, aber hier sind nicht mehr die
kühlen blaugrünen Tönc in dein Schatten mit den war-
men Tönen der Lichter fast unvertriebcn neben-
einandergestellt, sondern sie sind in fettcm Farben-
auftrag sauber verschmoizen.

Als A. van Dyck nach Italien kam — das Jahr
seiner Ankunft hier ist leider noch ebenso wenig genau
bcstimmt wie das Jahr seiner Abreise — war Cara-
vaggio längst tot; er kann also direkt nicht von ihm
beeinflul.it worden sein. Waren es Werke seiner

A. van Dyck, Bildnis des Raphael Racius
Genua, um 1625

Kollektion Joseph Widener, Lynnewood Hall

Schüler und Nachfolger, unter denen gerade viele
Nordländer diesen Einfluß besonders stark in sich auf-
nahmen? Oder haben Werkc des Caravaggio, die
van Dyck in Italien kennen lernte, den jungen Künstler
so stark angeregt? Die Kirchen von Rom, wie die
gerade den nordischen Künstlern leicht zugänglichen
Sammlungen einiger hoher Kirchenfürsten cnthielten ja
die meisten und die Hau])twerke Caravaggios. Auch in
Palermo und anderen Städten Siziliens, wo mehrere
bedeutende Werke des Künstlers sicli befanden, kann
van Dyck Beziehung zur Kunst des Lombardcn
bekommen haben. Docli kam er erst 1624 nach

Palermo, während wir annehmen diirfen, daß van Dyck
schon bald nach seinem Eintritt in Italien von seinem
Gönner Kardinal Guido Bentivoglio, der ihn als
Gesandter in Brüssel zweifellos kcnnen gelernt hatte,
zu einem ersten längeren Besuch in Rom veranlaßt
worden ist.

Wie über den Zeitpunkt der Ankunft in Italien
und der der Rückreise nach der Heimat, so ist uns auch
über die Reiseroute des jungen Vlamen in Italien sehr
wenig mehr bekannt, als daß er seinen längsten Aufent-
halt in Genua nahm und 1624 in Palermo war. Die Fest-

A. van Dyck, Offizier in Rüstung. Genua, um 1625
Aus der Galerie Norbert Fischmann, München, an die Galerie
John Levy, Ncw York verkauft

stellung der dargestellten Persönlichkeiten, ihr Alter,
ihr Wohnsitz, ihre J'rachten und ähnliche Hilfsmittel
geben uns bis jetzt fast allein den doch recht schwachen
Anhalt für die Orte, in denen A. van Dyck während
seines Aufenthaltes in Italien längere Zeit tätig gewesen
und die Einflüsse, die der stark empfängliche junge
Künstler dabei in sicli aufgenommen hat. Das neu-
aufgefundene Offiziersporträt der Levy-C.allery hat
neben seinem hohen künstlerischen Reiz auch das
kunsthistorische Interesse, uns bei dem Studium der
Entwicklung des jungen Vlamen wieder einen Schritt
vorwärts zu bringen.

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