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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 9./​10.1927/​28

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1./2. Juliheft
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Struck, Hermann: Die Sammlung Adolph Lewisohn in New York
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https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0501

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Sie gewährt einen vorzüglichen Ue'berbiick ü'ber die
französische Malerei von Delacroix und Daumlier bis zu
Matisse und Picasso, und es ist immerhin interessant
zu erwähnen, daß, wie mir gesagt wurde, Lewisohn
diese Sammlung vor dreißig Jahren mit einer Landschaft
von M o n e t begriindete.

Von Delacroix finden wir außer einem Hnt-
wurf zu dem Martyrium des Heiligen Sulpioius sechs
herrliche Oelskizzen zu historischen Kompositioneii.

Von Daumier sind hier zwei Oelbilder kleinen
Formates: „L’attende ä la Gare“, und ein wunderbares
kleines Meisterwerk „Le's buveurs“, mit außerordentlich
starken Gegensätzen von Hell und Dunkel, überaus ein-
facher und zusammengeraffter Formengebung und von
unvergleichlicher seelischer Tiefe.

Ein schönes Blumenstück von M o n t i c e 11 i, ein
interessantes Männerporträt und eine sehr feine Land-
schaft von Corot leiten zu einem bcmerkenswerten
Selbstporträt von C o u r b e t über, da:s den Meister
im Profil darstellt.

M i 11 e t ist mit der Zeichnung eines Holzfällers
vertreten, die dadurch besonderes lnteresse verdient,
daß van Gogh eine Oelskizze nach ihr gemalt hat.

Von M a n e t finden wir den lebensgroßen „Bett-
ler“, der früher in der Sammlung Rothermundt war.
Das kraftvoile und meisterhaft gemalte Bild ist in grauen
und braunen Tönen aufgebaut, in denen die blauen
Hosen des alten Mannes als stärkste Farbe wirken.

In der Nähe hängt Manets „Seifenbläser“. Auch
dieses Werk ist eine Harmonie von dunklegrauen und
heligelblichgrauen Tönen, in denen Kopf und Hände far-

Edouard Manet, Frauenbitdnis

Degas, Porträt Finot

big leuchten. Die Schatten in diesem prachtvollen Bilde,
das 1868 entstand, sind noch recht schwärzlich.

Als eines von Manets größten Meisterwerken er-
scheint mir sein bescbeidenes Frauenporträt, das von
einem Zauber olinegleichen ist. Es ist ein Brustbild,
anscheinend mit Pastell begonnen, und dann leicht mit
dünnen Oelfarben angewischt. Der Charmc der Weib-
lichkeit im Ausdruck der Augen und des Mundes, der
wirklich wie eine Frucht wirkt, die sammetene Weich-
heit der Haut sind nicht zu beschreiben, und der
Beschauer steht wirklich wie vor einer Zauberei. Die-
ses Werk, vielleicht in zwei Stunden entstanden, offen-
bart die unvergäng'liche Meisterschaft eines ganz
Großen.

Von M o n e t ein sonniger Sommertag an der
Seine, eine entzückende Landschaft aus Giverny, eine
farbig selir schöne und starke Darstellung des Palazzo
Contarini in Venedig, und endlich eine Waterloo-bridge
in sonnigem Nebel mit feinstem Gefühl der zarten Nuan-
cen gemalt.

Ein sehr interessantes Gemälde in Pastell und
Gouache ist Pissaros „Geflügelmarkt“ von 1882.
das Gewühl der Menschenmassen eindrucksvo'll dar-
stellend. Von demselben Meister aus seiner späteren
Zeit ein Blick anf den Bonlevard des Italiens in Morgen-
sonne, den Verkehr der Menschen, der Omnibusse, der
Droschken zeigend, alles atmosphärisch aufgelöst.

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