Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 9./​10.1927/​28

DOI Heft:
1./2. Augustheft
DOI Artikel:
Gosebruch, Ernst: Kunst und Technik: zur Ausstellung im Museum Folkwang der Stadt Essen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.26239#0548

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Klemm und Reusingi, begabt und geschmackvoll, schei-
nen nicht dcn Hhrgciz zu haben, bei ihren Bildnissen
über die Achnlichkeit der Dargestellten hinauszugehen;
aber vielleicht liegt es auch an den Wünschen der Be-
steller, daß die Tonart dieser Bilder nicht höher, nicht
geistiger genommen wird. Es ist wirklich sehr zu be-
dauern, daß das Ruhrkoh'lengebiet, das in unserer
gleichmachenden Zeit nocli Charakterköpfe wie Emil
Kirdorf hervorgebracht hat, keinen Bildnismialer, den
rnan als Päir der großen Wirtschaftsfiihrer ansprechen
könnte, gefunden hat.

Dic Plastik hat fiir die Aussteilung „Kunst und
Technik“ nicht viel hergegeben. August Borsigs
Marmorbiiste von der Meisterhand Rauchs war sclion
genannt. Die Tradition des Eiauses, nur dem Besten
sich zu gewähren, fiilirt Albert Borsigs Bildnis, von
Adolpli Hildebrand mode'lliert, schlicht und nobel weiter.
Von plastischen Darstellungen unserer Tage wäre zu
erwähnen Lederers Kolossalbüsten von Alfred und
Friedrieh Alfred Krupp, Walter Rathenau von Huf,
Gerieraldirektor Fahrenhorst von Fiori.

Die sehr umfangreiche Ausstellung, unter deren
1500 Nummern sich kostbare Leihgaben der Museen in

Max Liebermann Qeheimrat Duisberg

findet sich nicht oline Glück der Münchener Hermann
Groeber ab, der uns in die Vorstandssitzungen des
Michelkonzerns und der 1. G. führt. Aber seine friscli-
draufgängerisch gemalten Bilder bleiben im Momenta-
nen stecken, es fehlt ihnen die Durchbildung. Vergeisti-
gung der einzelnen Köpfe, die allein die Dargestellten.
mächtige Wirtschaftsführer von internationalem An-
sehen, glaubhaft machen könnte. Einer Begabung 'wie
Slevogt wäre ein Auftrag diescr Art zu wünschen.
Seine Kunst, dic, wie sei-ne Bilder d’Andrades als Don
Juan zeigen, däs Flüchtigste und Bewegteste dennoch
in Ruhe und Würde zu geben weiß, könnte liier dcm
impressionismus, der im allgemeinen vor dem Gruppen-
bild versagt hat, eine Ehrenrettung werden. Aber viel-
leicht wird auch die neuc Sachlichkeit aus den Grund-
begriffen rnoderner Wirtschaft, Zusammenfassung, Be-
grenzung, die stahlharte Strenge gew-innen, die dem
Chronisten der großcn Konzerne gebührt. Lco Sam-
berger, den die Ausstellung als den vielleiclit belieb-
testen Mäler der industriellen Kreise ausweist, neigt zu
selir zur Pointe, zu scharfen Akzenten. Aber sein Biid-
nis des greisen August Thyssen ist doch voller Vcr-
geistigung, eins der eindrucksvollsten Stücke der ganzen
Schau, in das aus dem Jenseits ein silbernes Licht hin-
einzuspielen sclieint. Klcmm, Reusing und Walter
Petersen sind die bevorzugten Porträtisten der
rheinisch-westfäliischen Großindustrie, der letztere in
dem Bildnis des Geheimrat Bayer ganz große Forrn.

Eduard Munch, Bildnis Walter Rathenaus

522
 
Annotationen