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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 1
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Haeseler, Rudolf: Die historische Entwicklung der im Seekriege gebräuchlichen Waffen bis 1870, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0015

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Die historische Entwicklung
der im Seekriege gebräuchlichen Waffen bis 1870
Von Korvettenkapitän z. D. von Haeseler.

twicklung der im See-
kriege gebräuchlichen
Waffen ist so eng
mit der Seekriegsge-
schichte verknüpft,
dass ihre Darstellung
nur mit dieser Hand
in Hand gehen kann. |
Die tausendjäh- j
rige* 2) englische See-
kriegsgeschichte ist
hierfür besonders instruktiv. Sie soll für die fol-
genden Ausführungen deshalb als Richtschnur
dienen.
Im frühen Mittelalter war eine dem Landes-
herrn gehörige Flotte ebenso unbekannt, wie ein
stehendes Heer. In England waren in Kriegszeiten
gewisse Seestädte, die sogenannten Cinque Ports,
verpflichtet, dem Könige eine Anzahl Schiffe zu
Kriegszwecken auf eine bestimmte Zeit zu stellen,
so z. B. im Jahre 1299 57 Schiffe auf 15 Tage.
Nun reichten diese 15 Tage kaum jemals aus,
um kriegerische Unternehmüngen durchzuführen;
daher wurden die Schiffe der Cinque Ports wieder-
holt und sogar in der Regel lange über diese Zeit
hinaus für den Dienst in Anspruch genommen, je-
doch vom 16. Tage an aus den Königlichen Kassen
bezahlt.
Auch genügten 57 Schiffe selten, um den Be-
darf zu decken, Richard Löwenherz nahm zum
dritten Kreuzzuge im Jahre 1190 einhundertzehn
Schiffe, Heinrich II. auf seinem Zuge gegen Irland
1171 vierhundert grosse Schiffe mit.
In den Fällen, in welchen das von den Cinque
Ports zu stellende Kontingent voraussichtlich nicht
genügen würde, war es üblich, sämtliche Schiffe

0 Litteratur: The Royal Navy, A History by Wrti
Laird Clowes, London 1897 ff. — Wilson, Ironchads in
action. Naval warfare 1855—95.
2) 897 rüstete König Alfred eine Flotte zur Verteidigung
gegen die Dänen aus.

des Landes an dem Auslaufen zu verhindern, bis
diejenigen, welche für den beabsichtigten Zweck
erforderlich waren, seitens der Krone requiriert
werden konnten.
So kam es, dass, wenn auch die von den Cin-
que Ports zu stellenden Schiffe hin und wieder
kriegsmässig ausgerüstet waren, in der Regel die
Mehrzahl der Schiffe der englichen Flotte aus ge-
wöhnlichen Kauffahrern bestand.
Es mag befremdlich erscheinen, dass im Kriegs-
dienst vollkommen ungeübte Schiffsbesatzungen ohne
weiteres zu einer Flottenbemannung vereinigt werden
konnten. Wenn man jedoch bedenkt, dass im gan-
zen Mittelalter der Seeraub in den europäischen
Gewässern noch blühte, dass jedes Schiff, welches
den heimatlichen Hafen verliess, eines feindlichen
Überfalles in Friedens- sowohl als auch in Kriegs-
zeiten täglich und stündlich gewärtig sein musste;
dass es dem damaligen Kriegsgebrauch entsprach,
die Besatzung genommener Schiffe kurzer Hand
über Bord zu werfen und zu ertränken, kann man
annehmen, dass die Besatzungen von Handels-
schiffen jener Zeit kriegserfahrene Leute, waren. —
Ehe wir auf die Bewaffnung im einzelnen näher
eingehen, wird es von Nutzen sein, folgende Be-
trachtungen als Grundlage zu gewinnen:
Aus der Berechnung der Kosten eines Geschwa-
ders aus dem Jahre 1276 ist zu ersehen, dass die
Matrosen und Galeerepruderer gleichen Sold er-
hielten und für ihre Bewaffnung selber zu sorgen
hatten.
Die Schiffe der englischen Flotten waren bis
zur allgemeinen Einführung von Kanonen Galee-
ren und hochbordige für den Handel gebaute Segel-
schiffe, welche als Hilfsbewegungsmittel auch eine
Anzahl Riemen (Ruder) führten. Die Galeeren
(Fig. 1) bildeten nur verhältnismässig kurze Zeit einen
wesentlichen Bestandteil der englischen Flotten.
Richard Löwenherz führte deren bei seiner Fahrt
nach dem heiligen Lande viele mit sich. Es ist
wahrscheinlich, dass die im Mittelmeer gemachten
 
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