Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

DOI Heft:
Heft 4
DOI Artikel:
Litteratur
DOI Artikel:
Vereins Nachrichten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0128

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
I 12

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.

der Neuordnung aufgeklärt werden, beiden dieselbe Geschichte
der Rüstkammer, die unseren Lesern in dem ersten Teil des
Potierschen Aufsatzes in etwas erweiterter Form schon be-
kannt geworden ist. Ich brauche mich bei diesen Einleitungen
also nicht aufzuhalten, sondern wende mich alsbald dem ei-
gentlichen Text und zunächst dem des Führers zu.
Ihn zeichnet ein gesundes Verständnis für die Fragen
aus, auf welche die Menge der Besucher einer Waffensamm-
lung zunächst Antwort heischt. Um diesem Verlangen zu 'ge-
nügen, hat Potier zahlreiche Erklärungen über den Gebrauch
der Waffen und über besondere technische Eigentümlichkeiten
den Beschreibungen angefügt. Es ist das durchaus nicht
leicht, denn nirgends ist Vorsicht mehr am Platze als in po-
pulär gehaltenen Schriften. Nur das Gesicherte darf gegeben
werden, keine Vermutungen. In allen Punkten kann ich frei-
lich nicht mit dem Verfasser übereinstimmen. So scheint mir
die Herkunft des Zweihänders aus der Schweiz sich nicht be-
weisen zu lassen, ja, die Fechtweise der Schweizer spricht ge-
radezu dagegen, dass hier diese Waffe entstanden ist, und
meines Wissens sind auch die in den Schweizer Sammlungen
aufbewahrten Zweihänder alle fremden Ursprungs. Den Reiss-
spiess erklärt Potier in Übereinstimmung mit den meisten
Waffenhistorikern als Waffe des Reisigen, des Berittenen.
Ob sich diese Deutung auf die Dauer halten lassen wird,
scheint mir fraglich. Vielleicht wird vielmehr W. H. Doer
mit seiner Vermutung recht behalten, dass wir im Reissspies
die Waffe des Reissläufers zu erblicken haben. Die Erklärung
der Paternosterklinge als eine Art Ersatz für den Rosen-
kranz nennt der Verfasser mit Recht einen frommen Glauben,
denn, wenn es der Fall wäre, so dürfte man doch wohl er-
warten, dass die Anzahl der ausgeschliffenen Stellen sich mit
der der Perlen des Rosenkranzes decken würde, was nach
meiner Beobachtung bisher an keinem Stücke zutraf. Viel-
leicht wäre es deshalb angebracht, einen terminus technicus,
der vorläufig noch ganz rätselhaft ist, fallen zu lassen, wenig-
stens in solch allgemeineren Schriften, und dafür eine der
technischen Eigentümlichkeit entsprechende Umschreibung zu
wählen. Nicht anders ist es mit den Giftzügen. Gar zu
leicht liegt hier die Gefahr vor, durch dieses Wort zu roman-
tischen Phantasien verführt zu werden, vor denen die Waffen-
kunde sich zu hüten alle Ursache hat. Die Durchbrechungen
hatten doch, wie auch die Ausschleifungen der Pasternoster-
klinge, keinen anderen Zweck als den, die Klinge zu erleich- j
lern, und so hätte wohl Potier bei der Beschreibung des
prunkvollen Bidenhandcrs die Kunstausdrücke Paternoster-
klinge und Giftzüge besser vermieden, um keine verworrenen
Vorstellungen wachzurufen. Solche kleine Ausstellungen sollen
den Wert des Geleisteten natürlich nicht herabsetzen; hier,
wo ich zu Fachgenossen spreche, konnte ich sie aber nicht j
unterdrücken. Die Beigabe von Abbildungen wichtiger Stücke
und von Marken ist mit Dank anzuerkennen. Überflüssig
waren hingegen die vom Magistrat hinzugefügten „Erklärungen“
einiger fremdsprachlicher und Kunstausdrücke, da dem auf-
merksamen Benutzer des Führers in den Worten des Textes
eine völlig genügende Erklärung geboten wird.
Die Beschreibungen im Inventar sind mit Recht weit
ausführlicher gehalten als die im Führer. Hier lag dem Ver-
fasser die Pflicht ob, den Stoff für den Gebrauch der Wissen-
schaft zuzurichten. Die Einleitung folgt deshalb auch nicht
der Anordnung in der Rüstkammer, sondern baut sich auf
einem festen System auf. Man kann dabei in Zweifel darüber
sein, ob das von Boeheim seinem Handbuch zu Grunde gelegte
ohne weiteres zu übernehmen war. Dem Entwicklungsgang
des Waffenwesens entspräche es wohl besser, mit den Trutz-
waffen zu beginnen. Im Vergleich dazu scheint mir die nach
dem Vorgang Thierbachs getroffene, musterhaft klare Ein-
teilung der Handfeuerwaffen den Vorzug zu verdienen. Sie

sind der Bedeutung entsprechend, welche sie in der Rüst-
kammer haben, mit besonderer Vorliebe behandelt worden,
und wer z. B. über die frühere Gewehrfabrikation in Suhl
sich unterrichten will, wird hier reichen Stoff in guter Sichtung
zusammengetragen finden. Zahlreiche kritische Anmerkungen
führen über den Rahmen des Inventars hinaus zum Catalogue
raisonne. Da aber dieser Weg einmal betreten wurde, so
vermisst man um so mehr bei den undatierten Stücken einen
Versuch der zeitlichen Bestimmung, wie man denn auch ge-
wiss für einen Hinweis auf das Ursprungsland oder den Ur-
sprungsort, soweit sie nicht aus der Geschichte einer Waffe
oder ihrer Markierung sich von selbst ergeben, dankbar ge-
wesen wäre. Sorgfältige Namensverzeichnisse und die gleichen
Abbildungen, die dem Führer beigegeben sind, erhöhen den
Wert des Buches, von dem ich nicht ohne den Wunsch
scheide, dass es den Weg in die Bibliothek jedes Waffen-
freundes finden möge, Koetschau.


Der Verein betrauert den Tod seines Mitgliedes, des
Herrn Louis Bron-Dupin, Conservateur au Musee des Ar-
ni ures in Genf.
Neu dem Verein als Mitglied beigetreten sind:
Beneke, Leutnant im 7. Königl. sächs. Inf.-Reg. Nr. .106,
kommandiert zum Fcstungsgefängnis, Dresden - N.,
Festungsgefängnis.
Bosnisch-Hercegovinisches Landesmuseum in Sara-
jevo.
Fink, Hans, akad. Maler u. Leutnant in d. R., Salzburg,
Schwarzstrasse 24.
Hupp, Otto, Kunstmaler, Schleissheim.
Nagele, k. u. k. Leutnant im 11. Regiment, Smichow bei
Prag.
Röder, Ernst, Artillerie-Oberleutnant a. D., Nürnberg, Hall-
platz 33.
Schräder, Bürgermeister, Schafstedt bei Halle.
Wegeli, Dr. phil., Assistent am schweizerischen Landes-
museum, Zürich.
Bedauerlicherweise ist im vorigen Hefte eine „Berichti-
gung“ gebracht worden, die sich nun als Irrtum erweist. Unser
Münchner Mitglied heisst Graf von Rambaldi, wie das Mit-
gliederverzeichnis richtig besagt, nicht von Ramboldi.
Oberleutnant Schumann ist' Hauptmann geworden und
wohnt wieder in Zwickau i. S.
Oberstleutnant z. D. von Grünenwald wohnt jetzt:
Dresden-N., Glacisstrasse 3.
Dr. Sigismund Reiner wohnt jetzt: Budapest IV
Waitznergasse 25.
Oberleutnant Richter wohnt jetzt: Düsseldorf, Garten-
strasse 15.
Die Rechnung des Herrn Schatzmeisters auf
die Zeit vom 1. Juli 1902 bis 1. Juli 1903 ist von den Herrn
Rechnungsführern als richtig anerkannt worden.

I Ierausgegeben vom Verein für historische Waffenkunde.

Verantwortlicher Schriftleiter: Dr. Karl Koetschau, Dresden.

Druck von August Pries in Leipzig.
 
Annotationen