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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 6
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Forrer, Robert: Ein Kanonenrohr des Schweizerregiments v. Salis von 1676
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0173

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6. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

157

Ein Kanonenrohr des Schweizerregiments v. Salis von 1676.
Von Dr. Robert Forrer.


n der Gemeinde Bühl, Gross-
herzogtum Baden, befanden sich
„seit Menschengedenken" zwei
grosse eiserne Kanonenrohre.
Sie waren im Spritzenhause der
Gemeinde untergebracht und
dienten gelegentlich zur Lösung
von „Freudenschüssen", bis einst-
mals eines der Rohre zersprang
und seither diese gefährlichen
Vergnügungen eingestellt wurden. Das in Stücke
zersprungene Rohr wurde als altes Eisen verkauft,
das andere wanderte ins Spritzenhaus zurück und
fristete da ein zurückgezogenes Leben, bis es anno
1903 eines schönen Tages nach einigen Kaufver-
handlungen mit der Gemeinde seinen Weg nach
Strassburg nahm und in meiner Sammlung alter
Kanonenrohre seinen Platz fand.
Das Rohr, 1,90 m lang und für eine Kugel
von 6 cm Durchmesser bestimmt, besteht aus Guss-
eisen und zeigt die in Fig. 1 skizzierte Gestalt.
Die Vorderpartie des Laufes ist sehr elegant, die
Mündung durch aufgegosseneReifenbündel auf 17 cm
verstärkt und mit einem Schriftband mit der Jahr-
zahl 1676 geziert. Zu der 13V2 bis 17 cm Durch-
messer haltenden Vorderpartie gesellt sich eine un-
gemein schwere Hinterpartie, deren grösster Durch-
messer 27 cm beträgt. Die beiden Schildzapfen
(von 6 cm) sind erhalten, der hintere Abschluss in
Form einer Traube, eines Zapfens oder einer Kugel
fehlt dagegen. Über den Schildzapfen sitzen zwei
mit dem Stücke gegossene Delphinhenkel; hinter
diesen ist vor dem sehr kleinen, nur V2 cm starken
Zündloch ein Wappen angebracht, welches in Ver-
bindung mit der Jahreszahl die Identifikation des
Stückes erlaubt hat.
Das Jahr 1676 fällt in die Zeit des 1672 er-
öffneten Krieges Ludwigs XIV mit Deutschland,
speziell der Anwesenheit französischer Truppen in
Baden und in der Pfalz. Es ist die Zeit, da Tu-
renne anno 1673 wiederholt die Kaiserlichen schlug,
die Pfalz eroberte und verwüstete, 1674 und 1675
bei Mülhausen i. E. und bei Türkheim i. E. siegte
und bei Sasbach unfern Bühl, eben dem Fundort
dieser Kanone, anno 1675 am 25. Juli durch eine
feindliche Kanonenkugel sein Leben Hess. — Unsere
Kanone wurde gerade ungefähr ein Jahr nach dem
Tode Turennes gegossen. Es ist das Jahr der
Eroberung der Festung Philippsburg durch den
Reichsfeldmarschall Friedrich II. von Baden-Dur-
lach. Erst anno 1678 Avurde dieser Krieg durch

den Frieden von Nimwegen beendet. Es kann also
keinem Zweifel begegnen, dass das vorlie-
gende Rohr "gegossen wurde speziell
für den Zweck des Krieges Frankreichs
gegen Baden, mitten in der Zeit, da
gerade unweit des Fundplatzes dieses
Rohres der Kampf hin und her tobte.
Es bliebe nun die Frage, für welche Seite der
Guss erfolgt ist. Nach den Traditionen der Orts-
einwohner sollte das Wappen das einer dem Orte
Bühl benachbarten Burg sein. Aber das Wappen
fand sich Aveder in badischen noch in elsässischen
Wappenbüchern. Pis zeigt einen mit Palmen um-

riffln
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Fig. 1. Das Rohr von oben und von der Seite.
gebenen Wappenschild, dessen Zeichnung auf der
rechten Hälfte mit Absicht ausgemeisselt erscheint,
während die linke Hälfte in ihrer oberen Partie einen
Baum zeigt, in der unteren Hälfte mehrmals senk-
recht gespalten ist (Fig. 2). Über dem Schilde ist
eine anscheinend von Löwen oder
Pferden flankierte Krone und dar-
über ein H. angebracht, während
ein oder zwei rechts von diesem H.
einst angebrachte Buchstaben ab-
sichtlich ausgehämmert worden sind.
Das Wappen der linken Schildhälfte
findet sich nun in der 1854 er-
schienenen „Wappentafel der löb-
lichen Bürgerschaft der Stadt Zü-
rich" aufgeführt als das der Familie
von Salis (grüner, entwurzelter Baum auf gelbem
Grunde, darunter 6 fach rot-weiss gespaltener Schild).
Damit kommt Licht in die Sache, denn es ist be-
kannt, dass die Schweizer Herren von Salis in Fran-
kreich ScliAveizerregimenter befehligten und dass
sogar ein „Regiment de Salis" bestand. Herr Dr.
Lehmann vom schAveizerischen Landesmuseum er-
klärt mir hierzu brieflich, dass es sich offenbar
um Rudolph von Salis handeln müsse, der
Hauptmann der ■ SchAveizergarde und
seit 1672 Oberst des Regimentes war,
das seinen Namen, Regiment de Salis,

Fig. 2.
Das Wappen
derer von Salis.
 
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