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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0060

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46

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.


Zur Entwicklung des Bajonetts. (Ein Nachtrag.)
In der Ivönigl. Gewehrgalerie zu Dresden befindet sich
ein Gewehr mit eigentümlicher Befestigung des Hirsch-
fängers am Laufe. Als Nachtrag zu dem Aufsatze Über die
Entwicklung des Bajonetts (vgl. Bd. II. S. 423) sei diese Be-
fcstigungsart hier beschrieben. Es schliesst sich dieselbe der
mittels zweier Ringe im Griffe an, nur dass hier der vordere
Ring sich in der Parierstange befindet, der hintere da-
gegen in einer seitlichen Verlängerung des Griffknopfes.
Die letztere Ringöffnung ist durch eine nach dem Griffe
zu federnde Platte bedeckt, der vordere Ring enthält
das Muttergewinde für die Schraubengänge an der Mündung
des Laufs, so dass, wenn der Hirschfänger aufgepflanzt
wird, die Mündung in den vorderen Ring eingeschraubt
werden muss. Die Schraubengänge an der Mündung

i die Pfanne des Steinscblosses fällt. Das Schloss trägt
die Bezeichnung B. Paris , jedenfalls das Zeichen des
Verfertigers Brion in Paris, von dem mehrere Gewehre
ähnlicher Einrichtung aus gleicher Zeit' in der Gewehr-
galerie vorhanden sind. Die Erfindung des La Chau-
mette ‘wurde vom Marschall v. Sachsen in seinen cRc-
veries» 1732 besonders empfohlen; es wurde auch in
Frankreich infolge seines Einflusses ein Regiment Dra-
goner damit bewaffnet. Das vorliegende Gewehr ist aber
keine Soldatenwaffe, schon seiner zierlichen und leichten
Bauart wegen (der reich verzierte Griff ist sogar mit
Schildkrot belegt), doch lässt die Nummer 21 des Hirsch-
fängers darauf schliessen, dass das Gewehr entweder für
die Jägerei oder für eine Hoftruppe bestimmt war.
M. Thierbach.

Das Haus der Nigroli da Missaglia in Mailand.
Aus dem Corriere della Sera, Milano, 2. Feb. 1903 ent-
nehmen wir, dass das alte Halis der berühmten Plattner-
familie Nigroli da Missaglia auf der Via spaderi (Schwert-
fegergasse) zu Ende des Jahres 1901 abgebrochen worden
ist. Es verschwand als ein Opfer moderner Spekulanten,
welche das Haus sowie den umliegenden Häuserkomplex
käuflich erworben hatten, um nach deren Abbruch das


Hirschfänger in der Kgl. Gewehrgalerie zu Dresden.

sind auf der oberen Hälfte (das Gewehr im Anschläge
gedacht) weggefeilt, um das Zielen ohne Hirschfänger
nicht zu stören. Die aufgepflanzte Waffe ist mit der
Schneide nach unten gerichtet, ein kleines Korn auf dem
Ringe dient dann zum Zielen. Die Klinge ist zwei-
schneidig, auf der einen flachen Seite ist der Branden-
burger Adler mit dem Hohenzollern-Brustschilde und der
Nummer 21 geätzt, auf der entgegengesetzten Seite die
Buchstaben M. Z. B. (Markgraf zu Brandenburg).
Nach dem Inventar ist das Gewehr im Jahre 1736
aus der Württembergischen Sammlung erkauft. Es ist
dasselbe ein Hinterladegewehr nach dem System La
Chaumette, bei \Velchem eine senkrechte, dem Laufkaliber
entsprechende Verschlussschraube mit steilem, vierfach
übersetzten Gewinde unmittelbar vor der Schwanzschraube
durch beide Laufwände geführt ist. Auf dem unteren
Ende der Verschlussschraube ist der Abzugsbügel als
Plebel angesetzt. Dreht man diesen Bügel von links über
vorn nach rechts, so senkt sich die Schraube, bis sich
ihre obere Fläche mit der unteren der Laufbohrung ver-
gleicht. Durch die so entstandene Öffnung wird — bei
etwas gesenkter Mündung — die Kugel eingeführt, welche
bis an das Ende der wenig erweiterten Kammer rollt,
worauf die Pulverladung durch dieselbe Öffnung folgt.
Mit dem Zurückdrehen des Bügelhebels hebt sich die
Verschlussschraube, die Ladeöffnung verschliessend, wo-
bei das überschüssige Pulver als Zündkraut seitlich auf

Terrain neu zu bebauen, bezw. eine neue Strasse hin-
durchzulegen. Die Bemühungen einer Anzahl ange-
sehener Bürger, denen noch Pietät für die Geschichte
der Stadt und des Landes innewohnte, das historisch
wertvolle Haus zu erhalten, blieben leider erfolglos und
so fielen denn unter Pickel und Hacke die Räume, in
denen das Geschlecht der Nigroli länger denn zwei
Jahrhunderte gewohnt hatte, es fielen die Werkstätten, in
denen die formschönen gotischen Harnische von blankem
Stahl oder die kostbaren getriebenen, geätzten, ciselierten
und vergoldeten Prunkharnische, Plelme und Schilde
unter den Händen der Meister Antonio, Tomaso, Filippo,
Giacomo, Francesco und Giovanni Paolo entstanden
waren, es fiel die Säule, deren Kapitäl das Monogramm
der Missaglia zeigte, das Wendelin Boeheim zuerst auf
die Spur der frühesten Arbeiten dieser Plattner führte
und es fiel schliesslich auch das alte Madonnenbild auf
einer Wand des inneren Hofes, vor welchem die Meister,
ihre Frauen und Kinder ihre Andacht verrichtet hatten.
Bei diesem Marienbilde versammelten sich einen Tag
vor Beginn des Abbruches der. Gebäude diejenigen
achtungswerten Männer, welche die grössten Anstren-
gungen gemacht hatten, um das für die Geschichte der
Waftenschmiedekunst so überaus wertvolle Denkmal vor
der Zerstörung zu bewahren. Sie waren erschienen, um
der Stätte künstlerischen Schaffens vergangener Jahr-
hunderte, die nun für immer verschwinden sollte, bewegten
 
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