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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 9
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Fachnotizen
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Vereins Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0288

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Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.

272

Apparaten immer sehr vorsichtig aufzunehmen, dann aber
finde ich weder Zeit noch Ort, wo die besagte Gewehr-
kammer war.
Um das Jahr 1550 überreichte der vorgenannte
Nürnberger Mechaniker Hans Lobsinger dem Ma-
gistrat ein Verzeichnis der von ihm angefertigten Kunst-
werke; gedruckt wurde es nicht, nur Doppelmayr gibt
in seinen Historischen Nachrichten von Nürnberger
Mathematikern und Künstler (Nürnberg 1730, Anm. XX)
Nachricht davon. Dieser Lobsinger soll gemäss einer
Nachricht in der Kleinen Chronik Nürnbergs, 1790, S. 68
die Windbüchse um 1560 erfunden haben. Da hier Zeit,
Ort und Person genau angegeben werden, so kann man
dieser Angabe vor allen anderen die grössere Wahr-
scheinlichkeit geben.
Prinz Robert von der Pfalz, geboren 1619, der als
Erfinder der Windbüchse genannt wird, kann ebensowenig
als solcher anerkannt werden, wie ein gewisser Douson.
Dass diesen die Ehre zukomme, will eine Schrift be-
haupten, die 1704 in Hamburg unter dem Titel „Curieuse
Nachrichten von Erfindern und Erfindungen“4) von Paul
Jacob Marperger im 3. Bande von „Der geöffnete
Ritter-Platz“ erschien.
Wieder einen anderen Erfinder nennt Fabricius 1752
in seiner „Allgemeinen Historie der Gelehrsamkeit“.5)
Dieser zweifelhafte Erfinder soll ein Deutscher namens
Paul Weber sein.
Die Franzosen0) nennen einen Bürger aus Lisieux
in der Normandie, namens Marin, der für König Hein-
rich IV., (1589—1610) eine Windbüchse angefertigt habe.
Die Niederländer haben den Amsterdamer Mecha-
niker Barth. Ko es, um 1660 lebend, als Erfinder der
Windbüchse aufgestellt.7)
Im Jahre 1607 beschreibt Bartolomeo Crescentio
in seinem Werke „Nautica mediterranen“ (Rom 1607)
die Windbüchse.s)
Otto von Guericke, der durch seine Versuche
über den luftleeren Raum berühmte Magdeburger Bürger-
meister, konstruierte die sogenannte Magdeburger Wind-
büchse, die sich nach seinem berühmten Werke in Ost-
wald’s Klassikern9) wiedergegeben findet.
Denis Pap in, der Erfinder der Dampfmaschine,
beschreibt 1686 eine Windbüchse in den Philosophical
Transactions.10) Diese und eine bessere Konstruktion
von ihm aus dem Jahre 1674 findet man reproduziert
bei Gerland u. Traumüller, Geschichte der physikali-
schen Experimentierkunst, Leipzig 1899.41)
Nürnberger Künstler fertigten „Windkanonen“, aus
denen man 4pfündige Kugeln 400 Schritte weit durch
ein 2 zölliges Brett schiessen konnte.12)
4) Seite 162.
5) Band I, S. 226.
ß) M. Mersenne, phaenomena pneumatica, prop. 32; in
Cogitata phys.-math., Paris 1644.
7) Zedlers Universal-Lexikon, Bd. IV, unter „Büchse“.
8) Vghv.Romocki, Geschichte der Explosivstoffe, 1,372,1.
°) Band 59, S. 82—83.
lu) Band XV, Nr. 179, S. 21.
41) Seite 205, 206.
12) Gehler, Physikal. Wörterbuch IV., S. 769—70.

Plerausgegeben vom Verein für historische Waffenkunde.
Druck von Augi

Weitere Verbesserungen oder, besser gesagt, Ände-
rungen an Windbüchsen durch Lieberkühn,13) Mat-
they,11) Gropp10) und Mayer16) werden beschrieben
in: Busch, Handbuch der Erfindungen, 4. Aufk, Bd. XII,
1822, S. 374.
Das wären die Angaben, die ich als Technologe den
Waffenkundigen hier bieten kann. Meines Erachtens
muss man der Entstehung eines einigermassen brauch-
baren Luftgewehres eine längere Zeit einräumen. Man
kann sie nicht ohne weitere Beweise einem Einzelnen
zuschieben, auch nicht einmal dem Hans Lob sing er.
Man könnte sich sonst auch den Alexandriner K t e s i b i o s1')
mit einem geschulterten Gewehr vorstellen, denn auch
er wird als Erfinder der Windbüchse genannt, aus der
man Steine schleudern konnte.18)
Ich hoffe, dass die hier beigebrachten Daten Ver-
anlassung geben, dass man an dieser Stelle einmal die
ältesten bekannten Daten über vorhandene Luftgewehre
veröffentlicht, um daraus die Zeit festzustellen, wann sie
als handliche Waffen anzusetzen sind.

13) Jacobson, Technolog. Wörterbuch IV, S. 618.
14) Memoires de l’academie Paris 1757, S. 405.
15) Reichs-Anzeiger 1793, S. 60, Nr. 8.
lß) Ebenda 1796, S. 252, Nr. 25,
17) Zwischen 250 und 125 v. Chr. lebend; oft von Vitruv
(De architectura) als Mechaniker genannt.
1S) Nach der Überlieferung des Philon von Byzanz;
vgl. Bibliotheca Mathematica, Leipzig 1901, S. 382—83.


Berichtigung.
In dem Referat über die Hauptversammlung des Vereins
in Zürich ist ein bedauerliches Versehen vorgekommen. Bei
Besprechung des äusseren Verlaufes der Versammlung, Bd. III,
Heft 8, S. 240 muss es heissen: „Am 1. Juli hatte Herr
Major Dr. A. Tob ler, Professor am ei eigen. Poly-
technikum in Zürich, dem Verein einen Dampfer zur
Fahrt nach Rapperswyl zur Verfügung gestellt.“
Denjenigen Mitgliedern, welche an der Seefahrt teilgenommen
und das liebenswürdige Entgegenkommen des Herrn Major
Tob ler in dankbarer Erinnerung bewahrt haben, ist die
Namensverwechslung, wie aus mehreren Zuschriften hervor-
geht, zwar sofort aufgefallen; für die Abwesenden aber möge an
dieser Stelle eine Berichtigung erfolgen. M. v. Ehrenthal.
Dem Verein neu beigetreten sind:
v. Bakhmeteff, Georg, Russisch-diplomatischer Agent in
Bulgarien, Kaiserl. russischer Kammerherr und Wirkl.
. Staatsrat, Excellenz, Sophia.
Etlin, Eduard, Dr. med., Arzt in Sarnen, Kanton Unterwalden.
v. Hortstein, Otto, Foca, Bosnien.
Pochon, Adolf, Goldschmied, Bern.
Robinson, Sir Charles, C. B., F. S. A. Newton ManoiiSwanage.
Forstassessor Uhlmann ist von Dresden nach Marien-
berg i. S. versetzt worden.

Verantwortlicher Schriftleiter: Dr. Karl Koetschau, Dresden.
Pries in Leipzig.
 
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