Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

DOI Heft:
Heft 3
DOI Artikel:
Haeseler, Rudolf: Die historische Entwicklung der im Seekriege gebräuchlichen Waffen bis 1870, [3]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0089

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
3- Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

73

Die historische Entwicklung
der im Seekriege gebräuchlichen Waffen bis 1870.

Von Korvettenkapitän z. D. von Haeseler.
(2. Fortsetzung.)

ort Camion scheint
vicht die Bezeichnung
dir ein Geschütz von
bestimmtem Kaliber,
sondern für das
grösste in der Flotte
gebräuchliche Ge-
schütz gewesen zu
sein, das aber ist der
Gveiu nd vierzigpfii 11-
:1er, der an die Stelle
des schwer zu handhabenden Sechzigpfünders
trat.')
Es ■ wurde 1677 der Anfang gemacht, Schiffe
nach der Zahl ihrer Geschütze zu klassifizieren.
Schiffe erster Klasse hatten ioo, solche zweiter
Klasse 90 und Schiffe dritter Klasse 70 Kanonen.
Die Besatzungsstärke wurde je nach der Schiffs-
klasse und der Grösse der Kanonen, wie nach-
stehend, festgesetzt. Es wurden eingeschifft
für jeden 42 Pfänder 8 Mann
„ ' „ 32 „ 6 „
» 18 „ 5
>t >; t 2 ,, 4 ))
,, ,, Sakei 3 11
,, ,, 3 Pftinder 2 ,,
Ausser diesen Mannschaften erhielten Schiffe erster
bis dritter Klasse 296—150 weitere Leute. In die-
sen Zahlen waren alle Offiziere, Seesoldaten u. a.
eingeschlossen.
In der Schlacht bei Bantry Bay 1689 wurde
auf einem Brander ein neuartiges Geschütz ge-
braucht, welches deshalb Erwähnung verdient,
weil damit zum ersten Male Sprcngkugeln gefeuert
wurden. Man nannte das Geschütz Cushee
piece. Die Waffe scheint sich aber keiner Be-
liebtheit erfreut zu haben, denn sie wird nicht wie-
der genannt. 1660 werden Mörser auf besonders
dazu gebaute kleine Schiffe montiert; solche Mör-
serschiffe (Bomb Ket ch) waren bis zum An-
fang des neunzehnten Jahrhunderts allgemein im
Gebrauch. Der Mörser diente zur ßeschiessung
fester Plätze. In der Seeschlacht war er wertlos
und daher erhielten die Mörserschiffe kleinere Ka-
fi Vom Ende des siebzehnten Jahrhunderts an werden
Geschütze nur noch nach dem Gewichte der aus ihnen ge-
feuerten eisernen Vollkugeln benannt; diese Benennungsweise
ist bis nach Einführung der gezogenen Geschütze üblich ge-
blieben.

nonen zu ihrer eigenen Verteidigung. Mörserfahr-
zeüge wurden zum letztenmal 1862 vom Admiral
Farragut zur Vorbereitung der Forcierung der Mis-
sissippieinfahrt benutzt. Der von ihnen angerich-
tete Schaden war unbedeutend, wenn man nicht
annehmen will, dass das mittelmässige Schiessen
der Verteidiger der Forts am 23. April auf ihre
vielfach gestörte Nachtruhe zurückzuführen ist.
Während der Seekriege zwischen England und
Holland im siebzehnten Jahrhundert entstand all-
mählich die taktische Formation, welche die
Schlachtlinie genannt wurde. Aus dieser wurden
nach und nach alle Schiffe entfernt, welche weni-
ger als zwei gedeckte Batterien hatten. Diejenigen
aber, welche nunmehr in der Schlachtlinie kämpfen
durften, wurden Linienschiffe genannt.
Schiffe mit nur einer gedeckten Batterie und
Kanonen auf Oberdeck hiessen Fregatten.
Korvetten und B r i g g s waren drei- und
zweimastige Schiffe, welche nur auf Oberdeck Ge-
schütze führten. Diese Einteilung der Schiffsarten
blieb bis zur Einführung der Panzerschiffe be-
stehen.
Linienschiffe führten in zwei bis drei gedeckten
Batterien 50—100 Geschütze. Im Anfänge des
neunzehnten Jahrhunderts hatten die Spanier ein-
zelne Vierdecker bis zu 130 Kanonen. Fregatten
führten 21 bis 50 Kanonen, kleinere Schiffe hatten
bis zu 20 leichte Geschütze.
In der ersten Hälfte des achtzehnten Jahrhun-
derts wurden wiederholt Vorschriften erlassen,
welche den Zweck hatten, die Grösse der Schiffe,
ihrer Inventarienstücke, die Stärke der Besatzung
u. a. nach der Kanonenzahl zu bestimmen; so z. B.
sollte ein Schiff von 100 Kanonen im Jahre 1745
einen Buganker von 81 Ctr. Gewicht und eine
Raumtiefe von 21,5 Fuss haben. Da aber diese Vor-
schriften dazu führen mussten, jeden Fortschritt in
der Entwickelung des Schiffbaues zu hemmen, so
wurden diese Versuche zur Herstellung einer Gleich-
mässigkeit 1755 aufgegeben, um später, im neun-
zehnten Jahrhundert, wieder aufgenommen zu wer-
den. Nach den Vorschriften von 1745 sollte jedes
Hundertkanonenschiff an Handwaffen haben: 200
Musketen mit Bajonett und Zubehör, 500 Paar Pi-
stolen, 50 Enterbeile und 200 Handgranaten.
Wann FI a ndgranaten zuerst eingeführt
wurden, ist schwer zu bestimmen. Ein einziger
Fall ist bekannt, in welchem eine Handgranate eine


1 o
 
Annotationen