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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 10
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Fachnotizen
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Litteratur
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0318

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Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.

302

als seinen Erzeuger und als Jahr des Gusses 1615. Unter
dem in China erbeuteten Kriegsgeräte ist ein broncener
Vierundzwanzigpfünder deshalb interessant, weil derselbe,
offenbar holländischer Herkunft, beweist, dass schon vor
fast 300 Jahren die europäischen Handelskompagnien
Ostasien mit Waffen versorgten. Das Rohr weist neben
dem hier abgebildeten Monogramm die Inschrift
ANNO 1624 HENRICVS WEGEWAERT
ME FECIT ENGHVSA
auf. Über diesen Giesser war es mir leider nicht möglich,
etwas in Erfahrung zu bringen. Ich will nur bemerken,
dass sich im Berliner Zeughaus ebenfalls ein in Peking
eroberter Vierundzwanzigpfünder befindet, welcher mit
EVERHARDVS SPLINTER ME FECIT
ENHVSAE 1628
bezeichnet ist.2)
In dem Archäologischen Museum der Stadt
Villach in Kärnten ist deutlich das Streben erkennbar,
trotz beschränkter Mittel das Möglichste zu leisten. Freilich
will sich manches, wie die beiden Rundschilde, zwei Kunst-
stücke dekorativer Art, nicht recht in den Rahmen einer
ernsten Bildungsstätte einfügen, wie auch in der i\uf-
stellung der Objekte eine reinlichere Scheidung zwischen
Orient und Occident wünschenswert wäre; auch bei der
Bezeichnung der Waffen stösst der Fachmann mitunter
auf recht auffallende Blüten des Händlerjargons.
Unter den etwa fünfzig Helmbarten, welche das
Museum besitzt, erregt eine reich geätzte Helmbarte mit
dem Khevenhüllerschen Wappen und der Jahreszahl 1575,
Rüstungsstücke der Villacher Bürgergarde, darunter die
Trommelschlägel mit ihrem originellen Messingbeschlag,
ein Revolvergewehr mit schönem Damastlauf, eine eben-
solche Klinge persischen Charakters, eine von einem
Christof Khevenhüller 1532 erbeutete türkische Fahnen-
stange, ein Fähnlein mit der Inschrift: Brigata Valtellina 65
Reggimento di fanteria unsere Aufmerksamkeit.
Im Möllthale in Kärnten, dort, wo die Mallnitz in
kühnem Sprung aus enger Klause hervorbricht, erhebt
sich das Schloss Groppen stein, welches auch eine kleine
Rüstkammer birgt, die, soweit es das in derselben
herrschende Zwielicht erkennen liess, unter für den prak-
tischen Kriegsgebrauch in den Fäusten derber Knechte
berechnetem Gewaffen auch einen anscheinend recht
guten Eisenhut und mehrere ganz kleine Geschütze um-
fasst, die man ja in österreichischen Edelsitzen verhältnis-
mässig häufig antrifft. Sie dienten dazu, um den in der
Regel mangelhaft bewaffneten türkischen Streifscharen
mit einigen Schüssen Schrecken einzujagen und diese
sengenden und brennenden Rotten über die Wehrkraft
des Schlosses zu täuschen. Dr. Poti er.
Falsche Miniatur-Kanonen. Alte Kanonen-
modelle sind, weil ebenso dekorativ wie lehrreich, ein
vielbeliebtes Sammlungsobjekt. Privatsammler haben
zumeist für „Kanonen in Naturgrösse“ keinen Platz
und lieben es daher, die Originale durch alte
Modelle vertreten zu sehen. Diese Nachfrage hat alte
Kanonenmodelle im Werte wesentlich gesteigert. Jetzt
hat als Folge dieser Wertsteigerung die damit fast unaus-
bleiblich verbundene Fälschung sich auch dieser alten

Modelle bemächtigt. Traf man früher nur gelegentlich
eine alte Modelllafette mit ergänztem Rohr oder ein altes
Rohr mit ergänzter Lafette, so hat das sich jetzt geändert.
Allein im letzten Monat bin ich drei Modellkanonen be-
gegnet, welche zwar alt scheinen sollten und dementspre-
chend verrostet, beschmutzt und patiniert waren, aber von
A bis Z „nigelnagelneu“, ganz ersichtlich lediglich in der
Absicht zu fälschen und zu täuschen, hergestellt waren.
Die Läufe sind alten nachgegossen; zwei sind in Bronze,
einer in Eisen. Die Lafetten sind aus Holz, teils ge-
beizt, teils bemalt, immer beschmutzt, künstlich patiniert
und mit ebenso behandeltem, verziertem, aber gleichfalls
neuem Eisenwerk beschlagen. Die Nachahmung ist nicht
ungeschickt. Es ist also wohl nicht ganz unnütz, wenn
ich die Kollegen vom Verein für historische Waffenkunde
vor dieser neuen Truquage warne. Dr. R. Forrer.


Bashford Dean, catalogue of the loan collection of japa-
nese armor. New York, the metropolitan museum of art,
hand book Nr. 14.
Kein Volk des Orients rief das erschreckte Erstaunen
j des Abendlandes jemals in dem Masse wach, wie dasjenige
des Landes der Kirschenblüte. Vor kaum fünf Jahrzehnten
von denselben Völkern des kaukasischen Stammes, die jetzt
; eine „Gelbe Gefahr“ wittern, durch Waffengewalt gezwungen,
! in den internationalen Wettbewerb mit ihnen einzutreten, war
der Japaner bei den Europäern in die Lehre gegangen und
hatte deren Kultur und Heerwesen sorgsam studiert. Und der
Schüler machte dem Meister alle Ehre: Unter des Lehrlings
Meisterstreichen stöhnt und ächzt dieser, und die Krieger,
deren mittelalterlich gerüstete Grossväter vor den drohenden
Breitseiten des englisch-amerikanischen Geschwaders sich dem
fremden Willen widerstrebend fügen mussten, nötigen, dank
ihrer allermodernsten Heereseinrichtungen, einen der mäch-
tigsten Militärst'aaten der Welt zu unerhörten Anstrengungen.
Während es so wie ein gewaltiger Oststurm verheerend
aus dem Lande der aufgehenden Sonne zu uns herüberfegt,
jeder Tag eine neue Überraschung bringt, der moderne Ja-
paner die neuesten Kriegsmittel verständnisvoll anwendet, er-
scheint ein Rückblick auf das Kriegskleid des japanischen Rit-
ters der Feudalzeit, wie es noch vor nicht ganz zwei Menschen-
altern allgemein gebräuchlich war, doppelt lehrreich.
Unser verehrtes Vereinsmitglied, Herr Dr. Dean, ermög-
licht uns nun einen solchen in einem yi Grossoktavseiten
starken Schriftchen, welches zahlreiche, gut ausgeführte
Bilder schmücken. Der Verfasser desselben giebt einleitend
einen knappen Überblick über die einschlägige Litteratur,
welche nur einem ganz kleinen Kreise von Waffenfreunden
bekannt sein und zur Verfügung stehen dürfte. Darauf be-
spricht er die einzelnen Teile des japanischen Kriegskleides
unter Beifügung der nationalen Benennungen derselben. Als
Massstab zur Festlegung des Typischen des japanischen Har-
nisches dienen dem Autor vier Zeitabschnitte- Die Fujiwara-
periocle (800—1100 nach unserer Zeitrechnung); die Kamakura-
! (1100—1336), Aschikaga- (1336—1600), endlich die Tokugawa-
periode (1600—1868). Entsprechend dieser Einteilung erörtert
der Verfasser in vier Abschnitten die charakteristischen Unter-

2) Das königliche Zeughaus, Berlin 1903, S. 226.
 
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