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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 1
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Potier, Othmar: Die Rüstkammer der Stadt Emden, [2]
DOI Artikel:
Krüger, Herman Anders: Zwei Modelle von blanken Feldharnischen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0037

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Zeitschrift für historische Wäffenkunde.

2 3

i. Heft.

teidigung einer Stadt. In einer belagerten Stadt
soll jederzeit ein Trupp gerüstet sein, einem Über-
fall zu begegnen, «und sollen sie gerüstet sein nit
mit Schweinspiessen und mit Streitäxten, wie die
alten Väter auf die Wacht zogen, sondern mit
Handbüchsen und Armbrüsten und langen Spiessen
und mit rechten guten Helmbarten. So sind die
Büchsen gut, wenn man mit Leitern durch den 1
Graben will, dass man in sie schiesst, dass sie der
Leitern vergessen; so sind die Armbrüste gut, wenn
sie auf die Mauer kommen, dass man sie ins An-
gesicht schiesst, dass sie wieder hinaus fallen; so ;
sind die langen Spiesse gut, dass man sie auch
wieder von den Mauern hinaus sticht; so sind die
Helmbarten gut, wenn einer von der Mauer herab-
springt, dass man ihn damit schlage, dass er nit
wieder aufstehe.»22)
Alle die hier als für den Bürger besonders
wertvoll aufgezählten Waffen finden wir mit Aus-
nahme der als Kriegswaffe nicht mehr zeitge-
mässen Armbrüste in der Rüstkammer in bedeuten-
der Anzahl vorhanden.
Je weiter wir in der Vergangenheit zurück- j
22) G. Liebe, Der Soldat in der deutschen Vergangenheit.

blicken, einen um so höheren Wert gewinnt des
Mannes Faustwehr auch im täglichen Leben. Wi-
der seinen Willen wurde der Bürger mit seiner
Person hineingerissen in den nie aussetzenden
Kampf ums politische Dasein, auch in sein den
Werken des Friedens gewidmetes Leben trieb des
Kampfes wilde Poesie ihre blutigroten Reiser, und
dem eisernen Muss, der zwingenden Notwendig-
keit, allzeit gerüstet für die Sicherheit des Gemein-
wesens zu sein, verdankt die Rüstkammer in Em-
den ihr Entstehen. Wie das Landeszeughaus in
Graz, die Waffensammlung des gräflichen
Hauses Scheremetew so wichtig für das Stu-
dium des Waffenwesens sind, weil sie ihr Ent-
stehen nicht aus der Schwärmerei für Altertümer
herleiten, sondern weil beide das praktische Leben
schuf, weil dort der Waffenvorrat für ein Land,
hier für eine Familie aufgespeichert ist, so ge-
währt uns die Rüstkammer in Emden einen Ein-
blick in das Arsenal einer deutschen Stadt aus
dem Zeitalter des dreissigjährigen Krieges, und
darin liegt eben die hohe kulturgeschichtliche Be-
deutung dieser Rüstkammer.
(Fortsetzung folgt.)

4


Zwei Modelle von blanken Feldharnischen.
Von Dr. Herrn. Anders Krüger, Dresden.


er grössere gotische Feld-
harnisch hat eine Höhe
von ungefähr 39 cm
und besteht aus Helm
(deutsche Schallern mit
lang ausgezogenem Nak-
kenschirm und einfachem
Sehspalt), V o r steck-
bar t (an der Brust zu
befestigen, mit einer
visierähnlichen Schiebung), Harnischkragen
(schmal, nach unten vorn stark zugespitzt, einmal
geschoben), Bruststück (doppelt geschiftet und
doppelt geschoben, unten schwacher Grat, dreimal
geschobene Bauchreifen mit kurzen, muschelförmi-
gen Beintaschen), Rückenstück (doppelt ge-
schoben, die Ränder der Schiebungen zierlich aus-
gezackt, dreimal geschobener Gesässschurz),
Achseln (sechsmal geschobene Spangeröls, an
der obersten Schiebung hängen mässig grosse
Schwebescheiben), A r m z e u g (Oberarmröhren

| mit Führungsnute am Unterrande, Ellbogenkacheln
! mit halben Muscheln, glatte Unterarmröhren),
Handschuhe (neunmal geschoben bis zum
Mittelfinger, an den Rändern der Geschübe ge-
zackte Fürfeilen, an den mässig gespitzten Stulpen
dreifach gekehlt, an den Knöcheln spitz getriebene
Eisenbuckel, Handwurzelknöchel fehlt), Bein-
zeug (zweifach geschobene, hoch hinaufreichende
Oberdiechlinge, vierfach gekehlte Unterdiechlinge,
beide reichen durch Klappscharniere auch nach den
Aussenseiten herum, vierfach geschobene Knie-
buckel mit sehr zierlichen, halben Muscheln, Ge-
lenk offen lassend, glatte Beinröhren mit Sporen-
kasten (Sporen fehlen), zugespitzte Schuhe ohne
langen Schnabel). Dazu gehört ein Schwert von
29,5 cm Länge, ein Anderthalbhänder mit gewun-
denem Knauf, holzüberkleidetem Griff und gera-
der, mit Windungen verzierter Parierstange.
Der kleinere maximilianische Feld-
harnisch ist ungefähr 34 cm hoch und setzt sich
zusammen aus Helm (Kugelform mit niederem
 
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