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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 1
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Rose, Walther: Die Verzierung alt-orientalischer Panzerringe
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Potier, Othmar: Die Rüstkammer der Stadt Emden, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0029

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Tieft i.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

15

Stellung und der künstlerischen Ausstattung ent-
stehenden hohen Kosten den Besitz solcher Pan-
zer mit Talisman-Ringinschriften nur den Vor-
nehmsten gestatteten.
Hieraus erklärt sich auch ferner die Seltenheit
dieser technisch vollendeten Waffenstücke in öffent-
lichen und privaten Sammlungen, da dieselben eben
nur eine Besonderheit darstellen, welche derb fana-
tischen Glauben und Reichtum eines hochge-
stellten Herrn und der geduldigen Meisterhand
eines orientalischen Panzerschmiedes ihre Entsteh-
ung verdanken.
Wie befruchtend aber orientalischer Kunstge-

schmack und Schönheitssinn auch auf europäische
Waffenschmiede gewirkt hat, beweist ausser dem
bereits erwähnten polnischen Jüischman im Königl.
Berliner Zeughause auch das in der Wiener Samm
lung. befindliche prachtvolle Panzerhemd des kai-
serlichen Generallieutenants Fürsten Raimund Mon-
tecuccoli (1609—1681), welches durchweg aus ver-
silberten Kupferringen besteht und nach gleich-
zeitiger ungarische Mode mit in Bronze gefassten
Halbedelsteinen und Sternen, geziert ist.26)
20)' S. die Abbildung bei Quirin von Leitner: Die Waffen-
sammlung des österreichischen Kaiserhauses im k. k. Artillerie-
Arsenal-Museum in Wien tWien 1866—1870, Tafel LVIII.


Die Rüstkammer der Stadt Emden.

Von Dr. Othmar Baron Potier.


dem Mangel einer
jeden schriftlichen
Überlieferung ist der
Zeitpunkt der ersten
Errichtung einer städti-
schen Rüstkammer in
Emden in Dunkel ge-
hüllt. Assessor Rolffs1)
vertritt die Auffassung,
Graf Ulrich I. habe im
Jahre 1465 in den der
Stadt gegebenen Statuten den Bürgern die Ver-
pflichtung auferlegt, zur Verteidigung der Stadt
Harnisch und Gewehr sich anzuschaffen (oec tor
stadt helfe syn harnasch unde gewer tho holden).
Wenn auch noch nichts Bestimmtes von einer
städtischen Rüstkammer verlautet, so unterliege es
keinem Zweifel, dass eine solche schon bestanden
habe und zwar in dem alten Rathause. Senator
Schnedermann2) dagegen bekämpft die Ansicht, die
Bürgerbewaffnung sei erst mit der Stadtverfassung
eingeführt worden, mit dem .Hinweise, dass die
persönliche Wehr- und W'affenpflicht in den mittel-
alterlichen Städten für den Bürger ursprünglich eine
obligatorische war, dass sich daher die Notwen-
digkeit eines öffentlichen Waffenlagers erst
dann herausstellte, als die Selbstbewaffnung ausser

’) A. Rolffs, Die antike Rüstkammer des Emder Rat-
hauses, 1861.
2) Schnedermann, Zur Geschichte der Emder Rüst-
kammer, 1883.

Wer kunst und waffen liebt
Ist willkhumb hier im haus;
Das sinnenarme gsind
Bleibt mir viel lieber draus.
(Pulster Burgspruch).
| Übung gekommen war, und gelangt zu dem Schlüsse.
Die Rüstkammer verdankt in der Hauptsache ihre
Entstehung der Schlacht von Jemgum, in welcher
am 21. Juli 1568 Ludwig von Nassau vom Herzog
Alba aufs Haupt geschlagen wurde.
Am nächsten wird man der Wahrheit kommen,
wenn man beide Ansichten mit gewissen Einschrän-
kungen vereinigt und sagt: Emden verfügte jeden-
falls schon seit altersher über ein Zeughaus. Über
den Ort, wo sich dasselbe befand, sowie über die
Art der Waffenbestände desselben besitzen wir,
wenn wir von einem kleinen Reste absehen, keine
sichere Kunde. Der Grund zur Rüstkammer in
ihrer gegenwärtigen Gestalt wurde jedoch erst
im letzten Viertel des 16. Jahrhunderts gelegt.
Ein geschichtlicher- Rückblick auf das Wehr-
system der mittelalterlichen Städte möge zum besse-
ren Verständnisse dieser Behauptung hier einge-
schaltet werden.
So wie der Mönch im frühesten Mittelalter nicht
nur Glaubensbote, sondern auch Kulturträger wrar,
der als Bauer, Handwerker, Arzt, Gelehrter die Reste
der Gesittung der antiken Welt in seine ungastliche
neue Heimat mitbrachte, ebenso mussten die ersten
Pfahlbürger auch wetterharte Kriegsmänner sein:
Die Hand, welche heute die Tuchschere, den Ham-
mer, die Säge führte, welche das Brot in den Back-
ofen schob, musste vielleicht morgen zur Verteidi-
gung von Haus und Habe den Spiess fällen, oder
den Bolzen auf die Armbrust legen, denn gar zahl-
reich waren die Feinde, welche beutelüstern die
 
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