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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 1
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Rose, Walther: Die Verzierung alt-orientalischer Panzerringe
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0028

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14

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.

Ringe des Kettenbehanges desselben ein — noch
zu deutendes — orientalisches Schriftzeichen auf-
weisen.
Was nun die Herstellung derartig ver-
zierter Ringe betrifft, auf denen die Schriftzeichen,
ebenso wie die wellenförmigen Verzierungen, nie-
mals vertieft, sondern stets als erhabenes Mu-
ster erscheinen, so kann die Prägung und Heraus-
schlagung derselben aus einem starken Eisenblech
mittelst einer Stanze (wie bei Fig. 4f) wohl als
das zunächstliegende und einfachste Verfahren be-
zeichnet werden. Der Ring besteht hiernach aus
einem einzigen Stück und ist eine nachträgliche
Bearbeitung derselben mit der Hand nicht erfor-
derlich, da die Verbindung zwischen den einzelnen
Reihen durch die genieteten Ringe (Fig. 4 c) her-
gestellt wird.
Schwieriger gestaltet sich schon die Technik,
wenn es sich darum handelt, den zuvor mit der
Hand geschmiedeten Ringen später durch eine
Stanze die erforderlichen Zieraten zu verleihen
und dann noch jeden einzelnen Ring nach Ein-
fügung in das Geflecht zu vernieten. Dieser Fall
liegt bei Fig. 6 vor, da die Gleichmässigkeit und
stetige Wiederkehr einer und derselben Inschrift
zweifellos auf Anwendung einer Stanze schliessen
lässt.
In ihrer ganzen Grösse aber kann man die
Kunstfertigkeit des orientalischen Panzerschmiedes
bei dem Ringe Fig. 7 erkennen. Denn die erhöhte
Silbertauschierung der einzelnen Schriftzeichen auf
diesem geschmiedeten Ringe bezeugt, dass auch
diese Inschrift nur mit der Hand hergestellt sein
kann, wozu dann noch später die Vernietung
kommt.
Fürwahr, wenn man die Tausende von Ringen
eines derartigen Maschen-Panzerhemdes bedenkt,
eine fast unglaubliche, bewunderungswürdige
Kunstleistung!
Mit vollstem Rechte kann daher auch Buttin
sagen:20) «Mais pour mener ä bien semblable tra-
vail, il faut la patience orientale doublee d’une cro-
yance fanatique au pouvoir mysterieux des versets
du Coran.»
Mit diesem Hinweis auf die fanatischen Glau-
bensanschauungen der Orientalen kommen wir nun
auch auf den eigentlichen Zweck derartiger In-
schriften auf den Panzerringen zu sprechen.
Wie schon in dem eingangs erwähnten Artikel
(Band I Heft 6 und 7 der Zeitschrift) hinsicht-
lich der an orientalischen Panzerhemden befestigten
Bronzescheiben hervorgehoben, sollen auch die mit
den Namen Gottes und der einzelnen Heiligen resp.
Koransprüchen verzierten Ringe als Talismane
oder Amulette dienen, wie solche die Orientalen
noch heute zum Schutz gegen feindliche Geschosse,
gegen Krankheit oder gegen den bösen Blick bei
sich führen.
2ü) Buttin, a. a. O. Seite 21.

Dieser Brauch ist uralt und lässt sich, wenn
auch vielfach verschieden, so doch mit stets dem-
selben Grundgedanken wiederholt konstatieren, na-
turgemäss besonders bei Waffen und Kriegsge-
räten, auf welchen die so häufigen tauschierten
oder gemalten Gebetsprüche aus dem Koran, An-
rufungen, Beteuerungen u. s. w., ja nicht nur als
Dekorationen, sondern auch als Talismane in Be-
tracht kommen.21) In einzelnen Fällen lässt sich
dieser Zweck noch deutlicher in der Anbringung
von kabbalistischen Buchstaben und Zahlen er-
kennen.
So trägt z. B., nach Szendrei,22) ein in der
Sammlung des Fürsten Paul Esterhazy befindlicher
türkischer Zeltknauf aus dem 17. Jahrhundert, wel-
cher auf die Haupt-Zeltstange (sütün) gepflanzt
wurde, unterhalb der Kugel auf seinem mit rotem
Sammet überzogenen Stiele ein schmales Messing-
band mit wirren arabischen Buchstaben (kabba-
listische Zeichen), aus welchen der Name Allah
öfters zu entnehmen ist.
Ferner besitzt das historische Museum der Stadt
Wien einen, ebenfalls aus dem 17. Jahrhundert
stammenden, türkischen ledernen Faustschild (kal-
käri), in dessen Centrum nach der Szendreischen Be-
schreibung23), mit roten Buchstaben «Allahu häkk»
(Gott ist die Wahrheit) und die vier Buchstaben:
I* 3. ^ f Alif, Re, Hä und Mim gemalt sind,
welche den bestimmten talismanischen Zahlenwert
249, von «ärham» (Mitleidiger), einen der Hundert
schönen Namen Gottes geben, und zwar mit Be
zug auf den Träger des Schildes dessen sich Gott
erbarmen möge.
Eine ähnliche talismanische Zahlenmarke er-

wähnt

auch Demmin24):

4 I 2
8 | 6

welche oft neben

den Namen der Schwertfeger auf persischen Schwert-
klingen angetroffen wird.
Insbesondere aber war der Glaube, dass der
Träger eines Panzerhemdes mit heiligen Schrift-
zeichen auf den Ringen gegen feindliche Angriffe
gefeit sein musste, ein so festgewurzelter, dass
selbst die gemeinen Krieger in Ermangelung eines
solchen kostbaren Ringpanzers unter ihrem ge-
wöhnlichen Ringmaschenhemde wenigstens ein mit
Koranversen beschriebenes Talismanhemd (Göm-
lek) anlegten.25)
Denn es bedarf nach Obigem keiner näheren
Ausführung, dass die infolge der schwierigen Her-

21) Besonders charakteristisch in dieser Beziehung ist der
im Besitz der Kaiserl. Eremitage in St. Petersburg befindliche
Spiess des Tuman Bey, letzten Sultans der Mameluken in
Ägypten (getötet 1517). Unterhalb der Spitze befindet sich
an einer mit Gold verzierten Schnur eine goldene Kapsel, in
welcher einst ein auf kleine Blättchen geschriebener Koran
eingeschlossen war. (S. Böheim, a. a. O. Seite 318 Figur 373).
22j Szendrei, a. a. O. Seite 604.
23) Szendrei, a. a. O. Seite 606.
21) Demmin, a. a. O. Seite 1054.
25j Szendrei, a. a. O. Seite 554.
 
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