Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

DOI Heft:
Heft 1
DOI Artikel:
Litteratur
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0044

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.

30


C. List, Katalog der Historischen Ausstellung für Jagd- und
Schützenwesen in Stockerau. 1. bis 9. Juni 1902.
Vom 1.—9. Juni 1902 fand zu Stocke rau in Nieder-
österreich anlässlich des X. Niederösterreichischen Landes-
schiessens sowie zur Feier des 300jährigen Bestandes des
Stockerauer Schützenvereins eine historische Aus-
stellung für Jagd- und Schützen wesen statt,
welche, von Herrn Dr. C. List arrangiert und geleitet, eine
Fülle des Interessanten bot.
Sind solche Veranstaltungen, welche aus der ungeheuren
Menge des historischen Materials einen bestimmten Gesichts-
punkt herausgreifen und spezialisieren, und durch diese Be-
grenzung eine viel eingehendere, erschöpfendere Darstellung
des betreffenden Gegenstandes gewähren — man könnte auch
hier sagen: «In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister»
—• stets mit Freuden zu begrüssen, so lohnt ganz besonders
ein näheres Eingehen auf diese Ausstellung.
Der äusserst sorgfältig von Herrn Dr. List zusammenge-
stellte, mit verschiedenen anschaulichen Illustrationen versehene
Katalog umfasst nicht weniger als 450 Nummern.
Lassen wir das, was von mehr lokalem Interesse ist, wie
Fahnen, Preis- und Ehrenscheiben, erschossene Gewinne etc.
des Stockerauer Schützenvereins, ebenso eine grosse Anzahl
in den letzten Jahrzehnten erbeutete Jagdtrophäen in Gestalt
von Geweihen und allerlei ausgestopftem Getier beiseite und
wenden wir uns der eigentlich auf das historische Jagdwesen
Bezug habenden Ausstellung zu. Die ausgestellten Gegen-
stände stammen zum überwiegenden Teile aus dem Privat-
besitz der Herren Graf F. Hardegg, Exc. Graf Hoyos Sprin-
zenstein, Sr. Durchlaucht Fürst Johannes von Liechtenstein,
Erlaucht Graf Schönborn-Buchheim, sowie aus der weithin
bekannten Sammlung Sr. Exc. des Herrn Grafen Hans
Wilczek. Es ist somit hier Gelegenheit gegeben, Sachen, die
sonst für die öffentliche Besichtigung nicht zugängig sind,
kennen zu lernen.
Als grosser Vorzug der Ausstellung sei gleich hier her-
vorgehoben, dass dieselbe sich nicht einseitig auf das Aus
stellen von Waffen und Jagdgeräten beschränkt, sondern auch
an der Hand einer grossen Anzahl alter Abbildungen, teils im
Original, teils in Reproduktion, das Jagdwesen vergangener
Jahrhunderte, etwa bis zurück zu der Zeit Maximilians, des
letzten Ritters, zur Veranschaulichung bringt.
Versuchen wir, indem wir uns nach den vier Haupt-Jagd-
Arten, Bärenjagd, Sauhatz, Hirschjagd und Falkenjagd richten,
einen Überblick über die Ausstellung zu gewinnen.
Wir finden da eine grosse Anzahl Knebelspiesse aus dem
16. Jahrhundert, wie sie, die schwereren zur Bärenjagd, die
leichteren zur Saujagd, benutzt wurden. Die Form bleibt sich,
wie überall, grösstenteils gleich. Als Variante ist ein Jagcl-
spiess zu erwähnen, welcher an der Dille der Klinge einen
nur einseitig gebildeten Knebel trägt, der in eine starke auf-
gebogene Spitze ausläuft, sowie zwei andere, deren Knebel aus
Hirschhorn gefertigt und an Lederriemchen befestigt ist. Ver-
anschaulicht wird eine Bärenjagd durch eine Abbildung aus
Jost Ammans Jagdbuch (1582).
Weiter finden wir mehrere Schweinsschwerter, ebenfalls
aus dem 16. Jahrhundert, mit teils glatten, teils geflammten
Klingen. Bei zweien derselben springt der Knebel durch
Federkraft vor. Holzschnitte von Hans Burgkmair (1472—
1531) und Lukas Cranach d. Ä., sowie Federzeichnungen von
Augustin Hirschvogel (1503—1553) und Jörg Breu illustrieren
die Saujagd.

Eine grössere Anzahl Hirschfänger aus dem 18. Jahrh.
zeigt uns Stücke von erlesener Arbeit, an denen sich künst-
lerischer Geschmack in reicher Ätzung, Gravierung, Einlage
und sonstiger Verwendung von edlen Metallen bethätigt hat.
Auch einige vollständige Waidbestecke aus derb 15. und 16.
Jahrhundert, ebenso reich geätzt und mit bildlichen, meist auf
die Jagd bezüglichen ornamentalen Verzierungen geschmückt,
fehlen nicht. Illustrationen zur Hirschjagd bringen wieder
Hans Burgkmair, Jörg Breu, Lukas Cranach, Jost Amman und
Christoph Maurer.
Vön den Jagdmessern verdient eins, im Besitze des Herrn
Baron Dr. Potier befindlich, besondere Erwähnung. Der
Griff desselben lässt sich herausschrauben und trägt einen
geöhrten Pfriem, der sich in zusammengeschraubtem Zustande
in die Ebene des Messers legt, während dieses an der Angel
einen Pfropfenzieher hat. Die Scheide besteht aus Schildpatt
und hat reiche Silbermontierung, ebenso der Griff.
Zur Veranschaulichung der Falkenjagd ist reiches Material
vorhanden. Zunächst sehen wir vier Falken, mit Hauben ge-
blendet; sodann eine Falkentasche aus dem 16. Jahrh. und
aus dem 17. ein Falkenspiel, sogen. «Luder»,, welches in
seiner Gestalt und Ausstattung eine entfernte Ähnlichkeit mit
einem fliegenden Vogel besitzend, von dem Jäger durch die
Luft geschwungen wurde, um den Falken, wenn er einmal zu
weit fortgeflogen war, wieder heranzulocken. Einige Falken-
hauben sind aus buntem Samt und gepunztem Leder gefertigt.
Sehr interessant ist ein Falkenhauben-Bock aus Zinn in Ge-
stalt eines Falkenkopfes, welcher zum Aufspannen nass ge-
wordener Falkenhauben diente; 16. Jahrh.
Drei hochinteressante Werke, welche der Katalog unter
Nr. 57—59 anführt, geben genaue Auskunft über diesen in-
teressanten Zweig der Jagd:
1. Neudruck des 1671 zu Lyon erschienenen Buches von
Franz Pomay «Ein sehr artig Büchlein von dem Weydwerck
und der Falknerey« (Eigentum der k. k. Hofbibliothek in
Wien.) 2. Bibliotheka accipitraria, enthaltend eine Zusammen-
stellung aller auf die Falkenjagd Bezug habenden Bücher,
welche in allen europäischen Sprachen, sowie in Türkisch,
Persisch, Arabisch, Chinesisch und Japanisch erschienen sind.
(Eigentum der k. k. Hofbibi. Wien.) 3. Neudruck des zu Köln
1541 gedruckten Buches «Waidwerck und Federspiel». (Eigent.
Dr. C. List.)
Hieran schliessen sich wieder bildliche Darstellungen von
Jost Amman, Jörg Breu etc., sowie Nachbildungen einiger
Blätter aus einem Kartenspiel des 15. Jahrhunderts, welche
im Original Eigentum des K. Kunsfhistor. Museums zu Wien
sind und Szenen aus der Falkenjagd darstellen.
Verschiedene Abbildungen vervollständigen das Bild der
damaligen Jägerei, indem sie uns Jagden auf Wölfe-, Füchse,
Gemsen, Plasen und allerlei Federwild, darunter auch Störche
und Pelikane, vor Augen führen, ebenso 6 Stiche von Melchior
Küssell (Augsburg), welche das «Kayserliche Lust-Jagen, so
zue dero Kayserl. Hochzeit Leopold! I. . . . den 16. X. 1666
bey der. Kay. Residenz Statt Wien in dem Pratter . . . ge-
halten worden» darstellen.
Zu erwähnen wären hier noch 2 Hunde-Halsbänder aus
dem 17. und 18. Jahrh., sowie eine grössere Anzahl Jagd- und
Rufhörner des 15., 16. und 17. Jahrh. Letztere zeigen zum
Teil hervorragend schöne Arbeit in Horn, Elfenbein und
Kupfer.
Von den Fern-Waffen seien zunächst die Armbrüste an-
geführt, welche aus dem 16., 17. und 18. Jahrh. stammen und
sämtlich reich ornamental verziert sind in Ätzung, Gravierung
und Verbeinung. Eine derselben ist «J. F. S. Henisch, Dresden»
gezeichnet. Einige span. Ballester und ital. Schnepper, sowie
die zum Spannen nötigen Arm’brustwinden und Geisfüsse
schliessen sich hier an. Vervollständigt aber wird das Bild
durch eine Kollektion von nicht weniger als 28, grösstenteils
verschiedenen Bolzen, die sämtlich Eigentum des Grafen Wil-
czek sind und uns alle Arten yon Bolzen zeigen, als: Stich-,
Spitz-, Kronen- und Gabel-Bolzen. Auch zwei Bolzen-Köcher,
dem 15. und 16. Jahrh. angehörig, sind vorhanden.
 
Annotationen