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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 11
DOI Artikel:
Schmid, Wolfgang Maria: Passauer Waffenwesen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0328

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12

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.


Passauer Waffenwesen.
Von Dr. W. M. Schmid, München.
I. Klingenindustrie.

ür die historische Waffen-
kunde ist die Stadt Passau
mehrfach von Bedeutung;
insbesondere die dort an-,
sässige Klingenindustrie,
welche ihre weitberühm-
ten Erzeugnisse mit dem
bekannten „Wolf“ als
Marke bezeichnete, spielte im Mittelalter eine grosse
Rolle. Es ist aber bekannt, dass auch andere
Orte, wie Solingen den Wolt als Zeichen benützten.
Für die Entscheidung der Frage, welche von den
in den Sammlungen ziemlich zahlreich vorhandenen
Objekten als originale Passauer Erzeugnisse anzu-
sprechen seien, ist bisher kein sicheres Mittel zur
Hand. Vielleicht bringen nachstehende Zeilen,
deren Inhalt mir beim Studium der Archive für
eine Kunstgeschichte Passaus bekannt geworden
ist, die Frage der Lösung einen Schritt näher.
Die früheste urkundliche Erwähnung der Klin-
genfabrikation geschieht in einem „Freiheitsbrief“,
den der Passauer Bischof Wernhard von Prambach
(1285-1313) am Sonntag vor Fasching 1299 er-
teilt und den ich auszugsweise wiedergebe.1)
1. das kein frembter mösserer soll sitzen in
der Stat zu Passaw weder zu yltz noch ent-
halb der prugkh dann auf die zehn hof-
stetten bey unserem Münzhaus gegen Sanct
Margarethenkirchen.
2. wir sullen auch den mösserern einen beson-
deren Richter und Pfleger geben
3. so sullen die vorgenannten zehn hof Stetten,
die darauf behauset sind alle uns oder unse-
rem pfleger 6 Pfd. Pfge. Passauer Währung
geben, ze Ostern und an Sant Marteintag je
3 Pfd. zu purkrecht.
4. es soll auch kein frembter mösserer kein
messer würchen noch verkauften hie ze
passau.
5. Es soll auch kein richter mit den mösserern
nichts ze schaffen haben mit keinem Ge-
richt, dann was an den frieden gee.
Der Ausdruck „Messerer“ bedeutet keineswegs
bloss eine Beschränkung auf die Messererzeugung;
auch in den späteren Urkunden findet sich diese
Bezeichnung für Klingenschmiede. Es geht aus
der Urkunde hervor, daß die „Klinger“ jedenfalls

schon längere Zeit vor 1299 eine gewisse geschlos-
sene Handwerksgesellschaft bildeten, die in 10
Hofstättten nahe beisammen wohnte. Die Marga-
rethenkirche (1240 erbaut) ist abgebrochen, an
ihrer Stelle steht jetzt die Stadtapotheke; die frag-
lichen 10 Häuser haben sich in zwei an die genannte
Kirche stossenden Gassen verteilt, welche ehemals
(und heute wieder) die kleine und die grosse
Messer- oder Klingergasse hiessen.
Aus der Exemption der Klinger von dem Stadt-
gericht und der Bestellung eines besonderen Rich-
ters (ein Domkapitular) für sie darf keineswegs ge-
schlossen werden, dass die Klingenwerkstätten etwa
bischöfliche waren. Da diese besondere Ge-
richtsbarkeit allmählich für fast alle Plandwerke üb-
lich wird, bischöfliche Handwerker und Künstler
dagegen besondere „Hofschutzbefreiung“ genossen,
so ergiebt sich, dass die Klinger freie Pland-
werker waren, die ihren Zusammenschluss zu
einer Innung sich 1299 zum ersten Male vom Bi-
schof bestätigen liessen. Bemerkt sei noch, dass
die Messerer (Klinger) später mehrere Verkaufs-
stände im Domkreuzgang als besondere Vergünsti-
gung bewilligt erhielten. Im übrigen sind den
Klingern schon 1258 die Lederer und 1283 die
Wollwirker mit der bischöflichen Bestätigung ihrer
Handwerksfreiheiten vorangegangen.
Am Lichtmesstag 1302 bestätigte der Dom-
dechant Wolfker als Handwerksrichter, dass die
„.Hausgenossen Messerer“ ihrer Ordnung zwei
Sätze beifügen dürfen: 1. Bei Zwistigkeiten in
Handwerkssachen entscheidet die Mehrheit bei der
Abstimmung in der Innung. 2. Bei dem Gesuch
um Aufnahme in „das Messerrecht oder die Haus-
genossenschaft“ dürfen nur Innungsmitglieder als
Beistände oder Zeugen beigebracht werden.2)
Bischof Albrecht II. (Herzog von Sachsen
1320—42) bestätigt die erweiterte Zunftordnung
am Sonntag zu Mittfasten 1332.3)
Die nächste PIrkunde4) ist von besonderem
Gewicht, da in ihr zum ersten Mal die bekannte
Klingenmarke erwähnt wird. Herzog Albrecht
von Österreich bekennt zu Wien am Freitag
nach St. Anton 1340 „umb das march den wolf
den die mösserer von passaw an ire mösser ond
klingen schlachent, das niemand in uns er m
Land zu Oestreich in dasselb march den

1) Städtisches Archiv Passau 29 c, fol. 37.

2) Reichsarchiv München, Blechkastenarchiv 48.
3) Von Erhard, Geschichte der Stadt Passau II, 260 als
:rste Messerschmiedfreiheit bezeichnet.
4) Städt. Archiv Passau 290 c, fol. 47.
 
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