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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 5
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Fachnotizen
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Litteratur
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0159

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5. Heft

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

143

die Möglichkeit, Zielvorrichtungen anzubringen und damit
einen der grössten Mängel des alten Bogens zu besei-
tigen“. Für die neue Waffe suchte man nun einen neuen
Ausdruck, der ihre Vorzüge recht ins Licht stellen sollte,
man sprach also von einem Bogen mit einem Schaft,
einem zugerüsteten Bogen. Wann das geschah, lässt
sich bei dem hohen Alter beider in Betracht kommenden
Waffen nicht sagen, wie uns auch der Einblick in die
Wandlungen des Wortes von den Anfängen bis zur end-
gültigen Form nicht mehr möglich ist Da. aber mein
Deutungsversuch auch der Sache gerecht Wird, was bei
den übrigen nicht der Fäll war, so glaube ich an seine
Richtigkeit. Köetschäll.
Die Eidechse auf Maulkörben und Ross-Stirnen.
Boeheim bezeichnet in seinem „Handbuch der Waffen-
kunde“ (S. 197) die auf Pferde-Maulkörben und Ross-
stirnen häufig vorkommende Eidechse als „ein Symbol
unschuldiger Gewandheit“. Ich gestehe, dass ich mir bei
dieser Erklärung, die auch sprachlich missglückt ist,
wenig denken kann. Man sieht alsbald, dass die An-
schauung unserer Tage, welche der Eidechse diese
beiden Eigenschaften wohl zuweisen mag, dem Forscher
auf seine Frage nach der Bedeutung des Tierchens an
diesen Stellen die Antwort linden half. Das ist aber fast 1
immer von Übel, wenn es sich um die Vergangenheit
handelt. Denn die ikonographische Untersuchung kann !
nur dann sichere Ergebnisse haben, wenn sie aus den
gleichzeitigen Kulturäusserungen, also vor allem aus den
gleichzeitigen Schriftquellen ihre Hilfsmittel schöpft. 1
'Bei der Darstellung von Tieren wird man nun immer j
gut thun. auf den „Physiologus“ zurückzugreifen, Dieses
seiner Zeit weit verbreitete Buch stellt das zoologische
Wissen des Mittelalters dar und setzt es, die Eigenschaften
der Tiere symbolisch deutend, in engste Beziehung zu
der christlichen Heilslehre.1) Wie nachhaltig sein Einfluss
war, beweist, ' dass ein so erleuchteter und seiner Zeit
weit vorausschreitender Denker wie Lionardo da Vinci
sich noch eifrig mit seinem Inhalte' beschäftigte2), und
wenn auch die christliche Tendenz mehr und mehr zurück-
trat, Spuren dieser mittelalterlichen Zoologie lassen sich
auch noch in den neueren Jahrhunderten nachweisen.
Der fabelhafte Phönix mit seinen wunderbaren Eigen-
schaften ist uns ja noch heute ein geläufiger Begriff.
Von der Eidechse woiss uns nun der „Physiologus“
zu berichten, dass sie in ihrem Alter erblinde. Sie suche
dann eine gegen Osten gerichtete Mauer auf und strecke
aus einer Spalte derselben der aufgehenden Sonne den
Kopf entgegen, damit deren mildthätige Strahlen ihr das
Augenlicht wieder schenkten. Die hauptsächliche Vor-
stellung also ist die von der Erblindung des Tieres und
von seiner glücklichen Heilung. Beachtet man nun, dass
die Eidechse am Rosszeug immer in der Nähe der
Augen angebracht ist und dass sie an ihrem Platze fast 1
wie ein antikes Apotropaion wirkt, so dürfte der Schluss
wohl berechtigt sein, dass die Eidechse am Rosszeug
eine Art Talisman vorstellt, der seinen Träger vor einem
1) Vgl. Friedrich Räuchert, Geschichte des Physiologus.
Strassburg 1889.
2) Anton Springer, Physiologus des Lionardo da Vinci,
in den Sitzungsberichten der Kgl. Sächsischen Gesellschaft der
Wissenschaften. (1884).

so grossen Unglück wie der Erblindung, dem ja auch
er gerade im Alter besonders ausgesetzt ist, bewahren
soll. Es wäre, was ich nicht habe ermitteln können, von
Wert zu wissen, ob bei unseren Fuhrleuten, die oft noch
so voller Aberglauben stecken, etwa die Anschauung
dieser Beziehungen zwischen Eidechse und Pferd sich
erhalten hat. Koetschau.

Bei Budapest wurde in der Donau eine 32 cm
lange, 12 cm Durchmesser haltende Hinterlader-
kammer eines gotischen Kammergeschützes ge-
funden. Sie ist in Bronze gegossen und datiert ihrer
Form nach aus den ersten Zeiten des Königs Matthias
Corvinus (1457—149°)- R- Forrer.


Early ordnance in Europe, by Robert Coltman Cleplian.
Newcastle-upon-Tyne and London, Andrev Rcicl & Comp.
1903.
Diese vortreffliche, in der Hauptsache den Stoff bis
zum Ende des 16. Jahrhunderts verfolgende Studie unseres als
Forscher und Sammler so unermüdlichen Mitgliedes sei uns
als Fortsetzung und organische Weiterentwicklung der Notes
011 roman and medieval military engines ') hochwillkommen.
Nach einer kurzen, treffenden Betrachtung über die durch
Pulver und Feuerwaffen herbeigeführten Umwälzungen in der
Geschichte, giebt der Verfasser zunächst unter Heranziehung
einer sehr reichhaltigen Litteratur aus allen für den Stoff in
Frage kommenden Ländern einen Überblick über die vorhan-
denen Nachrichten betreffs der Verwendung von Geschützen
seit dem 14. Jahrhundert. Zur Veranschaulichung der Ent-
wickelung des Geschützwesens sind nun in einer Reihe von
Abbildungen typische Formen der hauptsächlichen Geschütz-
arten aus verschiedenen Ländern und Zeiten dargestellt, und
trotz der geringen Zahl dieser Illustrationen ist es dem Ver-
fasser doch gelungen, ein völlig abgerundetes Bild zu geben.
Als ganz besonders glücklich gelungen möchte man die Aus-
j wähl dieser Abbildungen schon aus dem Grunde bezeichnen,
weil die so wichtige und gleichwohl manchmal recht stief-
mütterlich behandelte Art der Laffctierung in jedem ein-
zelnen Falle vortrefflich -veranschaulicht ist. Es sei, dies be-
treffend, besonders auf folgende Figuren verwiesen: A. Ge-
schütz von 1390 (Belagerung von Tunis); C. Serpentine aus
dem Musee de la Porte de Hai in Brüssel; Tafel III. Feld-
schlange aus der Schlacht von Granson, letztere beiden auch
wegen der Richtvorrichtung bemerkenswert; Tafel IV. Kanone
von Murten etc. Auch die Frage der Vorder- und Hinter-
ladung und des Verschlusses der Hinterlader ist berücksichtigt,
so in P'ig. B. und F. Die Illustrationen sind teilweise schon
bekannt, teilweise aber sind wertvolle Darstellungen, wie
Tafel IIP und Fig. D., speziell für das Werk hergestellt
worden. Der Verfasser giebt ferner, zum J'eil in Tabellenform,
Übersichten über die verschiedensten Fragen und Probleme
der damaligen Waffenindustrie, wie Rohrlänge, Rohrgewicht,
Kaliber, Ladung, Geschosse, Herstellungsart, Verwendungsweise
und Benennung der verschiedensten Geschützarten aller irgend
militärisch wichtigen Länder jener Jahrhunderte nach den
besten deutschen, englischen, französischen, niederländischen,
p Band II, S. 453 unserer Zeitschrift.
 
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