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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 10
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Fachnotizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0317

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io. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

301


Ein Rundgang durch die Waffensammlungen
einiger österreichischer Museen. In der zwanglosen
Reihenfolge, in welcher ich im letzten Sommer Gelegen-
heit hatte, einige dieser Anstalten zu besuchen, seien
dieselben in grossen Zügen hier kritisch gewürdigt.
Dasbosnisch-hercegovinischeLandesmuseum.
in Sarajevo wurde im Jahre 1888 auf Anregung des un-
ermüdlichen Sektionschefs C. Hörmann gegründet. Bei der
Thatkraft der bosnischen Landesregierung ist zu hoffen,
dass die für die Landeskunde höchst wertvollen Samm-
lungen einmal aus den gegenwärtigen, recht beschränkten
und etwas düsteren Räumen in ein neues, den modernen
Anforderungen an ein Museum voll entsprechendes Heim
übertragen werden. Die reichhaltige Waffen Sammlung,
welche so glücklich ist, mehrere im Lande gefundene
Hundsgugeln zu besitzen, weist alle in den Ländern der
Balkanhalbinsel gebräuchlichen Schutz- und Trutzwaffen
in charakteristischen Typen auf. Ausser den reich
tauschierten Feuerwaffen mit ihren kunstvoll mit Perl-
mutter, Bein, Messingstiften in höchst geschmackvollen
Mustern ausgelegten Schäften sei auf die schöne Suite
der schon recht selten werdenden Schlagwaffen, der Beile
und Streithämmer, sowie auch auf die eigenartigen ein-
heimischen Brustpanzer, Toke, hingewiesen, welche, halb
Schutzwehr, halb Schmuckstück, Festigkeit mit Leichtigkeit
in Einklang zu bringen wissen und zugleich Zeugnis ab-
legen von dem kriegerischen und naiv künstlerischen
Sinn dieser uns so nahen und doch noch immer so
fremden Bergstämme. Wer da weiss, wie schwer der waffen-
freudige Südslawe sich von seiner oft einzigen wirklich
wertvollen Habe, seinen vom Ältervater ererbten Waffen
trennt, wird das Verdienst der rührigen Museumsleitüng,
welcher es gelang, ganze Garnituren von Rüstungsstücken,
so wie sie der gleich einem freien Falken über die
Planina schweifende Junak A oder B am Leibe getragen
hatte, zu erwerben, um so höher schätzen.
Die Waffensammlung im städtischen Museum zu
Ragusa beschränkt sich auf die Klinge eines Bidenhanders,
mehrere Wallbüchsen und eine kleine Gruppe hübsch
tauschierter persischer Waffen.
So wie das Heeresmuseum in Wien ein Bild von
der inneren Entwickelung und den Kriegsthaten der Armee
geben soll, so strebt auch das Museum der Kriegs-
marine in Pola die Erreichung des gleichen Zieles an.
Während jedoch das Heeresmuseum trotz seiner
recht ungünstigen Lage innerhalb der letzten Jahre sich
auch in den breitesten Volksschichten zahlreiche Freunde
erwarb, wie dieses die Spenden, die steigenden Besuchs-
ziffern darthun, scheint das Marinemuseum sich in einer
Art von Dornröschenschlaf zu befinden. Weil das
Museum innerhalb der Mauern des Seearsenals liegt,
muss auch der harmloseste Tourist mehrere Förmlich-
keiten erfüllen, bis sich ihm das Museum öffnet. Etwas
weniger Besorgnis vor sich einschleichenden Dieben oder

Spionen, eine dem Heeresmuseum nachgebildete Besuchs-
ordnung, ein ordentlicher gedruckter Führer — jetzt
werden die Besucher von Mannedienern zwar äusserst
höflich, aber doch wie etwas lästige Störenfriede durch
die Säle hindurchkomplimentiert — würden ganz gewiss
dazu beitragen, dieses Museum auch in Pola selbst volks-
tümlicher zu machen.
Die reichhaltigen Sammlungen sind in mehreren
Sälen untergebracht, welche nach bedeutenden Männern
der österreichischen Kriegsmarine benannt sind und Er-
innerungen an diese, wie an die Erzherzoge Friedrich
und Max, die Admirale Tegetthoff und Sterneck, bergen.
Neben der vorwiegend, allerdings sehr geschmackvollen
dekorativen Aufstellung der Objekte, fällt dem Fachmann
der Mangel jeder Uniformfiguren, jeder übersichtlichen
Darstellung der in der Kriegsmarine einst geführten
Waffen auf. Davon wie ein Marineinfanterist vor etwa
fünfzig Jahren ausgerüstet war, wie die Enterpike, der
Marinedolch IM. 1827 und M. 1854 ausgesehen haben,
giebt uns höchstens eine bildliche Darstellung eine un-
zulängliche Vorstellung. Und doch würden einige Ge-
stelle, welche nach dem Vorgänge des Heeresmuseums
mit den entsprechenden Ausrüstungsgegenständen behängt
sind, hinreichen, um dem Wissbegierigen mehr zu sagen
als das best ausgeführte Bild. Der Leitung des Marine-
museums kann es nicht dringend genug empfohlen
werden, dieses von seiner Schwesteranstalt so glücklich
gegebene Beispiel nachzuahmen: Was man jetzt noch
mit verhältnismässig geringen Mitteln erhalten kann,
wird sich in einigen Jahrzehnten selbst unter Aufwendung
grosser Kosten nicht mehr beschaffen lassen.
Auch die hier geübte Konservierungsmethode, be-
sonders kann man dieses an den in China erbeuteten
Waffen verfolgen, erscheint vom museal-technischen
Standpunkte als durchaus veraltet: denn unter dem un-
schönen Lackanstrich der oft ganz ungereinigten Waffe
frisst der Rost ungestört weiter, wie auch von dem von
den Schiffskommandanten ihrem Admiral unmittelbar
nach der Schlacht von Lissa ausgestellten Tapferkeits-
zeugnis in absehbarer Zeit nur w^enig mehr lesbar sein
dürfte, wenn dieses interessante Dokument wie bisher
dem grellen Lichte ausgesetzt wird.
Nach diesen kritischen Bemerkungen allgemeiner
Natur sei auf einige Gegenstände des Museums im be-
sonderen aufmerksam gemacht.
Im ersten Saale gewahren wir an der Wand eine
unter Glas und Rahmen verwahrte Flagge, welche Don
Juan d’Austria bei Lepanto geführt haben soll. Boeheim,
welcher in der Biographie des Baltasar Herold *) einen
im Seearsenale zu Pola aufbewahrten Mörser diesem
Meister zuschreibt, muss dahin berichtigt werden, dass
das fragliche Rohr in originaler Lafette einem kurzen
Falkonett angehört. Dieses Rohr, von welchem sich ein
genau gleiches Exemplar im Wiener Heeresmuseum be-
findet, schmückt das Stammwappen des römischen
Fürstengeschlechtes Odescalchi, Herzoge von Syrmien,
und nennt den Nürnberger Baltasar Herolt den Älteren
1) W. Boeheim, Meister der Waffenschmiedekunst,
S. 87, 88. — Derselbe, Die alten Geschütze im k. k. Artillerie-
Arsenale zu Wien in den Mitteilungen der Centralkommission,
XII, 1886. — W. Erben und W. John, Katalog des k. u. k.
Heeresmuseums, Wien 1903, S. 412, 423.
 
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