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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 1
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Haeseler, Rudolf: Die historische Entwicklung der im Seekriege gebräuchlichen Waffen bis 1870, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0020

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6

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.

stände ist es erklärlich, dass sich wenig oder,
nichts in den Archiven vorfindet, woraus man
mit Bestimmtheit angeben kann, wie die Waffen
jener Zeit beschaffen waren. Abbildungen sind auch
häufig, recht unzuverlässige Quellen zum Studium
von Schiften und deren Bewaffnung; denn abgesehen
davon, dass sehr viele von ihnen nachweislich
erst in späteren Jahrhunderten angefertigt worden
sind, haben die Künstler in der Regel so wenig
Gelegenheit gehabt, Gegenstände von seegeschicht-
lichem Wert nach der Natur zu zeichnen, dass sich
zu allen Zeiten ein konventionelles Bild eines
Schiffes entwickeln konnte, welches ebenso natur-
getreu war, wie ein heraldischer Adler. Die auf
Münzen dargestellten Schifte sind oft verkürzt und
abgerundet, um in die Form der Münze hinein-

zupassen, und nur die auf denselben ersicht-
lichen Einzelheiten sind von Wert für den Forscher.
Die ersten zuverlässigen Schiffsbilder sind die-
jenigen der holländischen Schule; sie stellen
Schiffe des 17. und 18. Jahrhunderts dar.
Wie oben erwähnt, hatten die wenigen Matro-
sen der Schiffe des Mittelalters ihr Fahrzeug bis
an den Gegner heran zu rudern, alsdann die Schiffe
aneinander zu binden und schliesslich den Feind
zu entern. Beim Rudern, sowie bei den mit dem Herum-
manövrieren des Schiffes notwendigen Arbeiten
war eine vollkommene Freiheit der Bewegungen
des Oberkörpers und der Arme notwendig. Der
Unterleib und die Beine wurden durch die Bord-
wand des Schiffes geschützt. Es ergibt sich daraus,
dass Brust- und Rückenpanzerung hinderlich, die
des Unterkörpers und der Beine .aber überflüssig
war. Wenn nicht sofort, so musste im

Laufe der Zeit jede Schutzwaffe bis
auf den Helm und eventuell eine Pan-
zerung der oberen Brustgegend in
Fortfall kommen.
Der Helm durfte Gesicht und Gehör "nicht ein-
schränken ; auch musste derselbe, wenn Brust und
Schultern ungepanzert waren, eine Krempe (Rand)
haben, um die Hiebe, welche auf den ungepanzerten
Körper abgleiten konnten, aufzufangen. In dem
vorliegendeft Bilde (Fig. 2) einer Seeschlacht
von John Rous (f 1491), aus einem Werke, wel-
ches Begebenheiten aus dem Jahre 1420 behandelt,
ist ein Helm angegeben, welcher diesen Bedingun-
gen entspricht. Derselbe hat die ungefähre Form eines
modernen Matrosenhutes. Andere in dem Bilde ange-
gegebene Helmformen lassen darauf schliessen, dass
ihre Träger auf dem Oberkörper ge-
schützt waren, während der durch-
schossene Leib eines Matrosen im
Mars die Annahme rechtfertigt, dass
eine Brustplatte nicht getragen wurde.
Ein Harnischstück, welches die
obere Brustpartie schützt, ohne die
Beweglichkeit des Körpers zu hem-
men, ist auf einem Porträt des be-
rühmten Seehelden Sir Walter Raleigh
1 587 (Fig. 3) deutlich angegeben. Es
ist dieses ein Halskragen, wel-
cher von dem Hals in der Richtung
nach der Schulter zu etwa 12 cm
und nach vorn 18—20 cm lang ist.
Da auf dem Bilde des Thomas
Cavendish, eines Seefahrers derselben
Zeit, ein ähnliches Rüstungsstück
dargestellt ist (Fig. 4), darf angenom-
men werden, dass solch’ ein Hals-
kragen ähnlicher Art im sechzehnten
Jahrhundert und wahrscheinlich früher
(? D. Schfltg.) von Seeleuten häufig
getragen wurde. Auf beiden Bildern
ist der Halskragen die einzige Schutz-
wafife. Sir Walter Raleigh trägt einen Filzhut mit
Feder, die Kopfbedeckung des Thomas Cavendish
ist nicht angegeben. Auch die bekannten
Porträts berühmter Seeleute sind in Bezug auf
Rüstungen irreführend; denn während sich die
Seehelden der Königin Elisabeth mit den beiden
oben angeführten Ausnahmen in Hofkleidung ma-
len Hessen, sind Admirale aus dem 18. Jahrhundert,
einer Unsitte jener Zeit folgend, in vollem, von
ihnen nie getragenem Plattenharnisch abgebildet,
so z. B. Admiral Sir George Rooke (1703).
Aus dem Angeführten ergiebt sich,
dass der Matrose des Mittelalters
keine anderen Schutzwaffen auf die
Dauer getragen haben kann, als einen
offenen Helm mit Krempe oder Helm
und Hals kragen.
Was die Handwaffen der Matrosen betrifft,
 
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