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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 1
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Haeseler, Rudolf: Die historische Entwicklung der im Seekriege gebräuchlichen Waffen bis 1870, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0021

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i. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

7

so mussten zum Zerhauen der feindlichen Take-
lage, zum Kappen von Tauen und Enternetzen einige
Leute Beile zur Hand haben. Zum Kampfe in den
unteren Schiffsräumen, bei welchem auch mit einem
Beil nicht gut ausgeholt werden konnte, war der
Dolch oder ein kurzes Messer unumgänglich not-
wendig. Die nicht mit Beilen bewaffneten Matrosen
konnten kurze Schwerter, welche nötigenfalls
auch als Stichwaffe zu gebrauchen waren, die
späteren Entermesser, führen.
Die Soldaten, deren Einschiffung in der Regel,
wie wir sahen, nur erfolgte, um eine Armee über
See zu führen und die selten mit der alleinigen
Absicht, eine Seeschlacht zu liefern, mitgeführt
wurden, mussten die Waffen, welche sie im Felde
gebrauchten, auch an Bord unverändert fortführen.
Einzelne Waffen, welche für den Seekampf
nicht brauchbar waren oder zuviel Raum bean-
spruchten, wurden jedoch gleich bei der Einschiff-
ung beiseite gelegt. Es waren dies vor allem die
Spiesse der eingeschifften Ritter. Der Komman-
dierende befestigte seinen Spiess mit einem daran
befindlichen Wimpel aufrecht am Maste. Das
Wehen des Wimpels am Maste war demnach da-
mals wie noch heute das deutlich sichtbare Zei-
chen, dass ein Schiff zu Kriegszwecken in Dienst
gestellt worden ist. War der Kommandierende
gleichzeitig Anführer eines grossen Truppenteils
und berechtigt, eine Fahne zu führen, so wehte
seine Flagge, die spätere Admiralsflagge, an sei-
nem Spiesse vom Maste. Die Spiesse der übrigen
Ritter wurden, wie verschiedene ältere Abbildungen
zeigen, auch im Marse, aber nicht aufrecht, am
Maste geführt.
Die Schilde wurden ausserhalb des Schiffes
an der Brustwehr befestigt und dienten so zum
vermehrten Schutze der Soldaten und Matrosen.
(Fig. 5). Ob sie bei der Enterung zur Hand genom-

men wurden, ist schwer festzustellen. Es sprechen
Gründe dafür und dawider. Auf dem erwähnten
Bilde von 1491 hat ein Ritter den Schild am Arme.
Der Gebrauch, die Schilde ausserhalb des Schiffes
zu befestigen, ist sehr alt und war bereits bei den
alten Wikingern üblich; auch später, nachdem
Schilde nicht mehr zum Kriegsgebrauch dienten,
pflegte man die Aussenseite der Schiffe durch an-
gemalte Schilde zu schmücken, so nachweislich
beim ersten Segellinienschiff der Henry Grace ä
Dieu 1540 (Fig. 6). Zur Zeit des Kampfes gegen
die «Spanische Armada» waren den damals ange-
fertigten Darstellungen zufolge (Tapisserien im
alten House of Lords) an den englischen Schiffen
keine gemalten Schilde mehr üblich.
Es ist anzunehmen, dass die eingeschifften
Ritter und Knechte sehr bald die S p o r en und
die Schutzwaffen vom Knie abwärts ab-
legten, weil diese an Bord nicht nur nutzlos, son-
dern sehr hinderlich sein mussten.
Der geschlossene Helm konnte nicht mehr
getragen werden, sobald der eingeschiffte Befehls-
haber Verständnis für die Führung des Schiffes
zu haben anfing. Um Windrichtung und Stärke
beurteilen zu können, musste sein Gesicht frei sein.
Als auf See brauchbare Offensiv-
waffen verblieben den Soldaten sämt-
liche Schusswaffen. Diese waren jedoch bei
frisch eingeschifften Leuten von geringem Wert,
weil lange Übung dazu gehört, Entfernungen über
Wasser richtig zu schätzen und vom bewegten
Schiffe aus sicher zu schiessen.
Ferner konnten alle Stosswaffen bis
zur Länge von 2 m zur Abwehr der
feindlichen. Enterung und alle Hieb-
waffen von unter 1 m Länge zur En-
terung verwendet werden.
(Wird fortgesetzt.)
 
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