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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 2
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Haeseler, Rudolf: Die historische Entwicklung der im Seekriege gebräuchlichen Waffen bis 1870, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0056

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42

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band

Rechnungen wird entnommen, dass das Königliche
Schiff Christopher 1338 drei eiserne Kanonen mit
abnehmbarer Kammer, das Schiff Mary eine eiserne
Kanone mit zwei Kammern und eine Messingkanone
mit einer Kammer, das Schiff Bernhardt zwei Ka-
nonen hatte, und dass andere Kanonen auch auf
weiteren königlichen Schiffen vorhanden waren.
Rechnungsauszüge über Munition kommen erst
nach 1373 häufiger vor.
Wie aus obigen Angaben hervorgeht, gehören
Hinterlader mit herausnehmbaren
Kammern zu den ältesten Marinengeschützen.
Bei der Insel Walney an der englischen Küste wur-
den 1844 alte Geschütze gehoben, welche aus der
Zeit des Königs Richard II. (1377—1399) stammen.
Es waren ein Kanonenrohr, 10 Fuss lang, welches
in der Mitte zwei Zündlöcher hatte und ein Feuer
nach beiden Seiten gestattete, ferner ein kurzes

zusammen 300 schwere Geschosse verfeuerten, den
Schluss zu, dass die durchschnittliche Geschütz-
zahl der Schiffe noch sehr klein gewesen sein
muss, sowie, dass jedes Geschütz kaum mehr als
einmal im Laufe der Schlacht gefeuert haben kann.
Von dem grössten englischen Schiff, welches mit
in dieser Schlacht kämpfte, wissen wir, dass es
19 schwere Kanonen hatte.
Die Gründe, weshalb es länger als hundert
Jahre dauerte, bis die Kanone den ihr gebührenden
Platz an Bord einnahm, sind nicht schwer zu finden.
Die Geschützpforte, d. h. die wasserdicht ver-
schliessbare Öffnung in der Bordwand, durch wel-
che die Geschütze feuerten, wurde erst um 1500
erfunden. Bis dahin war es notwendig, die Kanonen
oben auf Deck aufzustellen. Um die Ruderer nicht
in ihrer Thätigkeit zu stören, mussten sie nun hoch
oben auf die Vorder- und Hinterkastelle gestellt


Rohr, zwei Fuss lang, von 2 Zoll Kaliber, und
zwei zu einem Geschütze gehörige Kammern, von
denen eine noch geladen war. Gleichzeitig wur-
den eine 5 1/2 zöllige eiserne Kugel, sowie mehrere
kleinere Kugeln aus Eisen und Blei gefunden
(Abb. 1).
Die kleine Hinterladekanone war nun keine
Eigentümlichkeit der englischen Artillerie. Im Ar-
senal zu Venedig, wo angegeben wird, dass die
Geschütze von einem in den Lagunen aufgefunde-
nen Schiffe stammen, finden sich z. B. ähnliche Ka-
nonen aus jener Zeit, und auch einige Stücke des
Berliner Zeughauses scheinen Schiffsgeschütze ge-
wesen zu sein.
Über die Anzahl der Kanonen, auf Schiffen
des XVI. Jahrhunderts lässt die Angabe des Fran-
zosen du Bellay über die Seeschlacht bei Ports-
mouth 1545, bei welcher ungefähr 200 Schiffe sich
2 1/2 Stunde in heftigem Nahekampf beschossen und

werden. Doch erwiesen sich diese dazu zu leicht,
und Schiffe mit Back und Kampagne zur Aufnahme
der Geschützarmierung mussten gebaut werden.
Das Gewicht der so hoch oben aufgestellten Ka-
nonen beeinträchtigte aber die Stabilität der
Schiffe, die nun mehr Ballast stauen mussten, in-
folgedessen tiefer ins Wasser sanken und schwerer
zu bewegen waren. Aus all’ dem erhellt deutlich, dass
Kanonen nur dann mit Vorteil zur See verwandt
werden konnten, wenn die Schiffe hierzu beson-
ders gebaut waren.
Die Kaufleute aber, welche im Kriege ihre
Schiffe zum Dienst stellen mussten, hatten schwer-
lich Lust, die Kosten dieser neuen Anlagen zu tra-
gen und bauten ihre Schiffe vorläufig unverändert
weiter. Das alte Geschütz schoss — ein weiterer
Grund zu seiner langsam fortschreitenden Ein-
führung — sehr ungenau und ungleichmässig, be-
anspruchte lange Zeit, um geladen zu werden und
 
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