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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 2
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Haeseler, Rudolf: Die historische Entwicklung der im Seekriege gebräuchlichen Waffen bis 1870, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0059

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2. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

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so tief gelegt, dass die Pforten eigentlich nur j
bei gutem Wetter geöffnet werden konnten. Bis
Ende des achtzehnten Jahrhunderts ist es vorge- |
kommen, dass Schiffe mit den leichten Geschützen
der oberen Batterien allein kämpfen mussten, weil
sie die Pforten der unteren Batterien nicht zu öff-
nen vermochten, ohne das Schilf in Gefahr zu
bringen. Öfters sind auch Schiffe im Gefecht ge-
sunken, weil der Wind sie auf eine Seite neigte
und die untere Batterie voll Wasser lief.
In einer SchifTsliste von 1548 ist nun die Ar-
mierung der Henry Grace ä Dieu nur noch mit
19 schweren Geschützen aus Messing und 103 leich- |
ten eisernen Rohren angegeben. Man hatte, wie
es scheint, eine Menge der kleinsten Kanonen als |
überflüssig ausgeschifft. Die 19 schweren Messing-
rohre waren Folgende:

Bezeichnung
Zahl
Kaliber Rohrgewicht
Geschossgew.
der Geschützart
in Zoll
in Pfund
in Pfund
Cannon
4
8
6000
60
Demi cannon
3
6V2
4000
30 V2
Culverin
4
5 Va
4500
I7V4
Demi culverin
2
4V2
3400
I5V4
Saker
4
0 1 /
0 / 2
I4OO
5 Vs
Cannon Petro
2
6
3000
24 V2
Canno Petro
feuerte
Stein-
oder Bleikugeln, alle

anderen Geschütze hatten Eisenmunition.
Etwa hundert Jahre später (1603) führte das
Schiff Triumph, von derselben Grösse wie das oben
beschriebene, nachstehende Armierung, 38 schwere
Geschütze, und zwar: 4 Cannon, 3 Demi cannon,
17 Culverin, 8 Demi culverin, 6 Saker und nur
noch 4 kleinere Geschütze. Nach einer anderen An-
gabe führte es 30 kleinere Rohre. Die Geschütze
schossen noch recht ungenau und hatten einen
Spielraum von i/2 Zoll und häufig mehr zwischen
Geschoss und Rohr wand. An Besatzung hatte das-
selbe Schiff 340 Seeleute, 40 Artilleristen und 120
Seesoldaten, im ganzen 500 Mann, also 200 weni-
ger als die Henry Grace ä Dieu. Es waren noch
Bogen und Pfeile an Bord.
Der erste Dreidecker ,,Sovereign of the Seas“

wurde 1637 gebaut. Dieses Schiff war bei 1500
Tonnen um 1/3 grösser als die beiden vorgenannten.
Es führte in drei gedeckten Batterien in nach-
stehender Ordnung 100 Geschütze. In der ersten,
untersten Batterie 20 Cannon und 8 Demi cannon,
in der zweiten Batterie 30 Culverins, in der dritten
Batterie 28 Demi culverins, auf Oberdeck, Back
und Kampagne 2 Culverins und 16 Demi culve-
rins.
In der Armierung dieses Schiffes ist insofern
ein grosser Fortschritt gegen früher zu bemerken,
als die verschiedenen Kaliber auf vier reduziert
sind und aus jeder Batterie einheitliche Geschosse
gefeuert werden. Die vielen verschiedenartigen
kleinen Geschütze sind mit der entgültigen Einfüh-
rung von Handfeuerwaffen in Fortfall gekommen.
Wenn ausnahmsweise kleine Pivotgeschütze, Wall-
büchsen und dergleichen aufgestellt wurden, zähl-
ten sie bei Angabe der Geschützzahl eines Schiffes
nicht mehr mit. Es wurde auch dahin gearbeitet,
die Kanonen zu erleichtern, was nicht nur den
Zweck hatte, mehr Geschütze, wie früher einschif-
fen zu können, sondern auch eine leichtere Be-
dienung derselben und somit ein schnelleres Feuern
zu gestalten. 1626 erhielt ein gewisser John Brown,
Königlicher Geschützgiesser, eine Belohnung von
200 Pfund, weil er leichtere und gleichzeitig wider-
standsfähigere Kanonen, als bisher üblich waren,
hergestellt hatte.
Stein- und Bleikugeln wurden seit 1625 nicht
mehr verwendet, die Bezeichnung Canon Petro galt
von da ab für ein Rohr, welches nur mit schwacher
Ladung feuerte.
Der Export von Kanonen wurde während der
Regierungszeit von Jacob I. und Karl I. nur mit
königlicher Einwilligung gestattet. Es durfte nur
in East Smithfiel mit solchen gehandelt werden, die
Aus- und Einschiffung wurde nur beim Tower in
London geduldet. Trotzdem sind viele Geschütze
ins Ausland gekommen; nicht wenige wurden aus
den Befestigungswerken und wahrscheinlich auch
aus den Königlichen Schiffen gestohlen.
(Wird fortgesetzt.)
 
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