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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 2
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0066

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52

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.

Vor allem ist auf dem Wiener Schild gar nicht die Ge-
schichte Cäsars dargestellt. Gellis Hauptprämisse nämlich ist
die Darstellung der Überbringung des Hauptes von Pompeius
durch Ptolomäus an Cäsar, welches im Medaillon links dar-
gestellt sein soll. Was Gelli zu dieser Vermutung gebracht
hat, weiss ich nicht, als Entschuldigung, wenn eine möglich
ist, wäre die Undeutlichkeit der Photographie. Doch auch
dies ist hinfällig, denn Böheim hat in dem ersten Bande
seines «Album hervorragender Gegenstände aus der Waffen-
sammlung des A. H. Kaiserhauses» nicht nur einen deutlichen
Lichtdruck, sondern auch die Beschreibung des Medaillons
gegeben: «der Held überreicht dem Könige die spolia opima»,
und darunter kann man sich doch nicht den Kopf des über-
wundenen Gegners vorstellen.
Auch die Deutung des grossen Mittelmedaillons als Schlacht
bei Thapsos ist komisch, wenn man sich vergegenwärtigt, dass
ein Renaissancekünstler eine Schlacht zwischen Cäsar und
Metellus Scipio so darstellt, dass teils ganz nackte, teils nur
mit einem Schilde geschützte Männer sich mit Keulen er-
schlagen.
Auch die Angabe der Geschichte des Wiener Schildes ist
falsch. Der Wiener Schild wurde nie von Wrangel geraubt,
wohl aber befindet sich der gesuchte Schild heute noch im
Schlosse Skokloster. Schliesslich ist die bei Petrini angeführte
Stelle gar nicht auf unseren Schild zu beziehen, denn auf ihm
ist eben die Geschichte Cäsars. nicht dargestellt, auch ist in
allen figürlichen Teilen kein abgeschlagener Kopf zu finden.
Wenn Gelli mit mehr wissenschaftlicher Gründlichkeit
und weniger Chauvinismus gearbeitet hätte, wäre es für ihn
nicht notwendig gewesen, in das ferne Wien zu schweifen,
wenn eben das Gute in — Turin liegt: Die von ihm nach
Petrini citierte Stelle passt vollkommen auf den Schild F 12
in der Armeria reale in Turin. Denn vor allem ist die Beschrei-
bung Petrinis doch so aufzufassen, dass die Hauptdarstellung
genannt wird und nicht eine kleine Nebendarstellung. Der
Turiner Schild zeigt eben thatsächlich, wie der gekrönte Pto-
lomäus in der Linken das Haupt, in der Rechten den Ring
des Pompeius dem im Zelte sitzenden Cäsar bringt. Da nach
Petrini der Turiner Schild ein Geschenk Karls V. an Alessandro
Medici ist, so kann man ihn, da dieser Fürst 1537 ermordet
wurde, genau datieren: er dürfte zwischen 1530 und 1537 ent-
standen sein.
Nun nur noch einige Worte über den Meister. Gelli
sucht in seinen weiteren Ausführungen den Meister «Pirro
(Pietro) Sirrico» — Von dem er selbst in seinem «Guida del
Raccoglitore e dell’Amatore di armi antichi: Milano 1900» sagt:
.«distinto fabbricante di armature. Lavocö per Carlo V.» —
wegzudrängen und einen Mailänder Meister an seine Stelle zu
setzen, um nur seinem Lokalpatriotismus' zu huldigen. Er
glaubt, Petrini habe den Namen Sirrico verstümmelt und habe
den Pirro Sironi gemeint, weil Gelli einen Pirro Sironi di
Giovan Antonio 1528 in Mailänder Urkunden findet. Solange
das der einzige Beweis ist, würde ich wohl eher an der Tra-
dition festhalten, die anzuzweifeln wir gar keinen Grund haben.
-Denn Petrini als Florentiner wird wohl den florentinischen
Plattner Sirrico gekannt haben, der jedenfalls, nachdem sein
Name sich über 100 Jahre in der Tradition erhalten hat, ein
bedeutenderer Waffenschmied war, als der sonst ganz unbe-
kannte Sironi.
Ich will auf den sehr aggressiven Schluss des Gellischen
Aufsatzes nicht näher eingehen, nur glaube ich, es wäre vor-
teilhafter, selbst gründlicher zu arbeiten, ehe man es sich er-
lauben darf, ein Urteil über die Gründlichkeit anderer abzu-
geben.
Mehr Wissenschaftlichkeit, weniger Chauvinismus.
Dr. C. List, Wien.
Der Schriftleitung ist es Bedürfnis, ihre volle Überein-
stimmung mit dem oben Ausgeführten besonders zu betonen.
Die in diesem Heft besprochenen Bemühungen um das Haus
der Nigroli werden gewiss Herrn Gelli den Dank aller Waffen-
freunde eintragen, seine Anmassungen aber, die in seinen

wissenschaftlichen Leistungen kein ausgleichendes Gegengewicht
finden, müssen mit Entschiedenheit zurückgewiesen werden.
Herr Gelli hat noch sehr viel von der Wissenschaft derjenigen
Länder zu lernen, auf deren Forschungen er von einer Höhe
herabsieht, zu der ihn nur sein eigener Glaube an seine
Tüchtigkeit emporgehoben hat, nicht das Urteil anderer.
Koetschau.

Mitteilungen des kaiserlichen und königlichen
Heeresmuseums im Artillerie-Arsenal in Wien.
Herausgegeben von dem Kuratorium des k. u. k. Heeres-
museums. 1. Heft. Wien 1902.
Ursprung und Entwickelung der deutschen Kriegs-
artikel von Wilhelm Erben. Innsbruck 1900.
Als dankenswerte Neuerung ist es zu begrüssen, dass das
k. u. k. Heeresmuseum alljährlich Mitteilungen über seine
Fortschritte veröffentlicht, deren erstes Heft uns hier vorliegt.
Das Unternehmen gewinnt erheblich durch die Beifügung
wissenschaftlicher Abhandlungen aus dem Arbeitsgebiet des
Museums, wobei auf die innere Geschichte der Armee in erster
Linie Gewicht gelegt werden soll: «Denn gerade solche Stu-
dien werden am meisten zur richtigen Würdigung der histo-
rischen Schätze beitragen, welche dieser Anstalt anvertraut
sind; sie werden den für den Museumsbesucher bestimmten
Führer von kritischen Anmerkungen entlasten und zugleich
der Abfassung grösserer Fachkataloge über die bemerkens-
wertesten Teile der Sammlung Vorarbeiten.»
Noch bedeutender als in diesen Worten der «Mitteilungen»
charakterisiert, dürfte der Nutzen sein, den die neue Einrich-
tung der Wissenschaft, dem Publikum und dem Museum
bringen kann. Am fruchtbarsten nämlich wird die Anregung
zum Weiterforschen wirken, die das Bekanntwerden wich-
tiger, bisher wenig oder nicht beachteter Einzelheiten auf
heeresgeschichtlichem Gebiete herbeiführt. Und hierin dürfte
ein ebenso wichtiges Moment für die Wertschätzung der neuen
Einrichtung liegen, wie in den oben erwähnten museumstech-
nischen Rücksichten.
Der geschäftliche Teil der «Mitteilungen» ergiebt ein
erfreuliches Bild über das Gedeihen der Anstalt und das
öffentliche Interesse an derselben im Jahre 1901. — Es wird
betont, dass die Anregung zur Beschäftigung mit der österrei-
chischen Geschichte das Beste ist, was das Heeresmuseum zu
bieten vermag, und dass gerade die Heeresgeschichte am ge-
eignetsten zu solcher Anregung ist. Das ist sehr treffend:
denn Kriege haften am tiefsten im Gedächtnis der Menschen,
weil sie die augenfälligsten und. erregendsten Ereignisse der
Geschichte sind. — Auch des grossen Nutzens ist gedacht,
den der Künstler aus solchen Sammlungen zu ziehen ver-
mag und es bedarf wohl für uns, denen Adolph Menzel an,
gehört, keines weiteren Beweises in dieser Hinsicht.
Die historische Waffenkunde, als Teil der Kulturgeschichte,
hat an all diesem ein hohes Interesse: nicht minder an der
wissenschaftlichen Beigabe: «Kriegsartikel und Regle-
ments als Quellen zur Geschichte der k. u. k. Armee»
von unserem Mitglied, Herrn Dr. Wilhelm Erben. Es lag nichts
näher, als auf die eingangs genannte Arbeit des sorgfältigen
Forschers: «Ursprung und Entwickelung der deut-
schen Kriegsartikel» hierbei einzugehen, und so sei eine
kurze Besprechung beider gestattet.
Die modernen Kriegsartikel sind ihrem Wesen und In-
halt nach nur zum Teil mit den alten Ausarbeitungen des-
selben oder ähnlichen Namens zu vergleichen. Während wir
heute in den Kriegsartikeln eine ethische Pflichtenlehre fin-
den Soldaten der allgemeinen Wehrpflicht erblicken, der ver-
möge dieser gesetzlichen Institution mit Leib und Leben dem
Staate gehört, fussten die alten Söldnereide, Artikelsbriefe und
Reiterbestallungen in erster Linie darauf, dass das Einzel-
individuum sich selbst, auf Grund freien Entschlusses zum
Dienen verpflichtete: der Vertrag war die Grundlage, nicht
die Pflicht von Staatswegen.
 
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