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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 3
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Koetschau, Karl; Hefner-Alteneck, Jakob Heinrich von [Gefeierte Pers.]: Jakob Heinrich von Hefner-Alteneck †: ein Wort zum Gedächtnis
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0072

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58

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.

Waffenkunde bei dessen Begründung gestellt wor-
den war? — —
Heute erscheint uns manches als selbstverständ-
liches Hilfsmittel, was die Forschung in der Zeit
von Hefners bestem Schaffen noch nicht kannte.
Die Heranziehung der Kunstdenkmäler zur Erklä-
rung der Kultur ist erst durch Hefners Vorgang
in Deutschland zur Gewohnheit geworden, und auch
die fremdländische Forschung hat diese Arbeiten
als Muster gepriesen und benutzt. Das muss wie-
der einmal, da es allzuleicht vergessen wird, fest-
gestellt werden. Hefner sagt in seinen „Lebens-
Erinnerungen“ (S. 5 ff.):
„Die Werke bildender Kunst der Vorzeit jeder Art spra-
chen zu mir wie Geisterstimmen aus nebelgrauer Ferne, sie
wurden mir mit Zunahme meiner Jahre Lern- und Lehrmittel
und zwar vom Abc bis zu dem, was ich Philosophie nennen
darf. Es ist gewiss, dass aus dem tiefsten Dunkel der Vor-
zeit die Gebilde der Menschenhand höherer und niederer Art
oft mächtig zu uns sprechen, wo Worte und Schriften schwei-
gen, wenn man dabei vorurteilsfrei zu Werke geht. Die Ge-
schichte der Menschheit, ohne jene der Kunst, gleicht einem
grossen Schauspiel, welches man hört und liest, von dem man
aber nichts sieht.“
Von diesem Gesichtspunkte aus muss Hefners
Schaffen betrachtet werden. Denn nur dieser An-
schauung verdanken wir alle seine Schriften und
eine so wunderbar reiche Anstalt der Belehrung,
wie es das Münchner Nationalmuseum ist. Diese
Anschauung ist aber um so verdienstvoller, als sie
sich in einer Zeit herausgebildet hat, in der die
wenigsten fähig waren, etwas Ähnliches zu denken.
Denn Hefners Jugend fällt in die Zeit der Romantik,
und so gewiss ohne sie der glückliche Aufschwung
der Geschichtswissenschaft nicht zu denken wäre,
so sicher ist doch auch, dass nur wenige Auserwählte
das Gute und Entwicklungsfähige in dieser Zeitströ-
mung zu finden wussten, die meisten vielmehr zu
historischen Vorstellungen kamen, welche aus einem
meist recht unsicheren Spiel der Phantasie und
nicht aus kritischem Sehen und P'orschen hervor-
gingen.
Es kann meine Aufgabe nicht sein, hier die
einzelnen Werke Hefners zu würdigen, zumal es
auch unnötig wäre, da sie längst allgemein aner-
kannt und von Tausenden schon mit dem grössten
Vorteil gebraucht worden sind, von dem jüngsten
aber ich an einer anderen Stelle dieses Heftes
spreche. Nur darauf mag hingewiesen werden,
dass wir bis jetzt, trotzdem manches Einzelgebiet
gründlicher erforscht worden ist, nichts in unserer
kulturgeschichtlichen Litteratur haben, was sie in
ihrer gediegenen Vielseitigkeit ersetzen könnte.
Auch Hefner als Museumsbeamten zu würdigen,
mag einem anderen überlassen werden. Daran aber
will ich hierbei erinnern, dass manche seiner Ein-
richtungen noch heute wiederholt zu werden pflegen,
und dass auf der Wiener Weltausstellung 1873 seine
musealen Arbeiten in der Gruppe, welche „die Wirk-
samkeit der Museen“ darstellte, nach denen des
South-Kensingtonmuseums die meiste Anerkennung

gefunden haben. Möge das niemals vergessen wer-
den, am wenigsten an der Stelle, für die er seine
beste Kraft geopfert hat.
Von Hefners „Lebens-Erinnerungen“ habe ich
schon einmal in dieser Zeitschrift (II. Bd. S. 122) ge-
sprochen. Ich möchte jetzt das dort Gegebene durch
Anführung einiger Daten ergänzen. Hefner wurde
am 20. Mai 1811 zu Aschaffenburg geboren, wo sein
Vater Franz Ignaz als hoher Beamter des Fürst-Primas
Karl von Dalberg, des damaligen Grossherzogs von
Frankfurt von Napoleons Gnaden, eine segensreiche
Thätigkeit ausübte. Die Kunst war in dem Hause
heimisch, und so kam es, dass der Knabe mehr
bei ihr als im gewöhnlichen Unterricht seinen Bil-
dungsstoff suchte und fand. Besonders fleissig führte
er Stift und Pinsel, was um so mehr Anerkennung
verdient, als er schon im frühesten Knabenalter durch
einen Unfall und die Ungeschicklichkeit des behan-
delnden Arztes seines rechten Armes beraubt wor-
den war. Aber mit der ihm eigenen Energie, die
ihn bis ins hohe Alter begleitete, wusste ex' den
Verlust gut zu machen und bald übertraf er sogar
an Geschicklichkeit seine Altersgenossen. Während
er, wohl durch seine Neigung zum Kunstgewerbe
veranlasst, an dem Betrieb einer Porzellanfabrik
sich beteiligte, übernahm er gleichzeitig im Jahre
1833 den Zeichenunterricht an der Gewerbeschule
seiner Vaterstadt, den er mit einer für solch’ einen
jungen Mann erstaunlichen Überlegenheit des Ur-
teils so glücklich förderte, dass die Regierung ihn
schon* im Jahre 1836 dafür durch die Verleihung
des Titels eines Professors ehrte. Aber auch ausser-
halb des bayrischen Landes wusste man seine Thä-
tigkeit zu schätzen, die zweifellos damals als etwas
ganz Aussergewöhnliches erschien und deren Wert
für die Geschichte man wohl ahnte: die philoso-
phische Fakultät der Universität Giessen ernannte
im Jahre 1840 den Neunundzwanzigjährigen zum
Ehrendoktor. Kurz vorher hatte seine schriftstelle-
rische Thätigkeit eingesetzt, die im Laufe der Jahr-
zehnte eine lange Reihe von Werken zeitigte. Ich
führe sie hier in chronologischer Folge an und ver-
zichte nur ungern darauf, die Geschichte ihrer Ent-
stehung und ihrer Wirkung zu schildern:
1. Trachten des christlichen Mittelalters nach gleichzei-
tigen Kunstdenkmalen. 3 Bände. 1840—1854. — 2. Kunstwerke
und Gerätschaften des Mittelalters und der Renaissance, in Ge-
meinschaft mit C. Becker. 3 Bände. 1847-—1862. — 3. Die Burg
Tannenberg und ihre Ausgrabungen, in Gemeinschaft mit Dr.
S. Wolf. 1850. — 4. Hans Burgkmaiers Turnierbuch. 1853.—
5. Eisenwerke oder Ornamentik der Schmiedekunst des Mittel-
alters und der Renaissance. 1. Band. 1861 —1870. —- 6. Ent-
würfe deutscher Meister für Prachtrüstungen der Könige von
Frankreich. 1865. — 7. Die Kunstkammer Sr. Königl. Hoheit
des Fürsten Carl Anton von Hohenzollern. 1866—1868.
8. Serrurerie ou les ouvrages en fer forge du moyen-äge
et de la renaissance. 1870. (Vgl. Nr. 5.) — 9. Trachten,
Kunstwerke und Gerätschaften vom frühen Mittelalter bis
Ende des 18. Jahrhunderts nach gleichzeitigen Originalen.
10 Bände. 1879—1889. (Vgl. Nr. 1.) — io. Costumes, Oeuvres
d’Art et Ustensiles depuis le commcncement du moyenäge
jusqua la fin du dix-huitieme siede d’apres les originaux
 
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