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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 4
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Thierbach, Moritz: Die Handfeuerwaffen der sächsischen Armee, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0106

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Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.

„bezahlt werden. Der zu Urkund dieses Gedinge
„und Vergleichung hat der edel gestrenge und
„ehrenfeste Rochus von Linar, kurfürstlicher
„Oberster der Artillerie, Zeug- und Baumeister,
„diese Abmachung und Geding wohl mit eigner
„Hand unterschrieben und gegeben zu Dresden
„den 16. Octobris anno 1570.“
In welcher Höhe die Waffen in den kurfürst-
lichen Zeughäusern aufbewahrt wurden, zeigt das
vom Zeugmeister Paul Büchner im Jahre 1581 auf-
gestellte Inventar der Landeszeughäuser zu Dresden,
Leipzig (Pleissenburg), Wittenberg, Pirna (Sonnen-
stein) und Zwickau. Es sind darin zusammen 11 425
Handfeuerwaffen verzeichnet, darunter 3160 Rohre
mit Schwammschlössern, 1348 mit Feuerschloss
(Radschloss), 644 Doppelhaken mit Schwamm-
schlössern, 42 Fauströhrlein mit Feuerschloss, 74
spanische Rohre mit feuerschlagendem Schlosse
(Schnapphahnschloss) und Schwammschloss, 6 Mu-
sterrohre mit Feuerschloss und Schwammschloss,
3 Rohre mit 3 Hähnen für 3 Schüsse, 1 Rohr mit
2 Hähnen, „daraus kann man 3 Schüsse thun.“ 4
Rohre, jedes für 2 Schuss, 4 Rohre mit Hahnspan-
nern, darunter 1 mit 3 Schuss „haben Feuer-
schloss“, 2 Rohre mit einem „verborgenen Pfänn-
lein“. Ausserdem waren vorhanden 7872 Pulver-
flaschen, 3067 Knechtsharnische mit Rücken, Krebs,
Kragen und Sturmhauben, 1003 Schützenhauben,
18 33 5 lange Spiesse und 298 Schlachtschwerter etc.
Im Jahre 1592 wurden aus diesen Vorräten
eine grössere Anzahl Waffen an „Römisch Kaiser-
liche Majestät gelassen“, darunter 925 Musketen
mit Feuerschloss, 2010 mit Schwammschlossen,
3035 Pulverflaschen, 1585 ganze Rüstungen, 1260
lange Spiesse zusammen für 29 163 Gulden 19 gr.
Ferner wurden in demselben Jahre „dem Obersten
Jost Heinrich von Witzleben zur Errichtung eines
Regiments von dritthalbtausend Mann gelassen“:
„10 Fendiein jedes zu 40 fl thut 400 fl,
„20 gantze Spiele jedes zu 8 fl thut 160 fl,
„400 gantze Musketen mit Feuerschlössern,
jedes samt zugehörigen Flaschen und Firgeten
(Fourquetta) jedes für 6 fl thut 2400 fl,
„850 einfache Schützenrohre mit zugehörigen
Flaschen, item 850 Schützenhauben, thut zu-
sammen auf jeden Mann 5 fl 15 gr. Summe:
4857 fl 3 gr.
„1250 gantze Rüstungen jede zu 7 fl thut 8750fl,
1100 lange Spiesse jeder zu 1 fl thut 1100 fl,
„60 Schlachtschwerter sammt soviel Paar Hand-
schuh, jedes mit den Handschuhen 6 fl 2 gr.
thut 365 fl 15 gr.
„9° geringe Helparten jede zu 1 fl 15 gr., und
thut Summe aller angesetzten Rüstungen an
Gelde 18 187 fl 3 gr. Da aber die 850 ein-
fachen Schützenrohre mit Feuerschlossen sein
sollen, davon ein jedes 4 fl 12 gr. kostet, würde
die obige Summe erhöht umb 1335 fl 15 gr.
und alsdann austragen 19 522 fl 18 gr.“

Als Ersatz für diese Waffenausgabe wird im
Jahre 1599 ein Kontrakt mit dem Büchsenschmied
Simon Stöhr in Suhl über Lieferung von 217 gan-
zen und 240 halben Musketen, ferner im Jahre 1609
mit Hans von Salingen zu Hamburg über 70 ganze
Musketen und 60 „Kleber“ abgeschlossen. —
Mit dem Herannahen der Wirren des 30jährigen
Krieges wurde in Sachsen auf die Bewaffnung der
Städte und Errichtung von Verteidigungsanstalten
grössere Sorgfalt verwendet. Als wichtigstes ist die
im Jahre 1610 erfolgte Errichtung des sogenannten
„Defensions Werkes“ zu bezeichnen, wonach
aus den von den Ämtern gestellten Eingebornen
eine Landmiliz von 2 Regimentern Fussvolk, jede
zu 8 Kompagnien zu 520 Mann gebildet werden
sollte. Als zugehörige Reiterei dienten „die vom
Adel und ihr Gesinde“ als Lehnsreiterei und zwar
2 Kompagnien zu 930 bezw. 690 Pferden. Sie er-
hielten eine „sonderbare Livray“, bestehend in
schwarzsammtner Kleidung mit goldenen Borden
besetzt, gelber Feldbinde mit dergleichen Plutfeder.1)
Das Fussvolk erhielt nach den Regimentern roth-
bezw. schwarztuchne Röcke*) mit weissem bezw.
gelbem Besatz, sowie wollene Strümpfe. Die Bewaff-
nung und Ausrüstung und zwar: Pikenirharnisch
mit Halskragen, Arm- und Beinschienen, Sturm-
haube, langer Spiess, Degen mit Gehänge bezw.
Muskete mit Bandelier und Gabel, erfolgte durch
die Städte und Ämter, doch vergütete der Kur-
fürst die Kosten nach festgesetzten Preisen. Pulver
und Blei, sowie die Lunte wurde aus den Zeug-
häusern geliefert.
Im Jahre 1618 fand die Errichtung von 3 Kom-
pagnien Arkebusier-Reitern zu je 70 Pferden statt,
die Feuerrohre wurden dazu aus dem Zeughause
geliefert. Im Jahre darauf wurden noch 7 Kom-
pagnien dazu formiert. In demselben Jahre — 1619
' —- wurde ein Regiment zu Fuss des Oberst Jahn
von Schlieben von 3140 Mann in 10 Fähnlein er-
richtet, welche „rasche Röcke“ erhielt, während
das ebenfalls neugebildete, gleichstarke Regiment
des Oberst Karl von Goldstein gelbe Röcke trug.
Nach dem betreffenden Werbepatent erhielt der
Söldner „Rüstung, Picke, Wehr und Muskete“ aus
dem Zeughause, deren Wert ihnen in 3 Monaten
vom Sold abgezogen wurde; Kraut und Lot er-
hielten sie umsonst. „Der Mann soll seine Waffen
gut halten“, und wird ihm versprochen, dass der
Kurfürst sie ihm bei der Abdankung wieder ab-
kaufen werde.
Bei der Belagerung von Bautzen im Juni 1620
wurden den Truppen unter anderm aus dem Zeug-
1) In einer Notiz von G. Liebe, die Uniform der kur-
sächsischen Lehnsritterschaft 1610, welche im 2. Heft des 2. Ban-
des dieser Zeitschrift zu finden ist (S. 49), wird die „sonder-
bare Livray“ nach einer im Magdeburger Staatsarchiv erhal-
tenen Federzeichnung abgebildet.
2) Von diesen Röcken in Form von Überwürfen sind
noch je einer im Altertumsmuseum und in der Arsenalsamm-
lung (Zwickauer Eigentum) erhalten.
 
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