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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 4
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Röder, Ernst: Aus der Waffensammlung des Germanischen Nationalmuseums
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0116

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Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.

und oben 22,5 mm im Durchmesser misst. Direkt un-
ter dem Mundfries ist eine Einkröpfung von 22 mm
Durchmesser. Der Mundfries selbst ist, wie schon
erwähnt, achtkantig, nicht rund, und sehr verdrückt
und verschoben (wohl eine Folge des Burgbrandes)
und hat, von Seite zu Seite gemessen, 28,9 bis
29,8 mm Durchmesser bei einer Stärke von 3,0
bis 5,1 mm.
Figur 3 giebt das Innere der Büchse in einem
Längendurchschnitt durch dieselbe wieder. Am
obersten Ende des Mundfrieses beginnt die Bohrung
mit einem Durchmesser von 17,2 bis 17,9 mm,
um sich bis zu seinem unteren Ende auf 16,4 mm zu
verengen. Von da beginnt die genau runde Bohrung
und nimmt auf einer Strecke von 70,75 mm rasch
trichterförmig bis zu 14,6 mm Durchmesser ab,
kommt dann auf weiteren 78,8 mm auf 14,4 mm
Durchmesser und verengt sich nach 6,7 mm noch
bis auf 8,9 mm. Diese Verengung ist nur ganz
kurz, erweitert sich sofort wieder, sodass schon nach
10,2 mm die Bohrung schon wieder 13,7 mm im

ausgedreht; sie hat eine Weite von 1,7 cm. Die
Kammer ist, soweit ihre Mündung durch die Rohr-
mündung sichtbar wird, nicht genau kreisrund und
hat zwischen 0,9 und 1,1 cm Durchmesser.“
Oberst Thierbach bringt neben der ebenso
unrichtigen Zeichnung folgende Angaben21): ,,Die
Büchse ist von Bronze gegossen, die ganze Länge
beträgt 330 mm, wovon 281 mm auf den eigent-
lichen Lauf und 49 mm auf die Hülse zum Einsetzen
des — fehlenden — Schaftstabes kommen. Die
äussere Form ist achtkantig, mit ringförmiger Ver-
stärkung an der Mündung; hinter dem Ring 22 mm,
am Boden 38 mm stark. Die Bohrung besteht aus
einem 154 mm langen Flug und einer 117 mm
langen Kammer; die Seelenweite des Fluges beträgt
etwa 17,3, hinten 16,8 mm, der Kammer vorn 9,5,
hinten 9 mm. Das senkrecht geführte Zündloch
hat 3 mm Durchmesser, mündet innen 2 mm vom
halbkugelförmigen Boden, aussen in einer kleinen
kegelförmigen Erweiterung als Pfannentrog. Die
sich verjüngende Form des Fluges gestattet das


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jez. E. Röder. Fig. 4, Masstab I : 3.
Längendurchschnitt der Tannenberger Büchse nach Esswein.

Durchmesser beträgt, und zum Schluss bei t 2,7 mm
Weite halbrund abschliesst. Die ganze Länge der
Seele beträgt 269,8 mm. Etwa 2 mm oberhalb des
Bodens der Bohrung mündet das Zündloch, das
einen Durchmesser von 3 mm hat, nach aussen sich
aber auf 5 mm erweitert und in eine flach einge-
schlagene, muldenartige Vertiefung endet.
Ich setze zum Vergleich in Figur 4 die Zeich-
nung der Büchse bei, wie sie E s s e n w e i n19) giebt,
und die wohl das Urbild für alle die übrigen un-
richtigen Darstellungen sein dürfte. Wenn wir seine
Zeichnung mit seinen Massangaben vergleichen, so
werden wir finden, dass auch diese nicht mitein-
ander übereinstimmen. Essenwein hat sich
seinerzeit folgendermassen über die Tannenberger
Büchse geäussert20): ,,Die Röhre ist aus Bronze ge-
gossen; die gesamte Länge beträgt 0,33 m, die
innere Tiefe 0,272 m, wovon 0,117 m auf
die Kammer, 0,155 m au^ die weitere Röhre ent-
fallen. Diesel Ire steht nicht genau in der Mitte der
Metalldicke, ist jedoch schön rund und offenbar
19) Essenwein: Quellen zur Geschichte der Feuerwaffen.
Tafel B. I. b. und Anzeiger f. K. D. D. V. 1873. Sp. 120.
20) Essenwein: Quellen. S. 109.

Festsetzen der Bleikugel über der Kammer macht
den Holzpfropf entbehrlich und erhielt die Kugel
eine längere Führung im Rohr, sodass ein mehr
gradliniger Schuss, entgegen dem Bogenschuss aus
den zuerst beschriebenen Büchsen erreicht wurde“.
Selbstverständlich, ich betone das noch einmal,
trifft Oberst M. Thierbach absolut keine Schuld,
wenn er durch eine allgemein als genau geltende,
in der That aber unrichtige Nachbildung, wie aus
seiner Beschreibung hervorgeht, zur Angabe falscher
Masse kommt.
Wenn man nun diese falschen Darstellungen
mit der meinigen vergleicht, so wird, um das Wich-
tigste vorwegzunehmen, einleuchten, dass von
einer Kammer nicht mehr die Rede sein
kann. Die Seele erweitert sich gleichmässig
konisch von ihrem Ende bis 75,25 mm vor der Mün-
dung und wird nur durch eine kurze, ringförmige
Verengerung unterbrochen. Diese verengte Stelle
ist meiner Ansicht nach der Vorläufer der Kammer,
wie sie im Anfang des 15. Jahrhunderts auftaucht.
Sie dient wohl ebenso wie die Kammer nebst der

21) Zeitschrift für hist. Waffenkunde. Bd. 1, S. 130.
 
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