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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 5
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Meyer: Ein Darsteller des Artilleriematerials aus der Mitte des XVII. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0130

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114-

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.

unserer Zeitschrift. In der relativen Länge der
Rohre — Spalte 3 der Tabelle — werden die heut-
zutage erreichten Zahlen von den damaligen leich-
ten Geschützen, — wie Nr. 13 und 14 —-9 über-
troffen, von den schweren nicht erreicht. So
hat z. B. die moderne lange 15 cm-Kanone eine
Rohrlänge von 30 Kalibern, die damalige doppelte

Kartaune nur 17. Man konnte offenbar einen
langen, dünnen, oder einen kurzen, stärken Rohr-
körper in homogenem Guss herstellen, nicht aber
einen langen, starken Block ohne Fehler giessen.
Sonst würden wohl, besonders als Festungs- oder
Schiffsgeschütze, Stücke schwersten Kalibers von
weit grösserer Länge erwähnt sein.

Tabelle I.

Schwere der Kugel.

Gesamtlänge in
Kalibern.

Durchschnittliche Metallstärke am
Laderaum in Kalibern.

u bo
•23 C
Ja 3



H

1. Regimentsstück.
2. Falkaune.
3. Quartierschlange.
4. Halbe Kartaune.
5. Ganze Kartaune.
6. Doppelte Kartaune.
7. Niederländisches Schiffsstück
8. Metallenes Schiffsstück.
9. Kammerstück.

10. Halbe Kanone.
11. Ganze Kanone.
12. Halbe leichte Kanone.

13. Notschlange.
14. Doppelte Schlange.

Pfund.

24
48 „
96
8. 10. 12 Pfund.
. 6. 12. 24 „
3. 6. 8. Pfund
von 1663 ab:
3. 6. 12 Pfund.
24
50
24

16. 20
10. 12

26
25
24

DH
17
23
22
20. 1666: 22.

20. 1655: 21.
21
18

33. 1663: 32.
36. 1663: 35.

0,83
Po
1.4
PS
P53
P52
1,8
P43
Hinterer Teil der Kammer 1,0
Vorderer „ „ „ 0,8
P45
P49
Hinterster Teil der Kammer 0,5
Mitte der Kammer 0,8
Vorderster Teil der Kammer 0,75
Verstärkter Teil des Rohres 0,64
1,48
P51

Interessant ist auch die Auskunft, die uns
Trachenfels’ Abbildungen betreffs der Stärke
des Rohrmetalls, die natürlich mit der Pulver-
ladung wachsen muss, vor Augen führen — Spalte 4
der Tabelle. Bekanntlich konnte man zu damaliger
Zeit, da die künstliche Metallkonstruktion noch nicht
bekannt war, die Widerstandsfähigkeit der Rohr-
wände gegen den Druck der Pulvergase nur durch
Verstärkung des Rohrmetalls steigern. Nur kann
man dieses Mittel nicht in beliebiger Steigerung
anwenden: erhöht man Pulverladung und Metall-
stärke mehr und mehr, so tritt einmal der Fall ein,
dass die inneren Schichten des Rohrmetalls über-
mässig angestrengt werden, während die äusseren,
infolge der Plötzlichkeit der Pulverwirkung, gar
nicht mehr zum Widerstand herangezogen werden.
Ehe sich der Druck nach aussen fortgepflanzt hat,
ist bereits eine Deformierung der inneren Schichten
eingetreten, die zur Aufbauchung oder Sprengung
des Rohres führt. Die Erfahrung hat nun gelehrt,
dass, wenn die Metallstärke am Pulverraum 1,5
Kaliber überschreitet, diese Überschreitung
ü b e r h a u p t keinen Nutzen mehr b r i n g t.
Spalte 4 unserer Tabelle zeigt, dass dieser Satz
damals noch nicht genügend gewürdigt wurde, viel- j
leicht sogar noch nicht allgemein bekannt war.

Die ganze und die doppelte Kartaune, sowie die
doppelte Schlange überschreiten in der Metallstärke
am Pulverraum die Grenze von 1,5 Kalibern schon
merklich, das niederländische Schiffsstück sogar
ganz erheblich. Dass es gerade diese Geschütze
sind, welche' jene Grenze überschreiten, ist wohl
ein Anzeichen dafür, dass jener Erfahrungssatz
noch nicht bekannt war. Es sind Geschütze mit
starker Pulverladung, nämlich die beiden schwer-
sten Geschütze der kaiserlichen Teilung und das
längste von allen Rohren überhaupt; und dann
ist es das einzige niederländische Stück aus Eisen:
hier hat das weniger widerstandsfähige Material,
dort die starke Ladung den FlerstelJer zur über-
mässigen Verstärkung des Metalls veranlasst.
Betreffs der äusseren Ausstattung der
Rohre hat man sich damals noch gar nicht frei-
zumachen gewusst von Ausschmückungen, die, viel-
fach für den praktischen Gebrauch völlig nutzlos,
das Gewicht wesentlich erhöhen mussten. Ein Bei-
spiel hierfür ist die „halbe leichte Kanone“ —
Fig. 1 —. Mit Stolz erwähnt Trachenfels, dass sie
mit wenigen Rossen fortzubringen sei, und trotz-
dem eine grosse Wirkung habe. Wir fragen uns
beim Anblick dieses Rohres: wozu die Verstär-
kung dicht hinter den Delphinen, wozu der mäch-
 
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