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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 5
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Haeseler, Rudolf: Die historische Entwicklung der im Seekriege gebräuchlichen Waffen bis 1870, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0156

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140

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.

Hafenbefestigungen festzuhalten. Seeminen sind
Hohlkörper mit Sprengstoff gefüllt. Sie liegen ent-
weder in flachem Wasser auf dem Meeresboden
oder schweben verankert ünter der Wasserober-
fläche, werden entweder auf elektrischem Wege
vom Land aus zur Explosion gebracht, wenn sie
unter einem feindlichen Schiffe sind, oder deto-
nieren automatisch bei Berührung mit einem Schiffs-
boden. Zur Sperrung eines Fahrwassers werden
mehrere Reihen Minen so nebeneinander gelegt,
dass ein Schiff nicht durchfahren kann, ohne eine
derselben zu berühren. Für die eigenen Schiffe wird
eine, meistens in wirksamstem Feuer der Hafenbefesti-
gungen liegende enge Durchfahrtsöffnung gelassen.
Seeminen wurden zuerst von den Russen im
Krimkriege benutzt. Sie waren klein und hatten
eine schwache Ladung. Der kleine französische
Dampfer „Merlin“ von 6 Kanonen kam einer Sperre
zu nahe und wurde durch die Explosion dreier
Minen so stark erschüttert, dass Gläser und Essge-
schirr zerbrachen, aber nicht ernstlich beschädigt.
Der englische Kontre-Admiral Seymour liess sich
eine aufgefundene Mine an Deck bringen, um die
ihm neue Waffe kennen zu lernen. Die Mine deto-
nierte unter seinen Händen und verwundete meh-
rere Umstehende. Verluste an Schiffen oder Men-
schenleben sind den Verbündeten durch die feind-
lichen Minen nicht verursacht worden. Im ameri-
kanischen Sezessionskriege wurden weitere Erfah-
rungen mit der Seemine gemacht. Im ganzen wur-
den 30 Fahrzeuge meistens im Flusskriege mit
diesen zum Sinken gebracht. Sehr gross ist die
moralische Wirkung der Seemine; häufig hat sie
feindliche Angriffe von Seebefestigungen fern ge-
halten. Der einzige Admiral, welcher jemals be-
wusst eine Minesperre mit dem klassischen Aus-
druck „Damm the torpedoes“ überfuhr, der Ad-
miral Farragut, erreichte seinen Zweck mit dem
alleinigen Verlust eines Panzerfahrzeugs, des Mo-
nitors „Tecumseh“.
fn diesem Falle sollen die Seeminen durch den
langen Aufenthalt unter Wasser minderwertig ge-
worden sein, was auch von den im spanisch-ameri-
kanischen Kriege verwendeten gesagt wird.
Auch das unterseeische Boot kann, da
schon ein Schiff durch dasselbe zum Sinken ge-
bracht worden ist, als Marinewaffe gelten. Seine
Geschichte ist kurz. 1812 versuchte ein unterseei-
sches Boot das englische Kriegsschiff „Ramillies“
anzubohren. Wegen Mangels an Luft musste die

Bootsbesatzung die beinah vollendete Arbeit auf-
geben. 1864 bemerkte das verankerte Vereinigte
Staatenschiff „Wabash“ ein untergetauchtes Fahr-
zeug in seiner Nähe. Das Kriegsschiff ging unter
Dampf, eröffnete sein Feuer und der unbekannt ge-
bliebene Angreifer wurde nicht wiedergesehen. In
demselben Jahre wurde das Panzerschiff „New Iron
sides“ durch ein unterseeisches Boot mit einem
Spierentorpedo angegriffen. Der Sprengkörper ex-
plodierte, erschütterte das Schiff , brach einem Mann
der Besatzung ein Bein, aber that keinen weiteren
Schaden. Ein Mann des angreifenden Fahrzeugs
rettete sich auf das feindliche Schiff. Das Schiff
„Housatonic“ allein wurde durch unterseeischen
Bootsangriff zum Sinken gebracht. Der Angreifer
sank mit der ganzen Besatzung daneben.
Spierentorpedos waren Sprengkörper,
welche an langen Stangen befestigt, durch Boote an
das feindliche Schiff herangefahren und zur Explo-
sion gebracht wurden. Am 26. Oktober 1864
brachte der amerikanische Leutnant Cushing das
Panzerschiff „Albemarie“ durch einen Spierentor-
pedo zum Sinken.
Im Kriege 1870/71 kamen wenige der bis jetzt
beschriebenen Seekriegsmittel in Gebrauch. Die
kleine norddeutsche Flotte musste sich gegen die
grosse Übermacht auf die Defensive beschränken
und wurde nicht ernstlich angegriffen. Nur dem
Kanonenboot „Meteor“ wurde es vergönnt, sich
im offenen Kampfe vor Havanna mit einem eben-
bürtigen Gegner den Aviso „Bouvet“ zu messen.
Die Fahrzeuge stiessen aneinander. Zum letzten-
mal erscholl damals, einem geachteten Feind gegen-
über das Kommando: „Klar zum Entern!“
Die tropische Sonne beleuchtete noch einmal
blank gezogene Entermesser und geschwungene
Enterbeile. Doch an der Seite der althistorischen
Waffen bemerkte man nun auch solche, welche
entschieden den Charakter der neuen Zeit zeigten:
die Kohlenstaub bedeckten Gestalten einiger der
Maschine entstiegenen Heizer schwangen kampf-
begierig Feuereisen und Kohlenhammer. Von Chas-
sepotkugeln getroffen stürzten drei Mann an Deck und
die Granate einer gezogenen Kanone veranlasste
den kampfunfähig gewordenen Feind, den Schutz
neutralen Wassers zu suchen.
Kurz nach beendetem Kriege wurden die Enter-
waffen eingezogen und als Ersatz für alle erhielt die
Marine das Infanteriegewehr M. 71 nebst Seiten-
I gewehr.
 
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